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Team Rainer Winkelmann
Thema GRUNDBESTIMMUNGEN DER THEORIE DER SOZIALEN ARBEIT - aus: Erster Teil: Kommentar: Materialistische Geschichtsauffassung versus technokratisches Menschenbild - aus: KARL MARX: Exzerpte über Arbeitsteilung, Maschinerie und Industrie ( orginal )
Status 1983 - Ullstein
Letzte Bearbeitung 06/2004
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1. Erster Teil: Kommentar: Materialistische Geschichtsauffassung versus technokratisches Menschenbild - 1. Kapitel: Zur Aufgabenstellung und Problematik einer historisch-kritischen Edition. Theoretische Grundbestimmungen
1.1. Grundbestimmungen der Theorie der sozialen Arbeit

1. Erster Teil: Kommentar: Materialistische Geschichtsauffassung versus technokratisches Menschenbild - 1. Kapitel: Zur Aufgabenstellung und Problematik einer historisch-kritischen Edition. Theoretische Grundbestimmungen

1.1. Grundbestimmungen der Theorie der sozialen Arbeit


Anmerkungen
*1
Marx beschreibt dies selbst in folgender Weise: "Die erste Arbeit, unternommen zur Losung der Zweifel, die mich bestürmten, war eine kritische Revision der Hegelschen Rechtsphilosophie, . . . Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, daß Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind, noch aus der sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln, deren Gesamtheit Hegel, nach dem Vorbild der Engländer und Franzosen des 18. Jahrhunderts, unter dem Namen ´bürgerliche Gesellschaft´ zusammenfaßt, daß aber die Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft in der politischen Ökonomie zu suchen sei." Vorwort "Zur Kritik . . ."‚ a.a.O. S 8. Marx formulierte 1845 in der ersten Feuerbach-These: "Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus . . ist, daß der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit nur unter der Form des Objekts oder der Anschauung gefaßt wird; nicht aber als sinnlichmenschliche Tätigkeit, Praxis; ..." (MEW 3, S 5, Hervorhebung i.O.) Ist bei dieser Formulierung aus dem Frühjahr 1845 bei Praxis sehr stark an gesellschaftlich-politische revolutionäre Praxis gedacht, so bezieht er in der "Deutschen Ideologie" ausdrücklich die gesellschaftliche Produktion in diesen Begriff der Praxis ein, stellt ihn genauer sogar als dessen Grundlage dar: "Wir müssen... damit anfangen, daß wir die erste Voraussetzung aller menschlichen Existenz, also auch aller Geschichte konstatieren, nämlich die Voraussetzung, daß die Menschen imstande sein müssen zu leben, um ´Geschichte machen´ zu können. Zum Leben aber gehört vor allem Essen und Trinken, Wohnung, Kleidung und noch einiges mehr. Die erste geschichtliche Tat ist also die Erzeugung der Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse, die Produktion des materiellen Lebens selbst . ." (MEW 3, S 28).

*2
"Kapital" 1, a.a.O. S 198 - 5. Kapitel: Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß. Vergl. auch "Deutsche Ideologie", a.a.O. S 29: "Die Produktion des Lebens, sowohl des eignen in der Arbeit wie des fremden in der Zeugung, erscheint nun schon sogleich als ein doppeltes Verhältnis - einerseits als natürliches, andrerseits als gesellschaftliches Verhältnis-, gesellschaftlich in dem Sinne, als hierunter das Zusammenwirken mehrer Individuen, gleichviel unter welchen Bedingungen, auf welche Weise und zu welchem Zweck, verstanden wird. Hieraus geht hervor, daß eine bestimmte Produktionsweise oder industrielle Stufe stets mit einer bestimmten Weise des Zusammenwirkens oder gesellschaftlichen Stufe vereinigt ist, und diese Weise des Zusammenwirkens ist selbst eine ´Produktivkraft´, daß die Menge der den Menschen zugänglichen Produktivkräfte den gesellschaftlichen Zustand bedingt und also die ´Geschichte der Menschheit´ stets im Zusammenhange mit der Geschichte der Industrie und des Austausches studiert und bearbeitet werden muß."

*3
"Kapital" 1, a.a.O. S 58 (1. Kapitel: Die Ware, 2. Doppelcharakter der in den Waren dargestellten Arbeit). "Die seiner (des Menschen; d. Verf.) Leiblichkeit angehörigen Naturkräfte, Arme und Beine, Kopf und Hand, setzt er in Bewegung, um sich den Naturstoff in einer für sein eignes Leben brauchbaren Form anzueignen. Indem er durch diese Bewegung durch die Natur außer ihm wirkt und sie verändert, verändert er zugleich seine eigene Natur." "Kapital", a.a.O. S 192. Dies bedeutet klar, daß von vornherein im Arbeitsprozeß sowohl abstrakte als auch konkrete, geistige und physische Potenzen aktiviert werden.

*4
Ibid. S 193 (5. Kapitel: Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß).

*5
Ibid.

*6
Ibid. S 192.

*7
Ibid. S 194. Der Ausdruck "Komplex von Dingen" deutet schon auf komplexe Arbeitsinstrumente hin, z. B. Maschinen, Maschinensysteme, Fabriken etc., die hier also ausdrücklich einbegriffen sind! Der "Mensch" oder der "Arbeiter" sind hier noch durchaus allgemein gefaßt, ohne gesellschaftliche Differenzierung - nicht jedoch als Individuen! Vergl. FN 23: dies ist selbstverständlich eine Abstraktion, die sofort aufgelöst werden muß!

*8
Ibid. S 194 f.

*9
Ibid. S 195, FN 5a - zur 2. Ausgabe.

*10
Ibid. S 210 f., FN 7.

*11
Ibid. S 198.

*12
Krader: Treatise .. .‚ a.a.O. S 161 f. Vergl. auch zum Begriff der Potentialität S 74, 75 sowie 301 ff.

*13
Der heutige Begriff von Technologie, der in sich unterschiedlich ist, bezieht sich überwiegend auf die Kenntnis des "Wie",die in der Maschine realisiert ist. In diesem Sinne wird dann eine neue Maschine als "neue Technologie" bezeichnet. Der Ausdruck insgesamt ist insofern irreführend, als von einem Logos der Technik selbstverständlich keine Rede sein kann, nicht nur, weil darin lediglich eine "instrumentelle Vernunft" enthalten ist (also eine Reduktion des Vernunftbegriffes, wenn nicht geradezu seine Negation), sondern vor allem angesichts der Heterogenität der "Technologie" sowie ihres Gegenstandsbereichs.

*14
"Kapital" 1, a.a.O. S 344 (11. Kapitel: Kooperation).

*15
Ibid. S 346. Vergl. auch ibid. S 347: "Es ist der Mangel dieser Kooperation, wodurch im Westen der Vereinigten Staaten eine Masse Korn und in den Teilen Ostindiens, wo englische Herrschaft das alte Gemeinwesen zerstört hat, eine Masse Baumwolle jährlich verwüstet wird." Die Zerstörung des alten Gemeinwesens ist also die Vernichtung bzw. Störung der produzierenden Einheit oder der sozialen Organisation der Arbeit, ohne daß eine genügende neue Organisation an deren Stelle tritt.

*16
Ibid. S 351. Durkheim hat angesichts dieser inneren Unterschiede innerhalb der sozialen Kombination von Arbeit die Differenzierung zwischen mechanischer und organischer Solidarität der Arbeit vorgeschlagen (Emile Durkheim: De la division du travail sociale, Paris 1893), während Kinder hier analytischer ist und die Begriffe "coordinate labor" und "cooperative labor" vorschlägt ("Treatise ... "‚ a.a.0. S 109).

*17
"Kapital", a.a.O. S 346. Es ist allerdings irrtümlich, wenn Marx von einer "auf Teilung der Arbeit beruhende(n) Kooperation" spricht (ibid. S 356). Umgekehrt muß diese Reihenfolge erfaßt werden, da die Teilung der Arbeit selbstverständlich ihre Vereinigung bzw. ihren kooperativen Charakter voraussetzt. Diese richtige Reihenfolge ist in der Reihenfolge des 11. Kapitels: "Kooperation" zum 12. Kapitel: "Teilung der Arbeit und Manufaktur" ausgedrückt sowie im Text oft recht klar ausgesprochen, so z. B. "Die Kooperation bleibt die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise, obgleich ihre einfache Gestalt selbst als besondere Form neben ihren weitcrentwickclten Formen erscheint" (ibid. S 355).

*18
Ibid. S 386.

*19
Krader: Treatise . . .‚ a.a.0. S 109 f.

*20
Es existieren durchaus unterschiedliche technokratische Gesellschaftstheorien, so z. B. als eher politologische Theorie über die zentrale Rolle einer bestimmten sozialen Gruppe von Technokraten, technischer Intelligenz o. ä., die Verkürzung einer Vorstellung von gesellschaftlichem Fortschritt auf den technischen oder naturwissenschaftlichen Fortschritt, Konzepte über "Sozialtechnologie" etc. Es findet sich jedoch bereits bei H. Scott 1920 eine Verknüpfung und wechselseitige Begründung dieser verschiedenen Auffassungen in der Lehre, daß "die antagonistischen Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise für die Werktätigen ohne sozialistische Revolution allein durch den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt und die darauf begründete Vormachtstellung und Herrschaft der technischen Intelligenz beseitigt und somit allen Menschen in den kapitalistischen Ländern in gleicher Weise Glück und Wohlstand gesichert werden könnten" (Philosophisches Wörterbuch, Hrsg. v. Georg Klaus und Manfred Buhr, Leipzig 1964). Hier bestehen überraschende Parallelen zur Auffassung vor allem von Andrew Ure, aber in vielem auch zu Charles Babbage. Aber auch in vielen Theorien zur zeitgenössischen "alternativen Technologie" sind starke Elemente einer - negativen - technokratischen Gesellschaftsauffassung zu finden, abgesehen von einer verbreiteten, aber falschen Ausdehnung des Technik-Begriffes auf große soziale Institutionen bzw. Großbürokratien. (Hier bildet das zweckrationale Denken das tertium comparationis.) Die hier diskutierten Züge der technokratischen Gesellschaftsauffassung, die mit einer technologischen Geschichtsauffassung eng verknüpft sind, bilden jedoch allgemeine Grundbestimmungen für diese verschiedenen Theorien, die alle letztlich als verschiedene Formen eines "abstrakt naturwissenschaftlichen Materialismus, der den geschichtlichen Prozeß ausschließt" ("Kapital" 1, a.a.O. S 393, FN 89), zu fassen sind. Vergl. hierzu auch Krader: Dialectic . . .‚ a.a.O. S 246 ff. sowie Müller, a.a.O. Kap. 5. Eine exemplarische Analyse einer bestimmten technologischen Geschichtsauffassung, nämlich der Theorie der hydraulischen Gesellschaft, gibt Krader: Treatise . . .‚ a.a.O. S 315. 42 "Kapital" 1, a.a.O. S 529, FN 325.

*21
Es ist interessant, daß Marx gerade in dem genannten Werk von Liebig einen ökonomisch-theoretischen Einfluß von Malthusscher Theorie feststellen kann. Marx schreibt nach einer kurzen positiven Beurteilung von Liebigs Werk: "Zu bedauernd bleibt, daß er aufs Gratewohl Äußerungen wagt wie folgende: ´Durch eine weiter getriebene Pulverisierung und häufigeres Pflügen. .´"
Liebig wiederholt hier das von Malthus popularisierte "Gesetz" vom abnehmenden Bodenertrag, aber nicht als ökonomisches Gesetz, sondern als quasi Naturgesetz. Zugleich verwendet er hierbei, wie Marx sogleich anmerkt, einen naturwissenschaftlichen, nicht gesellschaftlichen Arbeitsbegriff. Das Groteske hierbei besteht darin, daß gerade Liebig, der mittels semer agrochemischen Erkenntnisse mithilft, die Produktivität der Landwirtschaft zu revolutionieren und natürliche Schranken der Bodenfruchtbarkeit gesellschaftlich verschiebbar zu machen, den reaktionären und falschen Thesen von Malthus anhängt.

*22
Ibid. S 529.

*23
Ibid. S 344.


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last update : Sun Jul 11 19:03:32 CEST 2004 Rainer Winkelmann
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