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Team Valentin N. Volosinov
Thema Wege der marxistischen Sprachphilosophie - 3.Teil aus: MARXISMUS UND SPRACHPHILOSOPHIE ( Orginal )
Status 1929 - 3.Teil
Letzte Bearbeitung 01/2005
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1. Zur Geschichte der Formen der Äußerung in den Konstruktionen der Sprache. (Versuch einer Anwendung der soziologischen Methode auf Probleme der Syntax)
1.1. Theorie der Äußerung und Probleme der Syntax
1.2. Die Exposition des Problems der »fremden Rede«
1.3. Die indirekte Rede, die direkte Rede und ihre Modifikationen
1.4. Die uneigentlich direkte Rede in der französischen, deutschen und russischen Sprache

1. Zur Geschichte der Formen der Äußerung in den Konstruktionen der Sprache. (Versuch einer Anwendung der soziologischen Methode auf Probleme der Syntax)

Der letzte Teil der Arbeit ist die konkrete Untersuchung einer Frage aus der Syntax. Die Grundidee unserer ganzen Arbeit, die produktive und gesellschaftliche Natur der Äußerung, bedarf der Konkretisierung: es ist unumgänglich, ihre Bedeutung nicht nur im Bereich der allgemeinen Weltanschauung und der prinzipiellen Fragen der Sprachphilosophie zu zeigen, sondern auch an speziellen Einzelfragen der Sprachwissenschaft. Denn ist eine Idee wahr und produktiv, muß sich diese Produktivität ganz und gar erweisen. Doch auch das Thema des dritten Teils - das Problem der Äußerung - hat für sich genommen, große Bedeutung, die weit über die Grenzen der Syntax hinausgeht. Denn eine ganze Reihe äußerst wichtiger literarischer Erscheinungen - die Rede des Helden (überhaupt die Konstruktion des Helden), der Skaz, die Stilisierung, die Parodie - sind lediglich unterschiedliche Brechungen der »fremden Rede«. Das Verstehen der fremden Rede und der sie leitenden Gesetzmäßigkeiten ist eine notwendige Bedingung für die produktive Ausarbeitung aller von uns aufgezählten literarischen Erscheinungen*52.1 .
Außerdem ist die im dritten Teil aufgeworfene Frage selbst in der russischen linguistischen Literatur überhaupt noch nicht bearbeitet. So wurde das Phänomen der uneigentlich direkten Rede (die schon bei Puskin vorkommt) noch von niemandem erwähnt oder beschrieben. Die vielfältigen Modifikationen der direkten und indirekten Rede sind überhaupt noch nicht erforscht.
Unsere Arbeit bewegt sich also in der Richtung vom Allgemeinen und Abstrakten zum Besonderen und Konkreten: von allgemeinphilosophischen Fragen gehen wir zu allgemeinlinguistischen über, und von da aus schon zu einer speziellen Frage, die an der Grenze von Grammatik (Syntax) und Stilistik liegt.

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1.1. Theorie der Äußerung und Probleme der Syntax

Auf der Basis der traditionellen Grundlagen und Methoden der Sprachwissenschaft und besonders auf der Basis des abstrakten Objektivismus, in dem diese Methoden und Prinzipien ihren deutlichsten und konsequentesten Ausdruck fanden, gibt es keinen produktiven Zugang zu den Problemen der Syntax. Alle Grundkategorien des zeitgenössischen linguistischen Denkens, die vorzugsweise auf dem Boden der indoeuropäischen vergleichenden Sprachwissenschaft entwickelt wurden, sind durch und durch phonetisch und morphologisch. Dieses mit der vergleichenden Phonetik und Morphologie großgezogene Denken ist nur imstande, alle anderen Erscheinungen der Sprache durch die Brille der phonetischen und morphologischen Formen zu betrachten. Durch diese Brille versucht es auch, auf die Probleme der Syntax zu blicken, was zu ihrer Morphologisierung führt*173.1 . Deswegen ist es um die Syntax äußerst schlecht bestellt, was auch von den meisten Vertretern der Indoeuropäistik offen zugegeben wird.
Dies ist völlig verständlich, wenn wir uns die wesentlichen Besonderheiten der Wahrnehmung der toten und fremden Sprache ins Gedächtnis rufen, einer Wahrnehmung, die sich von zwei Hauptzielen leiten läßt, der Dechiffrierung dieser Sprache und ihrer Vermittlung an andere*173.2 .

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Indessen sind die Probleme der Syntax für das richtige Verstehen der Sprache und ihres Werdens von ungeheurer Bedeutung. Denn von allen Formen der Sprache nähern sich die syntaktischen Formen am meisten den konkreten Formen der Äußerung, den Formen der konkreten Redeakte. Alte syntaktischen Gliederungen der Rede sind Gliederungen des lebendigen Leibes der Äußerung und lassen sich deswegen nur mit größter Mühe dem abstrakten System der Sprache zurechnen. Die syntaktischen Formen sind konkreter als die morphologischen und phonetischen und enger mit den realen Bedingungen des Sprechens verbunden. Deswegen steht in unserem, auf die lebendigen Erscheinungen der Sprache bezogenen Denken, den syntaktischen Formen das Primat über die morphologischen und phonetischen Formen zu. Doch aus dem Gesagten geht ebenso klar hervor, daß ein produktives Verstehen syntaktischer Formen nur auf dem Boden einer entwickelten Theorie der Äußerung möglich ist. Solange die Äußerung als Ganzes für den Linguisten terra incognita bleibt, kann von einem wirklichen, konkreten, und nicht scholastischen Verstehen der syntaktischen Form auch nicht die Rede sein.
Wir haben schon gesagt, daß es um das Ganze der Äußerung in der Linguistik ziemlich schlecht bestellt ist. Man kann direkt sagen, daß dem linguistischen Denken das Gefühl für das Redeganze hoffnungslos abhanden gekommen ist. Am sichersten fühlt sich der Linguist in der Mitte des Satzes. Je weiter er sich den Grenzen, der ganzen Äußerung zubewegt, um so schwankender wird seine Position. Er hat zum Ganzen überhaupt keinen Zugang; keine der linguistischen Kategorien ist zur Bestimmung des Ganzen zu gebrauchen.
Denn alle linguistischen Theorien als solche sind nur im inneren Territorium der Äußerung anwendbar. So haben alle morphologischen Kategorien nur innerhalb der Äußerung Bedeutung; als Bestimmung für das Ganze verweigern sie den Dienst. Das gleiche gilt für die syntaktischen Kategorien, z. B. die Kategorie des »Satzes«; sie definiert nur den Satz als Element innerhalb der Äußerung, doch keinesfalls als Ganzes.

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Um sich von dieser prinzipiellen »Einfachheit« aller linguistischer Kategorien zu überzeugen, genügt es, eine abgeschlossene (natürlich eine relativ abgeschlossene, denn jede Äußerung ist der Teil eines Redeprozesses) zu nehmen, die aus einem Wort besteht. Wenn wir dieses Wort durch alle linguistischen Kategorien zerren, wird uns sofort klar, daß alle diese Kategorien das Wort nur als mögliches Element der Rede bestimmen und nicht die ganze Äußerung umfassen! Jenes Plus, welches das gegebene Wort in eine ganze Äußerung vewandelt, wird von ausnahmslos allen linguistischen Kategorien und Definitionen über Bord geworfen. Ergänzen wir das gegebene Wort zu einem vollständigen Satz mit allen Gliedern (nach dem Rezept »damit ist gemeint«), so erhalten wir einen einfachen Satz, aber keinesfalls eine Äußerung. Mit welchen linguistischen Kategorien wir diesen Satz auch immer untermauern, wir werden niemals das finden, was ihn in eine ganze Äußerung verwandelt. Auf diese Weise können wir, wenn wir in den Grenzen der in der zeitgenössischen Linguistik vorhandenen grammatischen Kategorien verweilen, niemals das unfaßbare Redeganze einfangen. Die linguistischen Kategorien ziehen uns hartnäckig von der Äußerung und ihrer konkreten Struktur ins abstrakte System der Sprache.
Doch nicht nur die Äußerung als Ganzes, sondern auch die einigermaßen abgeschlossenen Teile einer monologischen Äußerung haben keine linguistische Definition. So z. B. die Absätze, bei denen einer vom anderen durch eine leere Zeile getrennt ist. Der syntaktische Bestand dieser Absätze ist sehr vielfältig: sie können von einem Wort bis zu einer großen Zahl komplizierter Sätze alles enthalten. Sagt man, daß der Absatz einen abgeschlossenen Gedanken enthalten muß, dann ist es, als hätte man gar nichts gesagt. Denn was gefordert wird, ist eine Definition vom Standpunkt der Sprache selbst, - die Abgeschlossenheit eines Gedankens ist in keiner Weise eine sprachliche Kategorie. Wenn man, wie wir meinen, die linguistischen Definitionen nicht völlig von den ideologischen trennen darf, so heißt das nicht, daß man die einen durch die anderen ersetzen kann.
Würden wir uns tiefer in das sprachliche Wesen der Absätze vertiefen, könnten wir uns überzeugen, daß sie in einigen wesentlichen Zügen den Repliken eines Dialogs gleichen. Der Absatz ist gleichsam ein abgeschwächter und ins Innere einer monologi-

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schen Äußerung eingegangener Dialog. Die Orientierung auf den Hörer oder Leser und die Berücksichtigung seiner möglichen Reaktionen liegen dem Zerfall der Rede in Teile zugrunde, die in der schriftlichen Form als Absätze bezeichnet werden. Je schwächer die Orientierung auf den Hörer und die Berücksichtigung seiner möglichen Reaktionen, um so ungegliederter in Absätze wird unsere Rede sein. Die klassischen Typen der Absätze sind: die Frage-Antwort (wenn die Frage vom Autor gestellt und auch von ihm beantwortet wird); Ergänzungen; Vorwegnahmen möglicher Einwände; die Offenlegung von widersprüchlich und ungereimt erscheinenden Stellen in der eigenen Rede usw.*176.1 Sehr verbreitet ist der Fall, daß man seine eigene Rede oder einen Teil davon (z. B. den vorhergegangenen Absatz) zum Gegenstand der Beurteilung macht. Hier findet eine Übertragung der Aufmerksamkeit des Sprechenden vom Gegenstand der Rede auf die Rede selbst statt (die Reflexion über die eigene Rede). Auch dieser Richtungswechsel der Redeintention ist durch die Interessen des Hörers bedingt. Würde die Rede den Zuhörer völlig ignorieren (was natürlich unmöglich ist), würde ihre organische Aufgliederung auf ein Minimum zurückgehen. Wir lassen hier natürlich die speziellen Gliederungen, die durch besondere Aufgaben und Ziele spezifischer ideologischer Gebiete (wie z. B. die strophischen Gliederungen der dichterischen Sprache oder rein logische Gliederungen vom Typ: Voraussetzungen - Schlußfolgerung oder Thesis-Antithesis usw.) bedingt sind, weg.
Nur das Studium der sprachlichen Kommunikationsformen und der entsprechenden Formen ganzer Äußerungen können Licht ins System der Absätze und aller analogen Probleme bringen. Solange die Linguistik sich auf die isolierte monologische Äußerung orientiert, ist sie jeden organischen Zugangs zu diesen Fragen beraubt. Nur auf dem Boden der sprachlichen Kommunikation ist die Ausarbeitung auch der elementareren Probleme der Syntax möglich. In dieser Richtung müßte eine genaue Überprüfung aller wichtigen

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linguistischen Kategorien vorgenommen werden. Das in der Syntax in der letzten Zeit erwachte Interesse an Intonationen und die damit verbundenen Versuche einer Erneuerung der Definition syntaktischer Ganzheiten durch eine feinere und differenziertere Berücksichtigung der Intonationen scheint uns wenig produktiv. Diese Versuche können nur im Zusammenhang mit einem richtigen Verstehen der Grundlagen der sprachlichen Kommunikation produktiv werden.
Einem der Spezialprobleme der Syntax sind die folgenden Kapitel unserer Arbeit gewidmet.
Manchmal ist es äußerst wichtig, irgendeine bekannte und offensichtlich gut erforschte Erscheinung durch eine erneute Problematisierung neu zu beleuchten, um an ihr mit Hilfe von zielgerichteten Fragen neue Seiten aufzudecken. Dies ist besonders auf jenen Gebieten wichtig, die die Forschung durch eine Masse von übergenauen und detaillierten, jedoch jeder Richtung entbehrenden Beschreibungen und Klassifikationen belastet hat. Bei einer solchen erneuten Problematisierung kann sich herausstellen, daß irgendeine für ein nebensächliches Teilproblem gehaltene Erscheinung für die Wissenschaft von prinzipieller Bedeutung ist. Durch eine richtige Problemstellung kann man die in einer solchen Erscheinung enthaltenen methodischen Möglichkeiten offenlegen.
Als ein solches in höchstem Maße produktives »Knotenphänomen« stellen sich uns die sogenannte fremde Rede, d. h. jene syntaktischen Muster (»direkte Rede«, »indirekte Rede«, »uneigentlich direkte Rede«), die Modifikationen dieser Muster und die Variationen dieser Modifikationen dar, wie wir sie in der Sprache für die Wiedergabe fremder Äußerungen und deren Einbeziehung eben als fremde Äußerungen in einen zusammenhängenden monologischen Kontext vorfinden. Das außerordentliche methodologische Interesse, das diesem Phänomen innewohnt, blieb bis heute völlig unterbewertet. Man hat es nicht verstanden, in dieser auf den ersten Blick zweitrangigen Frage der Syntax Probleme von ungeheurer allgemein-linguistischer und prinzipieller Wichtigkeit zu erkennen*177.1 . Gerade dem soziologisch ausgerichteten wissenschaftli-

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chen Interesse an der Sprache aber eröffnet sich die ganze methodologische Bedeutsamkeit, die ganze Mustergültigkeit dieses Phänomens.
Das Phänomen der Wiedergabe fremder Rede in soziologischer Richtung zu problematisieren, das soll die Aufgabe unserer weiteren Arbeit sein. Am Material dieses Problems werden wir versuchen, die Wege der soziologischen Methode in der Sprachwissenschaft anzudeuten. Wir erheben nicht den Anspruch, große, positive Schlußfolgerungen von speziell historischem Charakter zu ziehen: das von uns herangezogene Material selbst genügt, um das Problem darzulegen und die Notwendigkeit seiner Lösung in soziologischer Zielrichtung zu zeigen, aber es genügt bei weitem nicht, um historische Verallgemeinerungen auf breiter Ebene daraus abzuleiten. Dies kann nur in einer vorläufigen und hypothetischen Form geschehen.

1.2. Die Exposition des Problems der »fremden Rede«

Die »fremde Rede«, das ist die Rede in der Rede, die Äußerung in der Äußerung, doch gleichzeitig ist es auch die Rede von der Rede, die Äußerung über die Äußerung.
All das, von dem wir sprechen, ist nur der Inhalt der Rede, das Thema unserer Worte. Ein solches Thema - und nichts anderes - kann z. B. »die Natur«, »der Mensch« oder »der Nebensatz« (eins der syntaktischen Themen) sein; doch die fremde Äußerung ist nicht nur ein Thema des Sprechens: sie kann, sozusagen in eigener Person, in die Rede und ihre syntaktische Konstruktion als ihr besonderes konstruktives Element eingehen. Dabei bewahrt die fremde Rede ihre konstruktive und ihre Sinnselbständigkeit, ohne das Sprachgewebe des Kontextes, der sie aufgenommen hat, zu zerstören.
Außerdem kann die fremde Äußerung, wenn sie nur Thema des Sprechens bleibt, nur oberflächlich charakterisiert werden. Um in

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ihre inhaltliche Fülle einzudringen, ist es notwendig, sie in die Konstruktion der Rede mit einzubeziehen. Bleibt man in den Grenzen der thematischen Darstellung der fremden Rede, kann man auf die Fragen »wie« und »worüber« hat N. N. gesprochen, antworten; doch »was« er gesagt hat kann nur durch die Wiedergabe seiner Worte offengelegt werden, und sei es in der indirekten Rede.
Doch als konstruktives Element der Autorenrede, in die sie selbst eingeht, ist die fremde Äußerung gleichzeitig auch das Thema der Autorenrede, in deren thematische Einheit sie eben als fremde Äußerung eingeht, während ihr eigenes Thema als Thema des Themas der fremden Rede fungiert.
Die fremde Rede wird vom Sprechenden als anfänglich völlig selbständige, konstruktiv vollendete und außerhalb des gegebenen Kontextes liegende Äußerung eines anderen Subjekts gedacht. Aus dieser selbständigen Existenz wird die fremde Rede also in den Kontext des Autors übertragen, wobei sie zugleich ihren gegenständlichen Inhalt und wenigstens noch Rudimente ihrer anfänglichen sprachlichen Ganzheit und konstruktiven Unabhängigkeit bewahrt. Die Äußerung des Autors, die eine andere Äußerung in ihren Bestand aufnimmt, entwickelt syntaktische, stilistische und kompositionelle Normen zu ihrer partiellen Assimilierung, zu ihrer Anpassung an die syntaktische, kompositionelle und stilistische Einheit der Autorenäußerung, wobei sie aber gleichzeitig, - wenn auch in rudimentärer Form - die anfängliche (syntaktische, kompositionelle und stilistische) Selbständigkeit einer fremden Äußerung beibehält, ohne die deren Fülle nicht faßbar ist.
In den neuen Sprachen wohnt einigen Modifikationen der indirekten Rede und besonders der uneigentlich direkten Rede die Tendenz inne, die fremde Äußerung aus der Sphäre der Redekonstruktion in den thematischen Plan, den Inhalt, zu übertragen. Allein auch hier kann sich diese Auflösung des fremden Wortes im Kontext des Autors nicht vollständig vollziehen, und sie tut es auch nicht: auch hier bewahrt sich, entgegen allen Sinnhinweisen, die konstruktive Elastizität der fremden Äußerung, auch hier spürt man den Körper der fremden Rede als eines sich selbstgenügenden Ganzen.
So drückt sich also in den Formen der Wiedergabe der fremden Rede die aktive Beziehung einer Äußerung zu einer anderen aus, sie drückt sich nicht im thematischen Plan aus, sondern in den beständigen, konstruktiven Formen der Sprache selbst.

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Wir haben hier die Erscheinung der Reaktion des Wortes auf das Wort vor uns, die sich jedoch scharf und wesentlich vom Dialog unterscheidet. Im Dialog sind die Repliken grammatisch getrennt und nicht in einen einheitlichen Kontext inkorporiert. Denn es gibt keine syntaktischen Formen, die die Einheit des Dialogs konstruieren. Wird der Dialog in dem ihn umgebenden Autorenkontext präsentiert, so haben wir einen Fall von direkter Rede vor uns, d. h. eine der Variationen des von uns angegangenen Problems.
Das Problem des Dialogs beginnt mehr und mehr, die Aufmerksamkeit der Linguisten auf sich zu lenken und rückt manchmal direkt ins Zentrum des linguistischen Interesses*180.1 . Dies ist völlig verständlich: denn die reale Einheit der Sprache als Rede ist, wie wir bereits wissen, nicht die isolierte, einzelne monologische Äußerung, sondern die Interaktion von wenigstens zwei Äußerungen, d. h. der Dialog. Doch eine produktive Erforschung des Dialogs setzt eine tiefergehende Untersuchung der Formen der Redewiedergabe voraus, denn in ihnen spiegeln sich die wesentlichen und konstanten Tendenzen der aktiven Wahrnehmung der fremden Rede wider; diese Wahrnehmung ist auch für den Dialog grundlegend.
Und wirklich, wie wird die fremde Rede wahrgenommen? Wie lebt die fremde Äußerung im konkreten innersprachlichen Bewußtsein des Wahrnehmenden, wie wird sie darin aktiv verarbeitet und wie orientiert sich die darauffolgende Rede des Wahrnehmenden selbst auf sie?
In den Formen der Wiedergabe fremder Rede haben wir genau das objektive Dokument einer solchen Wahrnehmung vor uns. Dieses Dokument spricht, wenn man es zu lesen versteht, nicht

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von den zufälligen und schwankenden subjektiv-psychologischen Prozessen »in der Seele« des Wahrnehmenden, sondern von den beständigen sozialen Tendenzen der aktiven Wahrnehmung der fremden Rede, wie sie sich in den Sprachformen niederschlägt. Der Mechanismus dieses Prozesses ist nicht in der Seele des Individuums zu suchen, sondern in der Gesellschaft, die nur jene Faktoren aus der aktiven wertenden Wahrnehmung der fremden Äußerung auswählt und grammatisiert d. h., der grammatischen Struktur der Sprache anpaßt, welche gesellschaftlich wesentlich und konstant und folglich im ökonomischen Sein des jeweiligen sprechenden Kollektivs begründet sind.
Natürlich bestehen zwischen der aktiven Wahrnehmung einer fremden Rede und ihrer Wiedergabe in einem zusammenhängenden Kontext wesentliche Unterschiede. Man sollte sie nicht ignorieren. Jede, besonders die auf etwas fixierte, Wiedergabe der fremden Rede verfolgt irgendein spezielles Ziel: eine Erzählung, ein Gerichtsprotokoll, eine wissenschaftliche Polemik usw. Weiterhin ist die Wiedergabe auf einen dritten gerichtet, auf den nämlich, für den die fremden Worte wiedergegeben werden. Diese Orientierung auf einen dritten ist besonders wichtig; sie verstärkt den Einfluß der organisierten sozialen Kräfte auf die Redewahrnehmung. In einer lebendigen dialogischen Kommunikation, in dem Augenblick selbst der Wiedergabe der wahrgenommenen Worte des Gesprächspartners, fehlen gewöhnlich die Wörter, auf die wir antworten. Die Worte des Gesprächspartners wiederholen wir nur in bestimmten Ausnahmefällen: um die Richtigkeit seines Verstehens zu bekräftigen, um ihn beim Wort zu nehmen usw. Alle diese spezifischen Faktoren der Wiedergabe müssen berücksichtigt werden. Doch am Kern der Sache ändert sich dadurch nichts.
Die Bedingungen der Wiedergabe und ihres Ziels tragen nur zur Aktualisierung dessen bei, was bereits in den Tendenzen der innersprachlichen aktiven Wahrnehmung angelegt war, während diese Tendenzen ihrerseits sich nur innerhalb der Grenzen der in der Sprache vorhandenen Formen der Redewiedergabe entwickeln können.
Wir sind natürlich weit entfernt von der Behauptung, daß die syntaktischen Formen der z. B. indirekten oder direkten Rede direkt und unmittelbar die Tendenzen und Formen der aktiven, bewertenden Wahrnehmung der fremden Äußerung ausdrücken. Na-

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türlich nehmen wir sie nicht direkt in den Formen der direkten oder indirekten Rede wahr. Sie sind lediglich beständige Wiedergabemuster. Doch einerseits konnten diese Muster und ihre Modifikationen nur in der Richtung der herrschenden Tendenzen der Wahrnehmung der fremden Rede entstehen und sich gestalten, während sie andererseits - soweit sie bereits entstanden und in der Sprache vorhanden sind - auf die Entwicklung der Tendenzen der bewertenden Wahrnehmung, welche sich in den durch diese Formen vorgezeichneten Bahnen bewegen, einen regulierenden, stimulierenden oder hemmenden Einfluß ausüben.
Die Sprache spiegelt nicht die subjektiv-psychologischen Schwankungen wider, sondern die sozialen Wechselbeziehungen der Sprechenden. In den verschiedenen Sprachen, den verschiedenen sozialen Gruppen, in den verschiedenen Zielkontexten herrscht mal die eine, mal die andere Form vor, mal die eine, mal die andere Modifikation dieser Form. Dies alles zeugt von der Schwäche oder Stärke jener Tendenzen der gegenseitigen sozialen Orientierung der Sprechenden, als deren beständige, uralte Ablagerung diese Form erscheint. Wenn unter bestimmten Bedingungen irgendeine Form stiefmütterlich behandelt wird z. B. gewisse - nämlich die »rational-dogmatischen« - Modifikationen der indirekten Rede im gegenwärtigen russischen Roman), so zeugt dieses davon, daß es den vorherrschenden Tendenzen des Verstehens und der Bewertung der fremden Äußerung schwer fällt, sich in dieser Form, die ihnen keinen Spielraum gibt und sie hemmt, zu manifestieren.
Alles Wesentliche in der bewertenden Wahrnehmung der fremden Äußerung, alles, was imstande ist, irgendeine ideologische Bedeutung zu erlangen, ist im Material der inneren Rede ausgedrückt. Denn nicht ein taubes, wortloses Wesen nimmt die fremde Äußerung wahr, sondern ein Mensch, der voll von inneren Worten ist. Alle seine Erlebnisse - der sogenannte apperzeptive Hintergrund - existieren in der Sprache seiner inneren Rede, und nur so berühren sie sich mit der wahrzunehmenden äußeren Rede. Das Wort kommt mit dem Wort in Berührung. Im Kontext dieser inneren Rede vollzieht sich auch die Wahrnehmung der fremden Äußerung, ihr Verstehen und Bewerten, d. h. die aktive Orientierung des Sprechenden. Diese aktive innersprachliche Wahrnehmung geht in zwei Richtungen: erstens wird die fremde Äußerung vom real-kommentierenden Kontext (der partiell mit dem zusam-

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menfällt, was man den apperzeptiven Hintergrund nennt), von der Situation (der inneren und der äußeren), der sichtbaren Expression usw., umrahmt; zweitens wird die Gegenrede vorbereitet. Auch die Vorbereitung der Gegenrede - die innere Replik und der reale Kommentar*183.1 - sind natürlich organisch in der Einheit der aktiven Wahrnehmung verschmolzen und können nur abstrakt isoliert werden. Beide Richtungen der Wahrnehmung finden ihren Ausdruck und objektivieren sich in dem die fremde Rede umgebenden »Autoren«-Kontext. Unabhängig von der Zielrichtung des gegebenen Kontextes - mag es sich um eine künstlerische Erzählung, einen polemischen Artikel, die Verteidigungsrede eines Rechtsanwalts usw. handeln - können wir in ihm klar und deutlich zwei Tendenzen unterscheiden: die real-kommentierende und die replizierende, wobei meistens eine von ihnen die Oberhand gewinnt. Zwischen der fremden Rede und dem sie wiedergebenden Kontext herrscht eine komplizierte und gespannte Dynamik. Berücksichtigt man sie nicht, kann man die Formen der Wiedergabe der fremden Rede nicht verstehen.
Der grundlegende Fehler der früheren Erforscher der Wiedergabe fremder Rede liegt in der fast völligen Heraustrennung der fremden Rede aus dem sie wiedergebenden Kontext. Daher auch das Statische und Unbewegliche in der Bestimmung dieser Formen (diese Unbeweglichkeit ist überhaupt für die ganze wissenschaftliche Syntax charakteristisch). Indessen sollte der wahre Untersuchungsgegenstand gerade die dynamische Interaktion dieser beiden Größen sein, der wiederzugebenden (»fremden«) und der wiedergebenden (»Autoren-«) Rede. Denn real existieren, leben und gestalten sie sich in dieser Wechselbeziehung und nicht selbst in ihrer Isoliertheit. Die fremde Rede und der wiedergebende Kontext sind nur zwei Termini einer dynamischen Interaktion. Diese Dynamik spiegelt ihrerseits die Dynamik der gegenseitigen sozialen Orientierung der sprachlich-ideologisch kommunizierenden Menschen (natürlich in den wesentlichen und beständigen Tendenzen dieser Kommunikation).
In welcher Richtung kann sich die Dynamik der Interaktion von Autorenrede und fremder Rede entwickeln?

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Wir können zwei Hauptrichtungen dieser Dynamik beobachten. Erstens kann die Haupttendenz der aktiven Reaktion auf die fremde Rede ihre Ganzheit und Authentizität bewahren. Die Sprache kann bestrebt sein, die fremde Rede deutlich und beständig abzugrenzen. In diesem Fall dienen die Muster und ihre Modifikationen einer strengen und schärferen Hervorhebung der fremden Rede, ihrem Schutz vor den eindringenden Intonationen des Autors sowie ihrer Verkürzung und der Entwicklung ihrer individuell-sprachlichen Besonderheiten.
Das wäre die erste Richtung. Innerhalb ihrer Grenzen muß man streng unterscheiden, inwiefern in der gegebenen Sprachgruppe die soziale Wahrnehmung der fremden Rede differenziert wird, d. h. inwiefern Ausdruck, stilistische Redeeigenheiten, lexikologische Färbungen usw. gesondert empfunden und sozial bewertet werden. Oder aber die fremde Rede wird als ganzheitlicher sozia1er Akt, als untrennbare sinngemäße Position des Sprechenden wahrgenommen, d. h. nur das was wird wahrgenommen, während das wie jenseits der Wahrnehmung bleibt. Eine solche gegenständlich-sinngemäße und in sprachlicher Hinsicht entpersönlichende Art der Wahrnehmung der Wiedergabe fremder Rede herrscht in der Alt- und Mittelfranzösischen Sprache vor (in der letzteren fand eine bedeutende Entwicklung der entpersönlichenden Modifikationen der indirekten Rede statt)*184.1 . Die gleiche Art der Wahrnehmung finden wir in den altrussischen Schriftdenkmälern, allerdings fehlt fast völlig das Muster der indirekten Rede. Die hier vorherrschende Art der Entpersönlichung (im sprachlichen Sinne) ist die direkte Rede*184.2 .
Innerhalb der Grenzen der ersten Richtung muß man ebenfalls den Autoritätsgrad der Wahrnehmung des Wortes, den Grad ihrer,

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ideologischen Überzeugung und Dogmatik unterscheiden. Je dogmatischer ein Wort ist, je weniger die verstehende und bewertende Wahrnehmung irgendwelche Übergänge zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Gut und Böse zuläßt, desto stärker entpersönlichen sich die Formen der Wiedergabe fremder Rede. Denn in einer groben und scharfen Alternativstellung gibt es keinen Platz für ein positives und aufmerksames Verhalten gegenüber allen individuellen Faktoren der fremden Äußerung. Ein solcher autoritäter Dogmatismus ist für die mittelfranzösische und unsere alte Literatur charakteristisch. Für das VII. Jh. in Frankreich und das XVIII. Jh. bei uns ist der rationalistische Dogmatismus charakteristisch, der, wenn auch in einer anderen Richtung, die sprachliche Individualität herabsetzt. In den Grenzen des rationalistischen Dogmatismus herrschen die gegenständlich analytischen Modifikationen der indirekten Rede und die rhetorischen Modifikationen der direkten Rede vor*185.1 . Die Deutlichkeit und Unverletzlichkeit der gemeinsamen Grenzen von Autorenrede und fremder Rede erreichen hier ihre höchste Ausprägung.
Diese erste Richtung in der Dynamik der gegenseitigen sprachlichen Orientierung von Autorenrede und fremder Rede wollen wir, indem wir einen kunstwissenschaftlichen Terminus von Wölfflin benutzen, den linearen Stil der Wiedergabe fremder Rede nennen. Seine Haupttendenz ist die Schaffung von deutlichen äußeren Konturen für die fremde Rede, wobei die innere Individualisierung schwach bleibt. Bei völliger stilistischer Homogenität des ganzen Kontextes (der Autor und alle seine Helden sprechen die gleiche Sprache) erreicht die fremde Rede grammatisch und kompositorisch ein Höchstmaß an Geschlossenheit und standbildhafter Elastizität.
In der zweiten Richtung der Dynamik der gegenseitigen Orientierung von Autorenrede und fremder Rede können wir Prozesse gegenteiliger Art beobachten. Die Sprache erarbeitet hier Mittel für ein feineres und flexibleres Eindringen der Repliken und Kommentare des Autors in die fremde Rede. Der Kontext des Autors strebt die Auflösung der Kompaktheit und Geschlossenheit der fremden Rede an, ihr Zurückgehen, die Verwischung ihrer Grenzen. Diesen Stil der Wiedergabe fremder Rede können wir den

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malerischen nennen. Seine Tendenz geht dahin, die scharfen äußeren Konturen des fremden Wortes zu verwischen. Dabei wird die Rede selbst in bedeutend stärkerem Maße individualisiert. Das Empfinden für die verschiedenen Seiten der fremden Äußerung können scharf differenziert werden. Wahrgenommen werden nicht nur ihr gegenständlicher Sinn und die darin enthaltene Überzeugung, sondern auch alle sprachlichen Besonderheiten seiner verbalen Verwirklichung.
In den Grenzen dieser zweiten Richtung sind auch einige verschiedenartige Typen möglich. Die Aktivität des Verwischens der Grenzen der Äußerung kann vom Autorenkontext ausgehen und die fremde Rede mit seinen Intonationen, seinem Humor, seiner Ironie, seiner Liebe oder seinem Haß, seiner Begeisterung oder seiner Verachtung durchdringen. Dieser Typ ist für die Epoche der Renaissance charakteristisch (besonders in der französischen Sprache), für das Ende des XVIII. Jh. und fast für das ganze XIX. Jh. Der autoritäre und rationale Dogmatismus des Wortes ist dabei ganz schwach. Es herrscht ein gewisser Relativisrnus in den sozialen Bewertungen vor, der für eine positive und feinempfundene Wahrnehmung aller individuell-sprachlichen Nuancen des Denkens, der Überzeugung und des Gefühls günstig ist. Auf diesem Boden entwickelt sich auch der »Kolorismus« der fremden Äußerung, der manchmal zu einer Herabsetzung des Sinnfaktors im Wort führt (z. B. verlieren in der »natürlichen Schule« ja, auch bei Gogol selbst, die Worte der Helden manchmal völlig ihren gegenständlichen Sinn und werden zu einer Sache, die das Kolorit kennzeichnet, wie das Kostüm, die äußere Erscheinung, die Gegenstände der alltäglichen Umgebung usw.).
Doch auch ein anderer Typ ist möglich: die sprachliche Dominante wird auf die fremde Rede übertragen, die stärker und aktiver wird als der sie umrahmende Autorenkontext, den sie gleichsam aufzulösen beginnt. Der Autorenkontext büßt die ihm normalerweise eigene große Objektivität gegenüber der fremden Rede ein. Man beginnt, ihn ebenfalls als subjektive »fremde Rede« wahrzunehmen, und auch er selbst begreift sich so. In künstlerischen Werken findet dies oft seinen kompositionellen Ausdruck in der Einführung eines Erzählers, der den Autor im üblichen Sinne des Wortes vertritt. Seine Sprache ist ebenso individualisiert, farbenreich und ideologisch unautoritär wie die Sprache der handelnden Personen. Die Position des Erzählers ist schwankend, und

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meistens spricht er in der Sprache der dargestellten Helden. Er kann ihren subjektiven Positionen keine autoritärere und objektivere Welt entgegenstellen. So erzählen Dostojevskij, Andrej Belyj, Remizov, Sologub und die zeitgenössischen russischen Romanautoren*187.1 .
Ist der Angriff des Autorenkontextes auf die fremde Rede charakteristisch für den in der Wahrnehmung der fremden Rede gezügelten Idealismus oder auch Kollektivismus, so zeugt die Auflösung des Autorenkontextes von einem relativistischen Individualismus der sprachlichen Wahrnehmung. Der subjektiven fremden

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Äußerung steht der sich als ebenso subjektiv begreifende, kommentierende und replizierende Autorentext gegenüber.
Für die ganze zweite Richtung ist die außerordentliche Entwicklung der gemischten Muster für die Wiedergabe der fremden Rede bezeichnend: der uneigentlich indirekten Rede und besonders der uneigentlich direkten Rede, welche die Grenzen der fremden Äußerung am meisten verwischt. Auch herrschen jene Modifikationen der direkten und indirekten Rede vor, die flexibler und für die Tendenzen des Autors durchlässiger sind (die verstreute direkte Rede, die verbal-analytischen Formen der indirekten Rede usw.).
Verfolgt man alle diese Tendenzen der aktiven, reagierenden Wahrnehmung der fremden Rede, so muß man immer alle Besonderheiten der zu untersuchenden sprachlichen Erscheinungen berücksichtigen. Besonders wichtig ist die Zielsetzung des Autorenkontextes. Die künstlerische Sprache gibt im gegebenen Fall alle Veränderungen in der gegenseitigen sozial-sprachlichen Orientierung deutlicher wieder. Die rhetorische Sprache ist im Unterschied zu der künstlerischen allein schon wegen ihrer Zielsetzung im Umgang mit dem fremden Wort nicht sehr frei. Die Rhetorik fordert ein deutliches Empfinden für die Grenzen der fremden Rede. Sie verfügt über ein verschärftes Gefühl für den Eigentumsanspruch am Wort, und in den Fragen der Authentizität ist sie von skrupulöser Genauigkeit. Charakteristisch für die gerichtsrhetorische Sprache ist das Empfinden für die sprachliche Subjektivität der »Parteien« des Prozesses im Vergleich zur Objektivität des Gerichts, des Gerichtsbeschlusses und der ganzen kommentierenden Sprache, die der juristischen Untersuchung dient. Analog ist auch die politische Rhetorik. Es ist wichtig festzustellen, welche Bedeutung der rhetorischen Rede - der gerichtlichen wie der politischen - vom sprachlichen Bewußtsein der jeweiligen sozialen Gruppe in einer bestimmten Epoche beigemessen wird. Weiterhin muß man immer die sozial-hierarchische Position des wiederzugebenden fremden Wortes berücksichtigen. Je stärker das Empfinden für die hierarchische Höhe des fremden Wortes, desto deutlicher auch seine Grenzen, desto weniger kann es nach innen von kommentierenden und replizierenden Tendenzen durchdrungen werden. So gibt es innerhalb des Klassizismus in den niederen Genres wesentliche Abweichungen vom rational-dogmatischen, linearen Stil der Wiedergabe fremder Rede. Es ist bezeichnend, daß die uneigentlich

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direkte Rede zum ersten Mal gerade in den Fabeln und Märchen von La Fontaine sich mächtig entfaltete.
Fassen wir alle unsere bisher gemachten Ausführungen über die möglichen Tendenzen der dynamischen Interaktion zwischen der fremden Rede und der Autorenrede zusammen, so können wir folgende Epochen unterscheiden: den autoritären Dogmatismus für den der lineare und entpersönlichte monumentale Stil der Wiedergabe der fremden Rede charakteristisch ist (Mittelalter); den rationalistischen Dogmatismus mit seinem noch deutlicheren linearen Stil (VII. und XVIII. Jh.); den realistischen und kritischen Individualismus mit seinem malerischen Stil und der Tendenz, die fremde Rede mit dem Replizieren und Kommentieren des Autors zu durchdringen (Ende XVII. und XIX. Jh.) und schließlich den relativistischen Individualismus mit seiner Auflösung des Autorenkontextes (heutige Zeit).
Die Sprache existiert nicht an und für sich, sondern nur zusammen mit dem individuellen Organismus einer konkreten Äußerung, eines konkreten Redeaktes. Nur durch die Äußerung kommt die Sprache mit der Kommunikation in Berührung, läßt sich von ihren lebendigen Kräften durchdringen, wird sie Realität. Die Bedingungen der sprachlichen Kommunikation, ihre Formen und Mittel der Differenzierung werden von den sozio-ökonomischen Voraussetzungen der Epoche bestimmt. Diese wechselnden Bedingungen der sprachlich-gesellschaftlichen Kommunikation bestimmen auch die von uns untersuchten Formveränderungen der Wiedergabe fremder Rede. Darüberhinaus will es uns scheinen, daß in diesen Formen der Wahrnehmung des fremden Wortes und der sprechenden Persönlichkeit durch die Sprache selbst die in der Geschichte wechselnden Typen der sozio-ideologischen Kommunikation besonders scharf und plastisch hervortreten.

1.3. Die indirekte Rede, die direkte Rede und ihre Modifikationen

Wir haben die Hauptrichtung der Dynamik in der gegenseitigen Orientierung von fremder Rede und Autorenrede skizziert. Ihren konkreten sprachlichen Ausdruck findet diese Dynamik in den Mustern der Wiedergabe der fremden Rede und den Modifikationen dieser Muster, die gleichsam Gradmesser für das zum gegebenen Zeitpunkt der Sprachentwicklung herrschende Kräfteverhältnis zwischen fremder Rede und Autorenrede sind.
Jetzt wollen wir zu einer kurzen Charakteristik der Muster und ihrer wichtigsten Modifikationen vom Standpunkt der von uns aufgezeigten Entwicklungstendenzen übergehen.
Zunächst einige Worte über das Verhältnis der Modifikation zum Muster. Es entspricht dem Verhältnis der lebendigen Wirklichkeit des Rhythmus zur Abstraktion des Metrums. Das Muster verwirklicht sich nur in Form einer ihrer Modifikationen. In den Modifikationen sammeln sich im Laufe von Jahrhunderten oder Jahrzehnten jene Veränderungen an, stabilisieren sich jene neue Gewohnheiten der aktiven Orientierung auf die fremde Rede, die sich dann später in Form von stabilen Sprachgebilden in den syntaktischen Mustern ablagern. Die Modifikationen selbst liegen auf der Grenze zwischen Grammatik und Stilistik. Man kann manchmal darüber streiten, ob es sich bei einer bestimmten Form der Redewiedergabe um ein Muster oder eine Modifikation, um eine Frage der Grammatik oder der Stilistik handelt. Ein solcher Streit wurde z, B. aus Anlaß der uneigentlich direkten Rede in der deutschen und französischen Sprache zwischen Bally einerseits und Kalepky und Lorck auf der anderen Seite geführt. Bally lehnte es ab, sie als ein gleichberechtigtes syntaktisches Muster anzuerkennen und sah in ihr lediglich eine stilistische Modifikation. Man kann auch über die uneigentlich direkte Rede in der französischen Sprache streiten. Von unserem Standpunkt her gesehen ist die Aufrichtung einer scharfen Grenze zwischen Grammatik und Stilistik sowie zwischen den grammatischen Mustern und ihrer stilistischen Modifikation methodologisch unzweckmäßig, ja sogar unmöglich. Diese Grenze ist im Leben einer Sprache schwankend, wo die einen Formen einen Prozeß der Grammatisierung, die anderen einen der Degrammatisierung durchmachen, und gerade diese doppeldeutigen Grenzformen sind für den Linguisten von äußer-

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stem Interesse: die Entwicklungstendenzen der Sprache können genau hier erfaßt werden*191.1 .
Unsere kurze Charakterisierung der Muster der indirekten und direkten Rede wird sich in den Grenzen der russischen Literatursprache halten. Dabei sind wir keinesfalls bestrebt, erschöpfende Auskünfte über alle ihre möglichen Modifikationen zu geben. - Für uns ist nur die methodologische Seite der Frage wichtig.
Die syntaktischen Muster für die Wiedergabe der fremden Rede sind in der russischen Sprache, wie bekannt, außerordentlich schwach entwickelt. Außer der uneigentlich direkten Rede, der im Russischen jedes deutliche syntaktische Merkmal - gleich wecher Art - fehlt (wie übrigens auch im Deutschen), gibt es zwei Muster: die direkte und die indirekte Rede. Doch bestehen zwischen diesen beiden Mustern nicht diese scharfen Unterschiede, die für andere Sprachen eigentümlich sind. Die Merkmale der indirekten Rede sind schwach und können sich in der Umgangssprache leicht mit den Merkmalen der direkten Rede vermischen*191.2 .
Das Fehlen der consecutio temporum und die Untätigkeit des Konjunktivs nehmen unserer indirekten Rede jede Eigenheit und schaffen keinen günstigen Boden für die üppige Entwicklung von für unseren Standpunkt wesentlichen und interessanten Modifika-

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tionen. Überhaupt kann man von einem unbedingten Primat der direkten Rede in der russischen Sprache sprechen. In der Geschichte unserer Sprache hat es keine cartesianische, rationalistische Periode gegeben, in der der vernünftig-selbstbewußte und objektive »Autorenkontext« den sachlichen Bestand der fremden Rede analysierte und zergliederte und dadurch komplizierte und interessante Modifikationen ihrer indirekten Wiedergabe schuf.
Alle diese Eigentümlichkeiten der russischen Sprache ergeben außerordentlich günstige Voraussetzungen für einen malerischen Stil in der Wiedergabe der fremden Rede, der allerdings etwas kraftlos und verschwommen war und kein Gefühl für die Überwindung von Grenzen oder Widerständen hatte (wie in anderen Sprachen). Es herrscht eine große Leichtigkeit der Wechselwirkung und wechselseitigen Durchdringung von fremder Rede und Sprache des Autors. Dies hängt mit der unbedeutenden Rolle zusammen, welche in der Geschichte unserer Literatursprache die Rhetorik mit ihrem klaren linearen Stil in der Wiedergabe des fremden Wortes und mit ihrer groben, aber bestimmten eindeutigen Intonation spielte.
Geben wir zunächst eine Charakterisierung der indirekten Rede als des in der russischen Sprache am schwächsten entwickelten Musters. Beginnen wir mit einer kleinen kritischen Bemerkung, die gegen A. M. Peskovskij gerichtet ist. Nachdem er festgestellt hat, daß bei uns die Formen der indirekten Rede nicht entwickelt sind, gibt er die folgende, im höchsten Grade seltsame Erklärung ab: »Man braucht nur einmal zu versuchen, eine leidlich bekannte direkte Rede indirekt wiederzugeben (»Osel, ustavjas' v zemlju Ibom, govorit, cto izrjadno, cto skazat' ne lozno, ego bez skuki slusat mozno, no cto zal', cto on ne znakom s ich petuchom, cto on esce by bolse navostrilsja, kogda by u nego nemnogo poucilsja) *192.* , um sich davon zu überzeugen, daß die indirekte Redewiedergabe nicht zur russischen Sprache paßt*192.1

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Hätte Peskovskij das gleiche Experiment der unmittelbaren Übertragung der direkten Rede in eine indirekte in der französischen Sprache durchgeführt und dabei auch nur die grammatischen Regeln berücksichtigt, wäre er zu den gleichen Schlüssen gelangt. Wenn er z. B. versucht hätte, die direkte oder gar die uneigentlich direkte Rede der Fabeln von La Fontaine (diese letzte Form ist bei La Fontaine sehr verbreitet) in die Formen der indirekten Rede zu übersetzen, hätte er eine grammatisch ebenso richtige wie stilistisch unmögliche Konstruktion herausbekommen wie in seinem russischen Beispiel,*193.* Und dies ungeachtet dessen, daß im Französischen die uneigentlich direkte Rede der indirekten außerordentlich ähnlich ist (die gleichen Zeiten und Personen). Eine ganze Reihe von Wörtern, Ausdrücken und Wendungen, die in der direkten und uneigentlich direkten Rede angebracht sind, würden - in eine Konstruktion der indirekten Rede übertragen - wild klingen.
Peskovskij begeht einen für einen »Grammatiker« typischen Fehler. Die unmittelbare, rein grammatische Übersetzung der fremden Rede aus einem Wiedergabemuster in ein anderes ist ohne entsprechende stilistische Umarbeitung nur eine pädagogisch zweifelhafte und unzulässige Methode für grammatische Schulübungen. Mit dem lebendigen Leben der Muster in der Sprache hat eine solche Anwendung nichts gemein. Die Muster drücken die Tendenz der aktiven Wahrnehmung der fremden Rede aus. Jedes Muster verarbeitet die fremde Äußerung auf ihre Weise schöpferisch in einer bestimmten, nur diesem Muster entsprechenden Richtung. Empfindet die Sprache im gegebenen Stadium ihrer Entwicklung die fremde Äußerung als ein kompaktes, unzerlegbares, unveränderliches und undurchdringliches Ganzes, wird sie auch kein anderes Muster aufweisen als die primitive und inerte direkte Rede (monumentaler Stil). Auf diesem Standpunkt der Unveränderlichkeit der fremden Äußerung und der absoluten Wortwörtlichkeit seiner Wiedergabe steht auch Peskovskij mit seinem Experiment, doch gleichzeitig versucht er, das Muster der in-

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direkten Rede darauf anzuwenden. Das erzielte Resultat beweist keineswegs, daß die indirekte Redewiedergabe der russischen Sprache nicht entspricht. Im Gegenteil, er beweist, daß das Muster der indirekten Rede in der russischen Sprache - obgleich nur schwach entwickelt - so viel Eigenständigkeit besitzt, daß nicht jede direkte Rede sich einer wortwörtlichen Übertragung in dieses Muster fügt*194.1 .
Das eigentümliche Experiment Peskovskijs zeugt von seiner völligen Unkenntnis des sprachlichen Sinns der indirekten Rede. Dieser Sinn besteht in der analytischen Wiedergabe der fremden Rede. Die gleichzeitige und von der Wiedergabe nicht zu trennende Analyse der fremden Äußerung ist ein obligatorisches Merkmal jeder Modifikation der fremden Rede. Lediglich der Grad und die Richtungen der Analyse können verschieden sein.
Die analytische Tendenz der indirekten Rede manifestiert sich vor allem darin, daß alle emotional-affektiven Elemente der fremden Rede, sofern sie sich nicht im Inhalt, sondern in den Formen der Äußerung ausdrücken, so nicht in die indirekte Rede übergehen. Sie werden aus der Redeform in ihren Inhalt übersetzt und werden nur so in die indirekte Konstruktion übernommen oder sogar in einem Hauptsatz als Kommentar des die fremde Rede einführenden Verbs übertragen.
Z. B. kann man die direkte Äußerung:
»Wie schön! Das ist die Vollendung!« nicht so in die indirekte Rede übersetzen:
»Er sagte, wie schön und daß es die Vollendung sei«, sondern so:
»Er sagte, daß dies sehr schön und eine wirkliche Vollendung sei«, oder so:
»Er sagte begeistert, daß dies sehr schön und daß es wirklich die Vollendung sei,«
Alle in der direkten Rede emotional-affektiven Verkürzungen, alle Auslassungen usw. werden von der analytischen Tendenz der indirekten Rede nicht zugelassen und können nur in einer vollendeten und vollständigen Form in ihre Konstruktion eingehen. In Peskovskijs Beispiel kann der Ausruf des Esels »Wunderbar!« nicht unmittelbar in die indirekte Rede übernommen werden:

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»Er sagt, daß wunderbar...«
sondern nur:
»Er sagt, daß es wunderbar ist...«
oder sogar:
»Er sagt, daß die Nachtigall wunderbar singt ...«
Ebensowenig kann »skazat' nelozno« [um die Wahrheit zu sagen] nicht einfach in die indirekte Rede übertragen werden. Auch den Ausdruck der direkten Rede: »A zal‘, cto ne znakom« ... [Doch, schade, daß (er) nicht bekannt (ist) ...] usw. kann man nicht wiedergeben als: »no cto zal, cto ne znakom . . .« [doch daß schade ist, daß (er) nicht bekannt (ist) ...] usw.
Es versteht sich von selbst, daß jeder konstruktive und konstruktiv-akzentuierte Ausdruck der Absichten des Sprechenden aus der direkten Rede nicht unmittelbar in der gleichen Form in die indirekte Rede übergehen kann. So werden die konstruktiven und akzentuierten Eigentümlichkeiten der Frage-, Ausrufe- und Befehlssätze in der indirekten Rede nicht bewahrt, sondern nur in ihrem Inhalt angedeutet.
Die indirekte Rede »hört« die fremde Äußerung anders und nimmt in ihrer Wiedergabe andere Momente und Schattierungen aktiv auf und aktualisiert sie anders als die übrigen Muster. Deswegen ist auch eine unmittelbare, wortwörtliche Übersetzung einer Äußerung aus anderen Mustern in das der indirekten Rede nicht möglich. Möglich ist dies nur da, wo die direkte Äußerung selbst bereits etwas analytisch aufgebaut ist, analytisch natürlich nur soweit, wie es die Grenzen der direkten Rede zulassen. Die Analyse ist die Seele der indirekten Rede.
Betrachten wir das »Experiment« Peskovskijs genauer, dann bemerken wir, daß die lexikalische Schattierung solcher Wörter wie »izrjadno« [wunderbar] oder »navostrilsja« [sich schärfte] mit der analytischen Seele der indirekten Rede nicht vollkommen harmonieren. Diese Wörter sind zu malerisch; sie zeichnen die Sprachmanier (die individuelle oder typologische) der Eselsperson und geben nicht nur den genauen Sinn ihrer Äußerung wieder. Man hat Lust, sie durch Sinnäquivalente zu ersetzen (»gut«, »sich vervollkommnete«) oder aber diese »Ausdrücke« in der indirekten Konstruktion in Anführungszeichen stehen zu lassen. Beim lauten Vorlesen dieser indirekten Rede wird man diese Wörter etwas anders betonen, als wolle man mit seiner Intonation zu verstehen geben, daß diese Ausdrücke unmittelbar der Rede der Person ent-

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nommen sind und daß wir uns von ihnen distanzieren. Doch hier stoßen wir dicht an die Notwendigkeit, zwei Richtungen, welche die analytische Tendenz der indirekten Rede einschlagen kann, zu unterscheiden und, dementsprechend, zwei ihrer wichtigsten Modifikationen.
In der Tat kann die Analyse der indirekten Konstruktion in zwei Richtungen gehen oder genauer, sich auf zwei wesentlich voneinander unterschiedene Objekte beziehen. Die fremde Äußerung kann als eine bestimmte sinngemäße Position aufgenommen werden, und in diesem Fall gibt die indirekte Konstruktion analytisch den genauen sachlichen Bestand wieder (was der Sprechende gesagt hat). So ist in unserem Beispiel die genaue Wiedergabe der gegenständlichen Bedeutung des Urteils möglich, den der Esel über den Gesang der Nachtigall abgibt. Doch man kann die fremde Äußerung auch als Ausdruck auffassen und analytisch wiedergeben, indem man nicht nur den Redegegenstand charakterisiert (oder sogar nicht einmal so sehr den Gegenstand), sondern auch den Sprechenden selbst: seine Art zu reden, sei sie individuell oder typologisch (oder beides), seine seelische Verfassung, die nicht im Inhalt, sondern in den Redeformen (z. B. Inkohärenz, Wortverteilung, expressive Intonation usw.) sichtbar wird, seine Fähigkeit oder Unfähigkeit, sich gut auszudrücken usw.
Diese beiden Objekte der analytischen indirekten Wiedergabe sind prinzipiell und von Grund auf verschieden. In dem einen Fall wird der Sinn in die ihn bildenden Sach- und Bedeutungsmomente zergliedert, im anderen wird die Äußerung als solche selbst in ihre sprachlichen und stilistischen Schichten aufgeteilt. Die logische Grenze der zweiten Tendenz wäre die linguistisch-stilistische Analyse. Gleichzeitig mit dieser gleichsam linguistischen Analyse wird von diesem Typ der indirekten Wiedergabe jedoch auch eine gegenständliche Analyse der fremden Rede vorgenommen, wobei man im Endergebnis die analytische Zergliederung der gegenständlichen Bedeutung und der sie verkörpernden sprachlichen Hülle erreicht.
Nennen wir die erste Modifikation des Musters der indirekten Rede die sachanalytische und die zweite die sprachanalytische. Die gegenständlich-analytische Modifikation nimmt die fremde Äußerung nur auf der rein thematischen Ebene wahr; aber all das, was keine gegenständliche Bedeutung hat, hört und erfaßt sie einfach

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nicht. Die Seiten der sprachlich formalen Konstruktion, die eine thematische Bedeutung haben, d. h. die für das Verstehen der Bedeutungsposition des Sprechenden wichtig sind, gibt unsere Modifikation entweder ebenfalls thematisch wieder (so wie in unserem Beispiel der Ausruf und der Ausdruck der Begeisterung mit dem Wort »sehr« wiedergegeben wurde) oder bezieht ihn in den Autorenkontext als Charakteristik vom Autor mit ein.
Die gegenständlich analytische Modifikation eröffnet den replizierenden und kommentierenden Tendenzen der Autorenrede breite Möglichkeiten, während sie gleichzeitig zwischen der Sprache des Autors und dem fremden Wort eine deutliche und scharfe Distanz wahrt. Dank dieser Eigenschaft ist sie ein ausgezeichnetes Mittel für den linearen Stil der Wiedergabe der fremden Rede. Diese Modifikation besitzt unzweifelhaft die Tendenz, die fremde Äußerung zu thematisieren, wobei sie nicht so sehr ihre konstruktive als vielmehr ihre sinngemäße Elastizität und Selbständigkeit bewahrt (wir haben gesehen, wie sich in ihr die expressive Konstruktion der fremden Äußerung thematisiert). Dies wird natürlich nur um den Preis einer gewissen Entpersönlichung der wiederzugebenden Rede erreicht.
Eine einigermaßen breite und wesentliche Entwicklung kann die sachanalytische Modifikation nur in einem bis zu einem gewissen Grade rationalistischen und dogmatischen Autorenkontext nehmen, in dem das Bedeutungsinteresse auf jeden Fall stark sein muß und in dem der Autor selbst, mit seinen Worten und in seinem Namen irgendeine Bedeutungsposition einnimmt. Wo dies nicht der Fall ist, wo das Wort des Autors selbst malerisch und vergegenständlicht oder wo einfach ein Erzähler eingeführt wird, der den entsprechenden Typ verkörpert, kann diese Modifikation nur eine äußerst zweitrangige episodische Bedeutung erlangen (z. B. bei Gogol, Dostojevskij u. a.).
In der russischen Sprache ist diese Modifikation im Ganzen schwach entwickelt. Vorzugsweise trifft man sie in erkenntnistheoretischen oder rhetorischen (wissenschaftlichen, philosophischen, politischen usw.) Texten, wo man fremde Meinungen über einen Gegenstand darstellt, vergleicht oder sich von ihnen distanziert. In der künstlerischen Sprache begegnet man ihr selten. Eine bestimmte Bedeutung gewinnt sie nur bei jenen Autoren, die ihr eigenes Wort in seiner sinngemäßen Gerichtetheit und Wägbarkeit nicht verleugnen, wie z. B. Turgenjev und besonders Tolstoj. Doch auch

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hier vermissen wir den Reichtum und die Vielfalt der Variationen dieser Modifikation, wie wir sie im Französischen oder Deutschen antreffen.
Gehen wir zu der sprachanalytischen Modifikation über. Sie nimmt Wörter und Wendungen der fremden Rede in die indirekte Rede auf, welche die subjektive und stilistische Physiognomie der fremden Äußerung als Ausdruck charakterisiert. Diese Wörter und Wendungen werden so eingeführt, daß das Typische an ihnen, das Spezifische und Subjektive, deutlich empfunden wird, meistens werden sie direkt in Anführungszeichen gesetzt. Hier sind vier Beispiele:
  1. »Über den Toten (Grigorij) sagte er, indem er sich bekreuzigte, daß der Bursche Fähigkeiten hatte, dumm war und von Krankheit geschlagen, (und was) noch schlimmer (war), ein Gottloser, und daß Fedor Pavlovic und der ältere Sohn ihn die Gottlosigkeit gelehrt hätten*198.1 . «
  2. »Das gleiche geschah auch mit den Polen: sie erschienen stolz und unabhängig. Laut verkündeten sie, daß sie erstens beide 'der Krone dienten' und daß 'Pan Mitja' ihnen dreitausend angeboten hatte, um ihre Ehre zu kaufen, und daß sie in seinen Händen viel Geld gesehen hatten*198.1
  3. Krasotkin schlug diese Beschuldigung stolz zurück, indem er herausstellte, daß es mit Altersgenossen, mit Dreißigjährigen, wirklich eine Schande sei, »in unserem Jahrhundert« Pferdchen zu spielen, daß er dies aber für die »Knirpse« [original: »puzyri« v. puzyr' = Blase*198.* ] täte, weil er sie liebt, und daß er keinem über seine Gefühle Rechenschaft ablegen müsse*198.1
  4. »Er fand sie (Nastasja Filippovna) in einem Zustand, der völligem Wahnsinn glich; sie schrie auf, zitterte, schrie, daß Rogozin im Garten versteckt sei, hier bei ihnen im Haus, daß sie eben gesehen hatte, daß er sie nachts umbringt ... ersticht! . . .« (hier wird in der indirekten Konstruktion die Expression der fremden Äußerung bewahrt)*198.2 .
Die in die indirekte Rede einbezogenen und in ihrer Eigentümlichkeit erkennbaren Wörter und Ausdrücke (besonders, wenn sie

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in Anführungszeichen stehen) »werden verfremdet«, um mit der Sprache der Formalisten zu sprechen, und zwar nach der Richtung hin, die dem Autor paßt; sie werden vergegenständlicht, das Malerische an ihnen tritt stärker hervor, doch gleichzeitig legen sich die Schattierungen des Verhältnisses auf sie, die der Autor zu ihnen hat: Ironie, Humor usw.
Diese Modifikation der indirekten Rede muß man von den Fällen unterscheiden, wo die indirekte Rede unmittelbar in die direkte übergeht, obwohl ihre Funktionen fast gleich sind: wenn die direkte Rede die indirekte fortführt, dann tritt ihre sprachliche Subjektivität deutlich hervor und schlägt die vom Autor beabsichtigte Richtung ein. Z. B.:
  1. »Wie sich Trifon Borisovic auch drehte und wendete, nach dem Verhör der Bauern gab er doch zu, den Hundertrubelschein gefunden zu haben, fügte aber hinzu, daß er Dmitrij Fedorovic damals alles heilig wiedergebracht und in die Hand gegeben habe 'bei meiner Ehre, und daß aber sie selbst, die zu der Zeit völlig betrunken waren, sich wohl kaum daran erinnern können'«*199.* .
  2. »Bei aller tiefen Ehrfurcht vor dem Andenken an seinen früheren Herrn, erklärte er dennoch z. B., daß dieser Mitja gegenüber ungerecht gewesen und 'die Kinder nicht erzogen hatte wie nötig. Ihn, den kleinen Knaben hätten ohne mich die Läuse aufgefressen', fügte er hinzu, als er von Mitjas Kinderjahren erzählte*199.1
Dieser Fall, wo die direkte Rede von der indirekten vorbereitet wird und gleichsam unmittelbar aus ihr entsteht - ähnlich den Skulpturen Rodins, wo sich das Bild nicht völlig von dem unbearbeiteten Block gelöst hat -‚ ist eine der unzähligen Modifikationen der direkten Rede in ihrer malerischen Behandlungsweise.
So ist eben die sprachanalytische Modifikation der indirekten Konstruktion. Sie bringt völlig eigenartige malerische Effekte in der Wiedergabe der fremden Rede hervor. Diese Modifikation setzt ein hohes Maß an Individualisierung der fremden Äußerung im sprachlichen Bewußtsein und die Fähigkeit voraus, die sprachlichen Hüllen der Äußerung und ihren sachlichen Sinn differenziert aufzunehmen. Dies entspricht weder der autoritären, noch

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der rationalistischen Wahrnehmung der fremden Äußerung. Als gebräuchliches stilistisches Verfahren kann sie nur auf dem Boden eines kritischen und realistischen Individualismus in der Sprache Wurzeln fassen, während die sachanalytische Modifikation gerade für den rationalistischen Individualismus typisch ist. In der Geschichte der russischen Literatursprache fehlte diese letztgenannte Periode fast völlig. Deswegen können wir beobachten, daß die sprachanalytische Modifikation unvergleichlich über die sachliche dominiert. Das Fehlen einer consecutio temporum in der russischen Sprache begünstigt die Entwicklung der sprachanalytischen Modifikation ebenfalls in hohem Maße.
Wir sehen so, daß unsere beiden Modifikationen, - obgleich durch die allgemeine analytische Tendenz des Musters geeint - dennoch zwei grundlegend verschiedene sprachliche Konzeptionen des fremden Wortes und der sprechenden Persönlichkeit ausdrücken. Für die erste Modifikation ist der Sprechende nur in seiner Eigenschaft als eine eine bestimmte sinngemäße Position einnehmende Persönlichkeit (wissenschaftiich, ästhetisch, im täglichen Leben oder im Leben überhaupt) vorhanden, während er außerhalb dieser Position, die streng sachlich wiedergegeben wird, für den Wiedergebenden überhaupt nicht existiert. Hier ist kein Platz für die Verdichtung dieser Persönlichkeit zu einem Bild. In der zweiten Modifikation ist umgekehrt die Persönlichkeit als subjektive Manier (individuell oder typologisch) gegeben, als die Art, zu denken und zu sprechen, wobei die Bewertung dieser Manier durch den Autor mit eingeschlossen ist. Hier wird die sprechende Persönlichkeit schon zu einem Bild verdichtet.
In der russischen Sprache kann noch eine dritte, ziemlich bedeutende Modifikation der indirekten Konstruktion nachgewiesen werden, die hauptsächlich für die Wiedergabe der inneren Rede, der Gedanken und Erlebnisse des Helden verwendet wird. Diese Modifikation behandelt die fremde Rede sehr frei, verkürzt sie und skizziert oft nur ihre Themen und Dominanten; deswegen kann man sie impressionistisch nennen. Die Intonation des Autors fließt leicht und frei in ihre schwankende Struktur ein. Hier ist ein klassisches Musterbeispiel für eine solche impressionistische Modifikation aus dem »ehernen Reiter«: »Worüber dachte er nach? darüber, daß er arm war; daß er sich Unabhängigkeit und Ehre mit Arbeit erwerben mußte; daß ihm Gott etwas mehr Verstand und Geld hätte geben können!

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Daß es aber solche müßigen Glückspilze gibt mit beschränktem Verstand und faul dazu, für die das Leben ein Kinderspiel ist! Daß er im ganzen zwei Jahre im Dienst ist; er dachte auch, daß das Wetter sich nicht beruhigte, daß der Fluß immer weiter anstieg; daß man schon fast die Brücken von der Newa abgebaut hätte und daß er von Parascha zwei, drei Tage getrennt sein wird. So träumte er ..«*201.1
Wir sehen aus diesem Beispiel, daß die impressionistische Modifikation der indirekten Rede irgendwo in der Mitte zwischen der sachanalytischen und der sprachanalytischen liegt. Zeitweise wird hier eine deutliche sachliche Analyse vorgenommen. Einige Wörter und Wendungen entspringen dem Bewußtsein von Evgenij selbst (allerdings ohne Betonung ihrer Spezifizität). Doch am deutlichsten hört man die Ironie des Autors selbst heraus, seine Akzentuierung, seine Aktivität in der Verteilung und Verkürzung des Materials.
Gehen wir jetzt zum Muster der direkten Rede über. Es ist in der russischen Literatursprache außerordentlich gut entwickelt und besitzt eine enorme Vielfalt von wesentlich voneinander verschiedenen Modifikationen. Zwischen den sperrigen, inerten und unzerlegbaren Blöcken der direkten Rede in den alten Denkmälern und den zeitgenössischen geschmeidigen und oft zweideutigen Mitteln ihrer Einfügung in den Kontext des Autors liegt der lange und lehrreiche historische Weg ihrer Entwicklung. Doch hier müssen wir sowohl auf die Erforschung dieses historischen Weges als auch auf die statistische Beschreibung der in der Literatursprache vorhandenen Modifikationen der direkten Rede verzichten. Wir werden uns lediglich auf die Modifikationen beschränken, in denen ein gegenseitiger Austausch von Intonationen sich vollzieht, gleichsam eine gegenseitige Infektion zwischen dem Autorenkontext und der fremden Rede stattfindet. Dabei interessieren uns nicht so sehr die Fälle, wo die Rede des Autors die fremde Äußerung attackiert und sie mit ihren Intonationen durchdringt, als vielmehr diejenigen, wo umgekehrt die fremden Worte auseinanderfallen und sich über den ganzen Autorentext verstreuen und ihn damit unsicher und zweideutig machen. Im übrigen kann man zwischen dem einen und dem anderen Fall nicht immer eine scharfe Grenze ziehen: sehr oft ist die Ansteckung wirklich gegenseitig.

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Der ersten Richtung der wechselseitigen Dynamik (Attacke des Autors) dient jene Modifikation, die man die vorbereitete direkte Rede nennen kann*202.1 .
Hierher gehört der uns schon bekannte Fall der Entstehung der direkten Rede aus der indirekten. Eine besonders interessante und verbreitete Variante dieser Modifikation ist die Entstehung der direkten Rede aus der »uneigentlich direkten«, welche - selbst halb Erzählung und halb fremde Rede - ihre Apperzeption vorbereitet. Die wichtigsten Themen der zukünftigen direkten Rede werden hier vom Kontext vorweggenommen und mit den Intonationen des Autors gefärbt; auf diese Weise werden die Grenzen der fremden Äußerung außerordentlich verwischt. Ein klassisches Musterbeispiel dieser Modifikation ist die Beschreibung des Zustandes von Fürst Myskin vor dem epileptischen Anfall in Dostojewskijs »Idiot«, - genauer, fast das ganze fünfte Kapitel des zweiten Teils dieses Werks (hier finden sich auch großartige Beispiele für die uneigentliche direkte Rede). Die direkte Rede des Fürsten Myskin tönt in diesem Kapitel die ganze Zeit über in seiner eigenen Welt, denn die Erzählung wird vom Autor in den Grenzen von Fürst Myskins Gesichtskreis angelegt. Für das fremde Wort wird hier ein halbfremder (der des Helden) und vom Autor herkommender apperzeptiver Hintergrund geschaffen. Dennoch zeigt dieser Fall bei all seiner Anschaulichkeit, daß eine solche tiefe Durchdringung der fremden Rede durch die Sprache des Autors fast immer mit einer Verminderung der Objektivität des Autorentextes selbst verbunden ist.
Eine andere Modifikation, welche die gleiche Tendenz verfolgt, kann man die vergegenständlichte direkte Rede nennen. Hier wird der Autorentext so konstruiert, daß die objektiven Bestimmungen des Helden (durch den Autor) tiefe Schatten auf seine direkte Rede werfen. Auf die Worte des Helden werden jene Wertungen

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und Emotionen übertragen, mit denen seine objektive Darstellung erfüllt ist. Das Bedeutungsgewicht der fremden Worte wird geringer, dafür aber wachsen ihre charakterologische Bedeutung, ihre Farbigkeit und das Typische ihrer Lebensechtheit an. Wenn wir auf der Bühne an Maske, Kostüm und dem allgemeinen »tenu« eine komische Gestalt erkennen, sind wir schon bereit zu lachen, noch bevor wir den Sinn ihrer Worte erfaßt haben. So gestaltet ist meistens die direkte Rede bei Gogol‘ und den Vertretern der sogenannten »natürlichen Schule«. In seinem ersten Werk hat Dostojevskij versucht, diesem vergegenständlichten fremden Wort seine Seele wiederzugeben.
Die Vorbereitung der fremden Rede und die Vorwegnahme ihres Themas, ihrer Wertungen und Akzente durch die Erzählung kann den Autorentext soweit subjektivieren und mit den Schattierungen des Helden färben, daß er selber wie »fremde Rede« zu klingen beginnt, alle Intonationen des Autors allerdings eingeschlossen. Die Führung der Erzählung ausschließlich in den Grenzen des Gesichtskreises des Helden (was Bally, wie wir gesehen haben, an Zola kritisierte), und zwar nicht nur in den Grenzen des räumlichen und zeitlichen, sondern auch des wertintonierenden Horizonts zu halten, schafft einen in hohem Grade eigentümlichen apperzeptiven Hintergrund für die fremde Äußerung. Dies gibt uns das Recht, von einer vorwegnehmenden und verstreuten fremden Rede zu sprechen, die in dem Kontext des Autors versteckt ist und gleichsam in der wirklichen direkten Äußerung des Helden durchbricht.
Diese Modifikation ist in der gegenwärtigen Prosa sehr verbreitet, besonders bei Andrej Belyj und den Schriftstellern, die unter seinem Einfluß stehen (vgl. z. B. Erenburg, »Nikolaj Kurbov«). Doch die klassischen Musterbeispiele muß man in den Werken Dostojevskijs der ersten und zweiten Periode suchen (in der letzten Periode ist diese Modifikatidn seltener anzutreffen). Wir konzentrieren uns auf die Analyse seiner Novelle »Skvernyj anekdot« [Eine dumme Geschichte].
Die ganze Erzählung könnte in Anführungszeichen stehen als die Erzählung des »Erzählers«, obgleich sie weder thematisch noch kompositorisch hervorgehoben ist. Doch auch im Inneren der Erzählung selbst könnten jedes Epithet, jede Definition und jede Wertung als dem Bewußtsein des einen oder anderen Helden ent-

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sprungene Erscheinungen in Anführungszeichen gesetzt werden.
Schreiben wir einen kurzen Abschnitt aus dem Anfang dieser Novelle heraus:
»An einem klaren und frostigen Winterabend - es ging übrigens schon auf zwölf zu - saßen drei außerordentlich ehrenwerte Herren in einem komfortabeln, ja man kann sagen, prächtig ausgestatteten Zimmer in einem wunderschönen zweistöckigen Haus auf der Petersburger Seite und waren in ein solides und vortreffliches Gespräch über ein ziemlich interessantes Thema vertieft. Alle drei hatten es schon bis zum General gebracht. Sie saßen um ein rundes Tischchen, jeder in einem wunderbaren, weichen Sessel und schlürften während des Gesprächs ruhig und komfortabel ihren Champagner*204.1*
Sehen wir von dem interessanten und komplizierten Spiel der Intonationen ab, müssen wir diesen Abschnitt stilistisch als in höchstem Grade schlecht und banal empfinden. In der Tat, in einer Beschreibung von acht Druckzeilen kommt zweimal das Epithet »wunderbar« und zweimal »komfortabel« vor. Und die anderen Epitheta: »prächtig«, »solide«, »vortrefflich«, »außerordentlich ehrenwert«!
Faßten wir dies als eine ernstgemeinte Beschreibung des Autors (wie bei Turgenjev oder Tolstoj) auf oder wenigstens als die Beschreibung eines Erzählers, eines einzigen Ich-Erzählers, müßten wir einen solchen Stil auf das allerstrengste verurteilen. Jedes dieser banalen, blassen, nichtssagenden Epitheta ist eine Arena, in der zwei Intonationen, zwei Standpunkte, zwei Reden miteinander kämpfen!
Doch hier noch einige Ausschnitte aus der Charakterisierung des Hausherrn, des Geheimen Rates Nikiforov:
»Zwei Worte über ihn: er begann seine Karriere als kleiner Beamter und zog sie fünfundvierzig Jahre so hin ... besonders zuwider waren ihm Unordnung und Begeisterung, er hielt sie für moralische Unordnung, und an seinem Lebensabend versenkte er sich in eine Art süßen und trägen Komfort und in eine systematische Einsamkeit ... Äußerlich war er außerordentlich anständig und

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glattrasiert, sah jünger aus als er war, wirkte gut erhalten, versprach, noch lange zu leben und war in höchstem Grade ein Gentleman. Er hatte einen sehr bequemen [komfortnoe] Posten: er saß irgendwo und unterschrieb irgendwas. Mit einem Wort, man hielt ihn für einen ganz vortrefflichen Menschen. Er hatte nur eine einzige Leidenschaft, oder besser gesagt, einen heißen Wunsch: nämlich, sein eigenes Haus zu haben, kein Mietshaus, sondern ein Herrenhaus. Sein Wunsch ging endlich in Erfüllung*205.1*
Jetzt ist uns klar, wo die banalen und eintönigen, aber in ihrer Banalität und Eintönigkeit konsequent eingesetzten Epitbeta des vorhergehenden Abschnitts herkommen. Sie stammen aus dem Generalsbewußtsein, das seinen Komfort genießt, sein Eigenheim, seine Position und seinen Rang, - aus dem Bewußtsein des hochgekommenen Geheimen Rates Nikiforov. Man könnte sie in Anführungszeichen setzen wie eine »fremde Rede«, die Rede Nikiforovs. Doch sie gehört nicht ihm allein. Denn die Erzählung führt der Erzähler, der gleichsam mit den »Generälen« solidarisch ist, vor denen er scharwenzelt, deren Meinung er in allem teilt und deren Sprache er spricht, - doch dabei übertreibt er alles und setzt damit provokativ alle ihre möglichen und wirklichen Äußerungen vollständig der Ironie und dem Spott des Autors aus. In jedem banalen Epitheton der Erzählung ironisiert der Autor durch das Medium des Erzählers seinen Helden und verspottet ihn. Dadurch wird in unserem Abschnitt ein kompliziertes, beim lauten Vorlesen fast unmöglich wiederzugebendes Spiel der Intonationen geschaffen.
Die weitere Erzählung verläuft ganz innerhalb des Horizonts Pralinskijs, des anderen Haupthelden. Sie ist mit Epitheta besät, mit den Wertungen des Helden, mit seiner verdeckten Rede; und vor diesem von der Ironie des Autors durchtränkten Hintergrund erhebt sich seine wirkliche, in Anführungszeichen gesetzte innere und äußere »direkte Rede«.
So gehört fast jedes Wort dieser Erzählung von seiner Expression, seinem emotionalen Ton und seiner Akzentposition her gleichzeitig zu zwei einander überschneidenden Texten, zu zwei Reden: zur (ironischen und spöttischen) Rede des Autors und Erzählers und zur Rede des Helden (dem nicht nach Ironie zumute

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ist). Aus dieser gleichzeitigen Zugehörigkeit zu zwei Redestilen, die in ihrer Expression verschieden gerichtet sind, erklären sich auch die Eigentümlichkeiten des Satzbaus, »Brüche in der Syntax« und die Besonderheiten des Stils. In den Grenzen nur einer dieser Reden wären die Sätze anders gebaut, und auch der Stil wäre anders. Vor uns haben wir einen klassischen Fall einer nahezu völlig unerforschten Erscheinung: der sprachlichen Interferenz.
Diese Erscheinung der sprachlichen Interferenz kann man in der russischen Sprache teilweise in der sprachanalytischen Modifikation der indirekten Rede antreffen, in den relativ seltenen Fällen, wo in den Grenzen der indirekten Rede nicht nur einzelne Wörter und Ausdrücke erhalten bleiben, sondern auch die expressive Konstruktion der fremden Äußerung. So war es in unserem vierten Beispiel, wo die Ausrufkonstruktion der direkten Äußerung - wenn auch abgeschwächt - in die indirekte Rede übergegangen war. Das Ergebnis war eine gewisse Divergenz zwischen der ruhigen, protokollierend-erzählenden Intonation der analytischen Wiedergabe durch den Autor und der lebhaften hysterischen Intonation der halbwahnsinnigen Heldin. Daher auch eine gewisse eigentümliche Verzerrung der syntaktischen Physiognomie dieses Satzes, der - indem er gleichzeitig zwei Redestilen angehört - gleichsam Diener zweier Herren ist. Doch kann die Erscheinung der sprachlichen Interferenz auf der Grundlage der indirekten Rede keinen einigermaßen klaren und beständigen Ausdruck finden.
Der wichtigste und syntaktisch am stärksten schablonisierte Fall (jedenfalls im Französischen) eines interferierenden Zusammenflusses zweier von der Intonation her verschieden gerichteter Reden ist die uneigentlich direkte Rede. In Anbetracht ihrer außerordentlichen Wichtigkeit widmen wir ihr das ganze folgende Kapitel. Dort werden wir auch die Geschichte dieser Frage in der Romanistik und Germanistik untersuchen. Der um die uneigentlich direkte Rede entstandene Streit und die darüber geäußerten Meinungen (besonders aus der Vossler-Schule) sind von großem methodologischen Interesse und werden von uns deshalb einer kritischen Analyse unterzogen. Hier aber, in den Grenzen dieses Kapitels, wollen wir noch einige Erscheinungen betrachten, die der uneigentlich direkten Rede verwandt sind und in der russischen Sprache offensichtlich als Boden für ihre Entstehung und Gestal-

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tung dienten.
Unser Interesse galt nur den zweideutigen, doppelgesichtigen Modifikationen der direkten Rede in ihrer malerischen Anwendungsweise, weswegen wir eine ihrer wichtigsten Modifikationen völlig unberührt ließen: die rhetorische direkte Rede.
Die soziologische Bedeutung dieser »überzeugenden« Modifikation und ihrer verschiedenen Variationen ist sehr groß. Doch wir können uns nicht mit ihnen beschäftigen. Wir befassen uns lediglich mit einigen die Rhetorik begleitenden Erscheinungen.
Es gibt ein gesellschaftliches Phänomen: die rhetorische Frage und den rhetorischen Ausruf. Für unseren Standpunkt sind einige hierzu zählende Fälle wegen ihrer Lokalisierung im Kontext interessant. Sie befinden sich gleichsam genau auf der Grenze zwischen Autorenrede und fremder Rede (gewöhnlich der inneren), gehen aber oft direkt in die eine oder andere Rede ein, d. h. man kann sie als Frage oder Ausruf des Autors interpretieren, doch gleichzeitig können sie als Fragen oder Ausrufe des Helden angesehen werden, die er an sich selbst richtet.
Hier ein Beispiel für eine Frage:
»Ho kto v sijanii luny, sredi glubokoj tisiny, idet, ukradkoju stupaja? Ocnulsja russkij. Pered nim, c privetom neznym i nemym, stoit cerkesenka mladaja. Ha devu molca smotrit on i myslit: eto lzivyj son, ustalych cuvstv igra pustaja*207.1
[»Doch wer kommt da im Mondschein, in der tiefen Stille, verstohlen herbei? Der Russe fährt auf. Vor ihm steht mit zärtlichem und stummem Gruß eine junge Tscherkessin. Auf das Mädchen blickt er schweigend und denkt: ist das ein trügerischer Traum, das eitle Spiel der müden Gefühle?«]
Die letzten (inneren) Worte des Helden antworten gleichsam auf die rhetorische Frage des Autors, aber auch diese kann als innersprachliche Frage des Helden selbst interpretiert werden.
Ein Beispiel für einen Ausruf:
»Vse, vse skazal uzasnyj zvuk; zatmilas' pered nim priroda. Prosti, svjascennaja svoboda! On rab!«*207.2
[»Alles, alles sagte der schreckliche Laut; die Natur verdunkelte sich vor ihm. Leb wohl, heilige Freiheit! Er ist Sklave!«]

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In der Prosa ist sehr weit verbreitet, daß die Frage: »Was sollte er tun?« Reflexionen des Helden oder die Erzählung seiner Taten einführt, wobei diese Frage sowohl eine Frage des Autors als auch eine des in eine schwierige Lage geratenen Helden ist.
Indessen herrscht in solchen und ähnlichen Fragen und Ausrufen ohne Zweifel die Aktivität des Autors vor, deswegen werden sie auch nie in Anführungszeichen gesetzt. Hier tritt der Autor selbst auf, doch im Namen des Helden und spricht für ihn.
Hier ist ein interessantes Beispiel dieser Art:
»Sklonjas' na kopja, kazaki gljadjat na temnyj beg reki, i mimo ich, vo mgle cerneja, plyvet oruzie zlodeja. 0 cem ty dumaes', kazak? Vospominaes' prezni bitvy . . . Prostite; vol'nye stanicy, i dom otcov, i tichij Don, vojna i krasnye devicy! K bregam pricalil tajnyj vrag, strela vychodit iz kolcana - vzvilas' - i padaet kazak s okrovavlennogo kurgana*208
[»Auf ihre Speere geneigt blicken die Kosaken auf den dunklen Lauf des Flusses, und an ihnen vorbei, schwarz in der Dämmerung, schwimmt die Waffe des Bösewichts ... Worüber denkst du nach, Kosak? Erinnerst du dich der vergangenen Schlachten ... Lebt wohl, freie Dörfer, Vaterhaus und stiller Don, Krieg und schöne Mädchen! Am Ufer legt der geheimnisvolle Feind an, ein Pfeil kommt aus dem Köcher, - fliegt auf - und der Kosak fällt vom blutgetränkten Hügel.«]
Hier kümmert sich der Autor um seinen Helden; er sagt an dessen Stelle das, was er sagen könnte oder müßte und was in der gegebenen Situation angebracht ist. Puskin verabschiedet sich für den Kosaken von seiner Heimat (was der Kosak selbst natürlich nicht machen kann).
Dieses Sprechen für einen anderen kommt schon der uneigentlich direkten Rede sehr nahe. Wir werden diesen Fall die vertretene direkte Rede nennen. Natürlich setzt eine solche Vertretung die gleichgerichtete Intonation sowohl der Autorenrede als auch der vertretenen (möglichen oder notwendigen) Rede des Helden voraus; deswegen kommt es hier zu keiner Interferenz.

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Besteht zwischen dem Autor und dem Helden innerhalb eines rhetorisch aufgebauten Kontextes volle Solidarität in der Wertung und in den Intonationen, so können die Rhetorik des Autors und die des Helden sich manchmal decken; ihre Stimmen klingen zusammen, und es kommen lange Passagen, die gleichzeitig der Erzählung des Autors und der inneren (oder manchmal sogar äußeren) Rede des Helden angehören. Ein Phänomen kommt zustande, das man von der uneigentlich direkten Rede fast nicht unterscheiden kann; es fehlt nur die Interferenz. Auf dem Boden der Byronschen Rhetorik des jungen Puskin hat sich auch (offensichtlich zum ersten Mal) die uneigentlich direkte Rede gestaltet. In dem »Gefangenen vom Kaukasus« ist der Autor mit seinem Helden in allen Wertungen und Intonationen solidarisch. Die Erzählung ist mit der Sprache des Helden getönt, die Reden des Helden mit der Sprache des Autors. Und hier finden wir folgenden Fall:
»Tam cholmov tjanutsja grjadoj odnoobraznye versiny; mez nich uedinennyj put' v dali terjaetsja ugrjumoj ... i plennika mladoga grud' tjazelo; volnovlas' dumoj ... V Rossiju dal‘nij put vedet, v stranu, gde plammenuju mladost' on gordo nadal bez zabot; gde pervuju poznal on radoct', gde mnogo milogo ljubil, gde obnjal groznoe stradan'e, gde burnoj ziznju pogubil nadezdu, radost' i zelan'e... Ljudej i svet izvedal on, i znal nevernoj zizni cenu. V serdcach ljudej nasel izmenu, v mectach ljubvi bezumnyj son ... Svoboda! ... On odnoj tebja esce iskal v podlunnom mire ... sversilos' ... Cel'ju upovan'ja ne zrit on v mire nicego. I vy, poslednie mectan'ja i vy cokrylis' ot nego. On rab*209
[»Dort erstrecken sich eintönig die Höhen der Hügelketten; zwischen ihnen verschwindet ein einsamer Pfad in der drohenden Weite ... und die junge Brust des Gefangenen ist von schweren Gedanken erregt ... Nach Rußland führt der weite Weg, in das Land, wo seine feurige Jugend stolz ohne Sorgen begann; wo er die erste Freude kennenlernte, wo er viel Vertrautes liebte, wo grausames Leiden ihn umfing und wo er durch sein stürmisches Leben Hoffnung, Freude und Wünsche zerstört hatte ... Er hatte Menschen und Welt erfahren und kannte den Preis des unsicheren Lebens. In den Herzen der Menschen fand er Verrat, in den Lie-

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hesträumen Wahnsinn ... Freiheit! Dich allein suchte er in der sublunaren Welt ... es erfüllte sich ... Zu nichts in der Welt hat er Vertrauen. Und ihr, ihr letzten Wunschträume, auch ihr habt euch von ihm abgewandt. Er ist ein Sklave.«]
Hier sind die »schweren Gedanken« des Gefangenen selbst wiedergegeben. Es ist seine Rede, doch formal spricht der Autor seine Worte aus. Ersetzen wir überall das Personalpronomen »er« durch »ich« und ändern wir entsprechend die Endungen des Verbs, so entstehen keine Ungereimtheiten oder Unstimmigkeiten, weder stilistischer, noch anderer Art. Charakteristisch sind die Wendungen in der zweiten Person (an die Freiheit oder an die Wunschträume), die die Identifikation des Autors mit dem Helden noch stärker unterstreichen. Stilistisch und ihrem Sinn nach unterscheidet sich die Rede des Helden in nichts von einer rhetorischen direkten Rede, wie sie im zweiten Teil des Poems vorkommt:
»Zabud' menja: tvojej ljubvi, tvoich vostorgov ja ne stoju ... Bez upoen'ja, bez zelanij, ja vjanu zertvoju strastej ... Zacem ne prezde javilas' ty moim ocam, v te dni, kak veril ja nadezde i opoitel'nym mectam! No pozdno! Umer ja dlja scast'ja, nadezdy prizrak uletel ...«*210
[»Vergiß mich: deiner Liebe, deines Entzückens, bin ich nicht wert ... Ohne Begeisterung, ohne Wünsche, welke ich als ein Opfer der Leidenschaften ... Warum bist du meinen Augen nicht früher erschienen, in den Tagen als ich noch der Hoffnung und den berauschenden Wunschträumen glaubte! Doch zu spät! Für das Glück bin ich gestorben, der Schein der Hoffnung ist hinweggeflogen ...«]
Alle, die bisher über die uneigentlich direkte Rede geschrieben haben, würden in unserem Beispiel (vielleicht mit Ausnahme von Bally) ein makelloses Muster sehen.
Wir indessen sind geneigt, den gegebenen Fall der vertretenen Rede zuzurechnen. Tatsächlich fehlt nur ein kleiner Schritt, um sie in eine uneigentlich direkte Rede zu verwandeln. Und Puskin hat diesen Schritt gemacht, als er sich von seinen Helden distanzierte und ihnen einen objektiveren Autorenkontext mit seinen Wertungen und Intonationen entgegenstellte. Hier jedoch, in dem von uns angeführten Beispiel, fehlt es an der Interferenz zwischen

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der Autorenrede und der fremden Rede, und folglich fehlen auch die dadurch entstehenden grammatischen und stilistischen Merkmale, welche die uneigentlich direkte Rede zum Unterschied von dem sie umgebenden Autorenkontext charakterisieren. Denn in unserem Fall erkennen wir die Rede des »Gefangenen« an rein sinngemäßen Hinweisen. Wir fühlen hier keinen Zusammenfluß von zwei verschiedengerichteten Reden, nicht die Elastizität des Widerstandes der fremden Rede hinter der Wiedergabe durch den Autor.
Um endlich zu zeigen, was die uneigentlich direkte Rede wirklich ist, führen wir das großartige Beispiel aus Puskins »Poltawa« an. Mit ihm beschließen wir auch dieses Kapitel:
»No predpriimcevuju zlobu on (Kocubej) krepko v serdce zatail. V bessil'noj goresti, ko grobu teper' on mysli ustremil. On zla Mazepe ne zelaet - vsemu vinovna doc' odna. No on i doceri proscaet: pust' bogu dast otvet ona, pokryv sem'ju svoju pozorom, zabyv i nebo i zakon ... A mezdy tem orlinym vzorom v krugu domasnem iscet on sebe tovarscej otvaznych, nekolebimych, neprodaznych ...«
[»Doch seinen gärenden Haß verschloß er (Kocubej) fest in seinem Herzen. In ohnmächtigem Kummer richtete er seine Gedanken auf das Grab. Er wünscht Mazepa nichts Böses - seine Tochter ist an allem schuld. Doch er verzeiht auch der Tochter: soll sie sich vor Gott verantworten, nachdem sie ihre Familie mit Schande bedeckt und Himmel und Gesetz vergessen hatte ... Doch dabei sucht er mit Adlerblicken in seinem häuslichen Kreis für sich unerschrockene, entschlossene und treue Kampfgefährten ...«]

1.4. Die uneigentlich direkte Rede in der französischen, deutschen und russischen Sprache

Für die Erscheinung der uneigentlich direkten Rede in der französischen und deutschen Sprache wurden von den verschiedenen Autoren unterschiedliche terminologische Bezeichnungen vorgeschlagen. Eigentlich war es so, daß jeder, der über dieses Thema schrieb, seine eigene Terminologie vorschlug. Wir benutzen immer den Terminus von Gertrud Lerch »die uneigentlich direkte Rede«, weil er der neutralste ist und am wenigsten Theorie in sich einschließt. Auf die russische und deutsche Sprache kann man diesen Terminus einwandfrei anwenden. Nur in bezug auf das Französische könnte er einige Zweifel hervorrufen.
Hier sind einige Beispiele für die uneigentlich direkte Rede im Französischen:
  1. Il protesta: »Son père la haissait« In der direkten Rede würde der Satz lauten:
    Il protesta et s'écria: »Mon père te hait!«
    In der indirekten:
    Il protesta et s'écria que son père la haissait.
    In der uneigentlich direkten:
    Il protesta: »Son père, s'ecria-t-il, la haissait.«
    (Dieses Beispiel aus Balzac ist von G. Lerch entlehnt).
  2. Tout le jour il avait l'oeil au guet, et la nuit, si quelque chat faisait du bruit, le chat prenait l‘argent (La Fontaine).
  3. En vain il (le colonel) parla de la souvagerie du pays et de la difficulté pur une femme d'y voyager: elle (Miss Lydia) ne craignait rien; elle aimait par-dessus tout à voyager à cheval; elle se faisait une fête de coucher au bivac; elle menacait d'aller en Asie-Mineure. Bref, elle avait réponse a tout, car jamais Anglaise n'avait été en Corse; donc elfe devait y aller (Prosper Merimée, »Colomba«).
  4. Resté seul dans l‘embrasure de la fenêtre, le cardinal se tint immobile, un instant encore . . . Et ses bras fremissant se tendirent, en un geste d‘imploration: »0 Dieu! puisque ce medecin s‘en allait ainsi, heureux de sauver l‘embarras de son impuissance, o Dieu que ne faisiez-vous un miracle pour montrer l'éclat de votre pouvoir sans bornes! Un miracle, un miracle! II le deman-

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    dait du fond de son âme dc croyant (Zola, »Rome«). (Die beiden letzten Beispiele werden von Kalepky, Bally und Lorck angeführt und diskutiert.)
Auf das Phänomen der uneigentlich direkten Rede als einer besonderen Form der Wiedergabe der fremden Äußerung neben der direkten und indirekten wurde zum ersten Mal von Tobler im Jahre 1887 hingewiesen (in »Zeitschrift für romanische Philologie«, Bd. XI, S. 437).
Er definierte diese Erscheinung als eine »eigentümliche Mischung direkter und indirekter Rede«. Aus der direkten Rede nimmt diese gemischte Form den Ton und die Reihenfolge der Wörter, von der indirekten die Zeiten und die Personalendungen der Verben.
Man kann diese Definition - betrachtet man sie als rein deskriptiv - akzeptieren. In der Tat, vom Standpunkt einer oberflächlichen vergleichenden Beschreibung wird auf die entsprechenden Unterschiede und Ähnlichkeiten dieser Form mit der direkten und indirekten Rede von Tobler richtig hingewiesen.
Doch ist das Wort »Mischung« in dieser Definition völlig unannehmbar, da es eine genetische Erklärung mit einschließt - »sie entstand aus einer Mischung«, was kaum bewiesen werden kann. Doch sogar rein deskriptiv ist sie nicht wahr, denn wir haben keine bloß mechanische Mischung oder arithmetische Zusammenlegung von zwei Formen vor uns, sondern eine völlig neue positive Tendenz der aktiven Wahrnehmung der fremden Äußerung, eine besondere Richtung in der Dynamik der Interaktion von Autorenrede und fremder Rede. Tobler jedoch bemerkt diese Dynamik nicht, da er nur die abstrakten Merkmale des Musters konstatiert.
Das wäre die Definition Toblers. Doch wie erklärt er die Entstehung unserer Form?
Der Sprechende, der von vergangenen Ereignissen berichtet, führt die Äußerung des anderen in einer selbständigen Form an, so wie sie in der Vergangenheit geklungen hat. Dabei verwandelt der Sprechende das Präsens der wirklichen Äußerung ins Imperfekt, um zu zeigen, daß die Äußerung in der gleichen Zeit lag wie die Ereignisse, die er wiedergibt. Dann nimmt er noch andere Veränderungen (der Personalendungen des Verbs, der Pronomina) vor, damit die anderen nicht glauben, daß die Äußerung vom Erzähler selbst stammt.
Diese Erklärung Toblers basiert auf einem falschen, doch in der

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alten Linguistik weitverbreiteten Schema: wie der Sprechende sie beurteilen und motivieren würde, wenn er bewußt und auf eigene Gefahr diese neue Form eingeführt hätte.
Doch sogar wenn man ein solches Erklärungsscherna akzeptiert, erscheinen die Motive des Toblerschen »Sprechenden« nicht ganz klar und überzeugend: wenn er die Selbständigkeit der Äußerung erhalten will, wenn er sie in der Form konservieren will, wie sie früher wirklich geklungen hat, wäre es dann nicht besser, sie in der direkten Rede wiederzugeben? An ihrem Bezug zur Vergangenheit, an ihrer Zugehörigkeit zum Helden und nicht zum Erzähler beständen keine Zweifel. Oder, wenn man schon das Imperfekt und die dritte Person benutzt, wäre es dann nicht einfacher, die indirekte Rede zu benutzen? Denn das Wesentliche unserer Form die völlig neue Wechselbeziehung von Autorenrede und fremder Rede, gerade sie ist in den Toblerschen Motiven nicht berücksichtigt. Er hat lediglich zwei alte Formen vor sich, aus denen er eine neue zusammenkleistern will.
Wir meinen, daß man aus den Motiven des Sprechenden nach dem angeführten Schema bestenfalls den Gebrauch einer schon fertigen Form in dem einen oder anderen konkreten Fall erklären kann, doch keinesfalls kann man so die Bildung einer neuen Form in der Sprache erklären. Die individuellen Motive und Absichten des Sprechenden können sich einerseits bewußt nur in den Grenzen der vorhandenen grammatischen Möglichkeiten und andererseits innerhalb der Bedingungen der sprachlich-gesellschaftlichen Kommunikation, die in der gegebenen Gruppe herrschen, entwickeln. Diese Möglichkeiten und diese Bedingungen sind gegeben und umreißen den Sprachhorizont des Sprechenden. Diesen Horizont auszuschalten, liegt nicht in den Kräften des Individuums.
Welche Absichten der Sprechende auch immer verfolgte, welche Fehler er beginge, wie immer er auch die Formen analysierte, vermischte oder kombinierte, weder kann er ein neues grammatisches Sprachmuster schaffen, noch eine neue Tendenz der sprachlich-gesellschaftlichen Kommunikation. Nur das wird in den subjektiven Absichten des Sprechenden einen schöpferischen Charakter annehmen, was auf dem Weg der sich bildenden und formenden Tendenzen der sozialen sprachlichen Interaktion der Sprechenden liegt, und auch diese Tendenzen verändern sich in Abhängigkeit von den sozioökonomischen Faktoren. Damit jenes dem Wesen nach neue Gefühl für das fremde Wort, das seinen Ausdruck in

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der uneigentlich direkten Rede gefunden hat, sich formen kann, muß irgendeine Veränderung vor sich gehen, irgendeine Verschiebung innerhalb der sozialen sprachlichen Kommunikation und gegenseitigen Orientierung der Äußerungen. Indem sie sich bildet, beginnt diese Form auch in jenen Kreis sprachlicher Möglichkeiten einzudringen, in dem allein die individuellen sprachlichen Absichten der Sprechenden bestimmt, motiviert und produktiv verwirklicht werden können.
Der nächste, der über die uneigentlich direkte Rede schrieb, war Th. Kalepky*215.1 . Er erkannte die uneigentlich direkte Rede als die völlig selbständige dritte Form der Wiedergabe der fremden Rede an und definierte sie als verdeckte oder verschleierte Rede. Der stilistische Sinn dieser Form besteht in der Notwendigkeit, zu erraten, wer spricht. In der Tat: vom abstrakt-grammatischen Standpunkt her gesehen spricht der Autor, vom Standpunkt des wirklichen Sinns des ganzen Kontextes her gesehen, der Held.
In einer Analyse macht Kalepky ohne Zweifel einen Schritt nach vorn, was die Untersuchung unserer Frage betrifft. Anstatt mechanisch die abstrakten Merkmale von zwei Mustern zusammenzulegen, versucht er, die neue positive stilistische Richtung dieser Form zu ertasten. Kalepky hat auch die Doppelsinnigkeit der uneigentlich direkten Rede richtig verstanden. Indessen hat er diese Doppelsinnigkeit falsch definiert. Man kann mit Kalepky keinesfalls darin übereinstimmen, daß wir eine maskierte Rede vor uns haben und daß der Sinn dieses Kunstgriffs darin besteht, den Sprechenden zu erraten. Denn niemand beginnt den Prozeß des Verstehens mit abstrakt-grammatischen Überlegungen, deswegen ist auch jedem von Anfang an klar, daß dem Sinne nach der Held spricht. Schwierigkeiten sieht da nur der Grammatiker. Außerdem gibt es in unserer Form kein »Entweder-oder-Dilemma«, sondern ihr Spezifikum besteht gerade darin, daß sowohl der Autor, als auch der Held aus ihr sprechen, daß hier, innerhalb der Grenzen einer sprachlichen Konstruktion, die Akzente von zwei verschiedengerichteten Stimmen bewahrt werden. Wir haben gesehen, daß die Erscheinung der wirklich verdeckten fremden Rede in der Sprache existiert. Wir haben gesehen, wie die verborgene Wirkung

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dieser im Autorentext versteckten fremden Rede darin eigentümliche grammatische und stilistische Erscheinungen hervorruft. Doch dies ist eine andere Modifikation der »fremden Rede«. Die uneigentlich direkte Rede ist unverkennbar, wenn auch doppelgesichtig wie Janus.
Der größte methodologische Mangel Kalepkys besteht darin, daß er unser sprachliches Phänomen in den Grenzen des individuellen Bewußtseins interpretiert und nach seinen psychischen Wurzeln und subjektiv-ästhetischen Wirkungen sucht. Auf die prinzipielle Kritik an diesem Ansatz werden wir bei der Untersuchung der Ansichten der Vosslerianer zurückkommen (Lorck, E. Lerch und G. Lerch).
Im Jahre 1912 hat sich Bally zu unserem Problem geäußert*216.1 . 1914 antwortete er erneut auf die Polemik Kalepkys mit dem prinzipiellen Aufsatz »Figures de pensée et formes linguistiques*216.2
Das Wesentliche der Anschauungen Ballys läßt sich auf folgendes zurückführen: Er hält die uneigentlich direkte Rede für eine neue, späte Variante der klassischen Form der indirekten Rede. Sie ist seiner Meinung nach folgendermaßen entstanden: il disait, qu‘il était malade > il disait: il était malade > il était malade (disait-il)*216.3 . Der Wegfall der Konjunktion »que« wird mit der neuesten Tendenz der Sprache erklärt, die parataktische Satzkombination der hypotaktischen vorzuziehen. Weiter weist Bally darauf hin, daß diese Variante der indirekten Rede, die er entsprechend style indirect libre nennt, keine erstarrte Form ist, sondern sich in Bewegung befindet und der direkten Rede als ihrer Grenze zustrebt. In sehr expressiven Fällen kann es ziemlich schwer werden zu bestimmen, wo der »style indirect libre« aufhört und der »style direct« anfängt. Für einen solchen Fall hält er übrigens den von uns als viertes Beispiel angeführten Abschnitt aus Zola. In der Hinwendung des Kardinals zu Gott: »0 Dieu, que ne faisiez vous un miracle« steht eben gleichzeitig neben dem Merkmal der indirekten Rede (dem Imperfekt) die zweite Person wie in der direkten Rede. Als analoge Form zum style indirect libre sieht Bally im

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Deutschen die indirekte Rede des zweiten Typs an (mit dem Wegfall der Konjunktion und der Wortfolge wie in der direkten Rede).
Bally unterscheidet streng zwischen linguistischen Formen (»formes linguistique«) und Denkfiguren (»figures de pensée«). Unter den letzteren versteht er die Arten des Ausdrucks, die von der Sprache her gesehen nicht logisch sind und in denen die normale Wechselbeziehung zwischen dem linguistischen Zeichen und seiner gewöhnlichen Bedeutung zerstört wird. Die Denkfiguren kann man nicht als linguistische Phänomene im strengen Sinne dieses Wortes ansehen: denn es gibt keine genauen und beständigen Merkmale, die sie ausdrücken würden. Umgekehrt, die entsprechenden linguistischen Merkmale bedeuten in der Sprache gerade das nicht, was durch die Denkfiguren in sie hineingelegt wird. Zu diesen Figuren zählt Bally auch die uneigentlich direkte Rede in ihren reinen Ausprägungen. Denn vom streng grammatischen Standpunkt ist sie die Rede des Autors, vom Sinn. her die des Heiden. Aber dieses »vom Sinn her« wird durch kein besonderes linguistisches Zeichen repräsentiert. Wir haben folglich ein nicht linguistisches Phänomen vor uns.
Das war in wesentlichen Zügen die Konzeption Ballys. Dieser Linguist ist gegenwärtig der bedeutendste Vertreter des abstrakten Objektivismus in der Linguistik. Bally vergegenständlicht die mit Hilfe der Abstraktion aus den konkreten Redeakten (der aus dem Leben gegriffenen, praktischen, der literarischen, wissenschaftlichen usw.) gewonnenen Sprachformen und verleiht ihnen Leben. Diese Abstraktion vollzieht sich, wie wir bereits gezeigt haben, mit dem Ziel, eine fremde tote Sprache zu dechiffrieren und sie praktisch zu erlernen. Und da erfüllt Bally diese sprachlichen Abstraktionen mit Leben und setzt sie in Bewegung: die Modifikation der indirekten Rede beginnt, dem Muster der direkten Rede zuzustreben, und auf dem Wege dahin bildet sich die uneigenthich direkte Rede. Dem Wegfall der Konjunktion »que« und des die Rede einführenden Verbs wird bei der Bildung der neuen Form eine schöpferische Rolle zugeschrieben. In Wirklichkeit gibt es in dem abstrakten Sprachsystem mit Ballys formes linguistiques keine Bewegung, kein Leben und keine Ereignisse. Das Leben beginnt erst dort, wo die Äußerung der Äußerung begegnet, d. h. dort, wo die sprachliche Interaktion - wenn auch nicht unmittelbar von »Ange-

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sicht zu Angesicht«, sondern literarisch vermittelt - beginnt*218.1 .
Nicht die abstrakte Form strebt zur Form, sondern die gegenseitige Orientierung zweier Äußerungen ändert sich auf der Grundlage der veränderten aktiven Wahrnehmung durch das Sprachbewußtsein der »sprechenden Persönlichkeit«, ihrer sinngemäßen ideologischen Selbständigkeit und ihrer sprachlichen Individualität. Der Wegfall der Konjunktion »que« bringt nicht zwei abstrakte Formen zusammen, sondern zwei Äußerungen in ihrer Bedeutungsganzheit: es ist so, als ob der Damm bricht und die Intonationen des Autors sich frei in die fremde Rede ergießen.
Das Ergebnis dieses vergegenständlichenden Objektivismus ist der Bruch zwischen den linguistischen Formen und den Denkfiguren, zwischen »langue« und »parole«. Genau genommen existieren solche linguistischen Formen, wie Bally sie versteht, nur in Grammatiken und Wörterbüchern (wo ihre Existenz natürlich völlig am Platze ist), doch in der lebendigen Realität der Sprache sind sie tief in das vom abstrakt grammatischen Standpunkt irrationale Element der »figures de pensée« versenkt.
Bally hat auch dort unrecht, wo er eine Analogie zwischen der französischen uneigentlich direkten Rede und der deutschen indirekten Konstruktion des zweiten Typs feststellt*218.2 . Dieser Fehher ist für ihn außerordentlich kennzeichnend. Vom abstrakt gramnmatischen Gesichtspunkt ist Ballys Analogie unangreifbar, doch vom Gesichtspunkt der sozialsprachlichen Tendenz hält dieser Vergleich der Kritik nicht stand. Denn die gleiche sozialsprachliche Tendenz (die von den gleichen sozioökonomischen Bedingungen bestimmt wird) kann in den verschiedenen Sprachen und in Abhängigkeit von ihren grammatischen Strukturen sich in den verschiedensten äußeren Merkmalen manifestieren. In der einen oder anderen Sprache beginnt sich gerade das Muster in einer bestimmten Richtung zu modifizieren, das sich in dieser Beziehung als am flexibelsten erweist. Im Französischen war es das Muster der indirekten Rede, im Deutschen und Russischen das Muster der direkten.

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Wir gehen jetzt zur Untersuchung des Standpunktes' der Vosslerianer über. Diese Linguisten übertragen die Dominanz aus der Grammatik in die Stilistik und Psychologie, aus den »linguistischen Formen« in die »Denkfiguren«. Die Meinungsverschiedenheit zwischen ihnen und Bally ist, wie wir bereits wissen, prinzipieller Natur. Lorck stellt in seiner Kritik an den Anschauungen des Genfer Linguisten, indem er die Humboldtsche Terminologie benutzt, dessen Auffassung der Sprache als regon seine eigene Auffassung der Sprache als energeia entgegen. Die Grundsätze des individualistischen Subjektivismus sind, was diese eine Frage betrifft, dem Standpunkt Ballys direkt entgegengesetzt. In der Arena der uneigentlich direkten Rede treten als erklärende Faktoren auf: der Affekt in der Sprache, die Phantasie, das Einfühlungsvermögen, der sprachliche Geschmack usw.
Doch bevor wir uns der Analyse ihrer Anschauungen zuwenden, wollen wir drei Beispiele für die uneigentlich direkte Rede im Deutschen anführen:
  1. »Der Konsul ging, die Hände auf dem Rücken, umher und bewegte nervös die Schultern. Er hatte keine Zeit. Er war bei Gott überhäuft. Sie sollte sich gedulden und sich gefälligst noch fünfzigmal besinnen!«*219.1
  2. »Herrn Gosch ging es schlecht; mit einer großen schönen Armbewegung wies er die Annahme zurück, er könne zu den Glücklichen gehören. Das beschwerliche Greisenalter nahte heran, es war da, wie gesagt, seine Grube war geschaufelt. Er konnte abends kaum noch sein Glas Grog zum Munde führen, ohne die Hälfte zu verschütten, so machte der Teufel seinen Arm zittern. Da nutzte kein Fluchen ... Der Wille triumphierte nicht mehr«*219.1 .
  3. »Nun kreuzte Doktor Mantelsack im Stehen die Beine und blätterte in seinem Notizbuch. Hanno Buddenbrook saß vornübergebeugt und rang unter dem Tisch die Hände. Das B, der Buchstabe B war an der Reihe! Gleich würde sein Name ertönen, und er würde aufstehen und nicht eine Zeile wissen, und es würde einen Skandal geben, eine laute, schreckliche Katastrophe, so guter Laune der Ordinarius auch sein mochte... Die Sekunden dehnten sich martervoll. 'Buddenbrook'... jetzt sagt
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    er 'Buddenbrook'...
    »Edgar«, sagte Doktor Mantelsack ...*220.1

Aus diesen Beispielen wird klar, daß die uneigentlich direkte Rede im Deutschen dem Russischen grammatisch völlig gleich ist.
Im gleichen Jahr (1914) äußerte sich auch Eugen Lerch zur uneigentlich direkten Rede*220.2 . Er definiert sie als »Rede als Tatsache. Die fremde Rede wird so wiedergegeben, als sei ihr Inhalt eine Tatsache, der vom Autor selbst mitgeteilt wird. Beim Vergleich der direkten, indirekten und uneigentlich direkten Rede vom Standpunkt der Realität, die ihren Inhalt ausmacht, kommt Lerch zu dem Schluß, daß die uneigentlich direkte Rede am realsten ist. Stilistisch gibt er ihr vor der indirekten Rede wegen ihrer größeren Lebendigkeit und Konkretheit den Vorzug. Dies wäre die Definition Lerchs.
Eine ausführliche Untersuchung der uneigentlich direkten Rede stammt von E. Lorck. Das 1921 erschienene kleine Buch mit dem Titel »Die erlebte Rede« ist Vossler gewidmet. Lorck beschäftigt sich dort auch ausführlich mit der Geschichte unserer Frage.
Die uneigentlich direkte Rede definiert Lorck als »erlebte Rede« zum Unterschied von der direkten, die er »gesprochene Rede« und der indirekten, die er »berichtete Rede« nennt.
Lorch erläutert seine Definition folgendermaßen:
Nehmen wir an, Faust spricht auf der Bühne seinen Monolog »Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei... durchaus studiert mit heißem Bemüh‘n«... Das, was der Held in der ersten Person ausspricht, erlebt der Zuschauer in der dritten: »Faust hat nun, ach! Philosophie«... und diese Umstellung vollzieht sich im Inneren des Wahrnehmungserlebnisses selbst und nähert die erlebte Rede stilistisch der Erzählung an.
Will der Zuschauer jetzt einem zweiten oder dritten die von ihm gehörte und erlebte Rede Fausts wiedergeben, wird er sie entweder wörtlich in der direkten Form aussprechen »Habe nun, ach! Philosophie«... oder in der indirekten »Faust sagte, daß er leider...« bzw. »Er hat leider ...« Will er aber für sich selber, an seiner

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Stelle den lebendigen Eindruck der erlebten Szene hervorrufen, so wird er sich erinnern: »Faust hat nun, ach! Philosophie ...« oder, da es sich um Eindrücke aus der Vergangenheit handelt: »Faust hatte nun, ach...«
Die uneigentlich direkte Rede ist also, nach Lorck, die Form der unmittelbaren Darstellung des Erlebnisses und des lebendigen Eindrucks einer fremden Rede, was sie wenig geeignet für die Wiedergabe an einen zweiten oder dritten macht. Bei einer solchen Wiedergabe geht der Mitteilungscharakter verloren und es scheint, daß der Mensch zu sich selbst spricht oder Halluzinationen hat. Es ist daher verständlich, daß sie in der Umgangssprache nicht gebraucht wird und nur der künstlerischen Darstellung dient. Hier aber ist ihre stilistische Bedeutung enorm.
In der Tat erscheinen dem Künstler während seines Schaffensprozesses die Bilder seiner Phantasien als Realität; er sieht sie nicht nur, sondern hört sie auch. Er zwingt sie nicht zum Reden (wie in der direkten Rede), sondern er hört sie reden. Und dieser lebendige Eindruck dieser gleichsam im Traum vernommenen Stimmen kann unmittelbar nur in der Form der uneigentlich direkten Rede ausgedrückt werden. Sie ist die Form der Phantasie selbst. Deswegen erklang sie auch zuerst im Märchenreich La Fontaines, deswegen ist sie auch das bevorzugte Verfahren solcher Künstler wie Balzac und besonders Flaubert, die imstande sind, sich vollkommen in der von ihrer Phantasie geschaffenen Welt zu versenken und zu vergessen.
Der Künstler, der diese Form benutzt, wendet sich auch nur an die Phantasie des Lesers. Er ist nicht bestrebt, mit ihrer Hilfe irgendwelche Fakten oder Denkinhalte mitzuteilen, er will nur seine Eindrücke unmittelbar wiedergeben und in der Seele des Lesers lebendige Bilder und Vorstellungen evozieren. Er wendet sich nicht an den Verstand, sondern an die Vorstellungskraft. Nur vom Standpunkt der erwägenden und analysierenden Vernunft spricht der Autor in der uneigentlich direkten Rede, für die lebendige Phantasie spricht der Held. Die Phantasie ist die Mutter dieser Form.
Lorcks wesentliche Idee, die er auch in seinen anderen Arbeiten entwickelt*221.1 , basiert darauf, daß die schöpferische Rolle in der

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Sprache nicht der Vernunft zukommt, sondern gerade der Phantasie. Nur die bereits geschaffenen, fertigen, erstarrten und von ihrer lebendigen Seele verlassenen Phantasieformen stellen sich der Vernunft zur Verfügung. Die Vernunft selbst schafft nichts.
Die Sprache ist, laut Lorck, kein fertiges Sein regon, sondern ewiges Werden und lebendiges Geschehen energeia, sie ist weder Mittel noch Instrument zur Erreichung fremder Ziele, sondern ein lebendiger Organismus, der sein Ziel in sich selbst hat und in sich selbst verwirklicht. Und diese schöpferische Selbstgenügsamkeit der Sprache verwirklicht sich durch die sprachliche Phantasie. Die Phantasie fühlt sich in der Sprache wie in ihrem vertrauten Lebenselement. Die Sprache ist für die Phantasie nicht Mittel, sondern ihr Fleisch und Blut. Die Phantasie befriedigt sich durch das Spiel der Sprache um ihrer selbst willen. Ein solcher Autor wie Bally nähert sich der Sprache vom Standpunkt der Vernunft und ist deswegen nicht in der Lage, jene Formen zu verstehen, die in ihr noch lebendig sind, in denen noch das Werden pulsiert und die noch nicht zum Mittel für die Vernunft geworden sind. Deswegen verstand Bally auch die Eigentümlichkeit der uneigentlich direkten Rede nicht und schloß sie - da er in ihr keine logische Eindeutigkeit finden konnte - aus der Sprache aus.
Vom Gesichtspunkt der Phantasie aus betrachtet versucht Lorck die Form des Imparfait in der uneigentlich direkten Rede zu verstehen und zu interpretieren. Lorck unterscheidet zwischen »Défini-Denkakten« und »Imparfait-Denkakten«. Diese Akte unterscheiden sich nicht durch ihren Bedeutungsinhalt, sondern durch die Form ihrer Verwirklichung selbst. Beim Défini richtet sich unser Bild nach außen, in die Welt der gedachten Dinge und Inhalte, beim Imparfait nach innen, in die Welt der werdenden und sich formenden Gedanken.
»Défini-Denkakte« haben einen faktisch-konstatierenden Charakter, »Imparfait-Denkakte« einen erlebenden, eindrucksvollen. In ihnen stellt die Phantasie selbst die lebendige Vergangenheit wieder her.
Lorck analysiert folgendes Beispiel:
»L‘Irlande poussa un grand cri de soulagement, mais la Chambre des Lords, six jours plus tard, repoussait le bill: Gladstone tombait*222.1
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Ersetzte man, sagt Lorch, die beiden Imparfait-Formen durch das Défini, so würde man den Unterschied sehr deutlich spüren: Gladstone tombait - ist sinnlich getönt; Gladstone tomba - klingt wie eine trockene amtliche Benachrichtigung. Im ersten Fall kreist der Gedanke gleichsam zögernd über seinem Gegenstand und sich selbst. Das, was hier das Bewußtsein erfüllt, ist nicht die Vorstellung vom Fall Gladstones, sondern das Gefühl für die Wichtigkeit des Ereignisses. Um »la Chambre des Lords repoussait le bill« steht die Sache anders. Hier vollzieht sich gleichsam die erregende Vorwegnahme der Folgen des Ereignisses: das Imparfait in repoussait drückt gespannte Erwartung aus. Es genügt, den ganzen Satz laut vorzulesen, um diese Besonderheiten in der psychischen Einstellung des Sprechenden zu erfassen. Die letzte Silbe von repoussait wird hoch ausgesprochen, wodurch sich Spannung und Erwartung ausdrücken. Seine Lösung und gleichsam seine Beruhigung bekommt diese Spannung in der Passage »Gladstone tombait«. In beiden Fällen ist das Imparfait von Gefühl und Phantasie durchdrungen; es konstatiert nicht so sehr, als daß es zögernd erlebt und die zu bezeichnende Handlung wiedererstehen läßt. Darin liegt auch die Bedeutung des Imparfaits für die uneigentlich direkte Rede. In der durch diese Form geschaffenen Atmosphäre wäre das Défini unmöglich.
Das wäre die Konzeption Lorcks. Er selbst bezeichnet seine Analyse als Untersuchung im Bereich der Sprachseele. Dieses »Gebiet der Sprachseelenforschung« wurde nach seinen Worten zuerst von Karl Vossler eröffnet. Auch Lorck tritt in seiner Arbeit in Vosslers Fußstapfen.
Lorck behandelt die Frage im statischen, psychologischen Schnitt. In ihrer 1922 erschienenen Arbeit versucht Gertraud Lerch auf der Grundlage der Vosslerschen Lehre für unsere Form eine breite historische Perspektive aufzuzeigen. In ihrer Arbeit finden sich eine Reihe von in höchstem Grade wertvollen Beobachtungen; deswegen wollen wir uns damit eis bißchen ausführlicher befassen.
Die Rolle, die in der Konzeption Lorcks die Phantasie spielte, spielt in der Konzeption von Gertraud Lerch die Einfühlung. Gerade sie findet in der uneigendich direkten Rede ihren adäquaten Ausdruck. Den Formen der direkten und indirekten Rede wird ein einführendes Verb vorangestellt (sagte, dachte usw.). Dadurch

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wird die Verantwortung für das Gesagte vom Autor auf den Helden übertragen. Dank der Tatsache, daß in der uneigentlich direkten Rede das Verb ausfällt, stellt der Autor die Äußerungen des Helden so vor, als nähme er sie selbst ernst, als ginge es um Fakten und nicht nur um Gesagtes oder Gedachtes. Dies ist, sagt G. Lerch, nur auf der Basis der Einfühlung des Dichters in die Geschöpfe seiner eigenen Phantasie möglich, auf der Grundlage der Identifikation, der Einswerdung mit ihnen.
Wie ist diese Form historisch entstanden? Welche historischen Voraussetzungen waren zu ihrer Entwicklung notwendig?
Im Altfranzösischen wurden die psychologischen und grammatischen Konstruktionen noch lange nicht so streng unterschieden wie heute. Parataktische und hypotaktische Verbindungen wurden noch vielfältig vermischt. Die Interpunktion befand sich noch in den Anfängen. Deswegen gab es keine scharfen Grenzen zwischen der direkten und der indirekten Rede. Der altfranzösische Erzähler ist noch nicht in der Lage, die Gestalten seiner Phantasien von seinem eigenen »Ich« zu trennen. Er nimmt innerlich an ihren Handlungen und Worten teil und tritt als ihr Fürsprecher und Verteidiger auf. Er hat es noch nicht gelernt; die Worte eines anderen in ihrer wörtlichen äußeren Erscheinung wiederzugeben, ohne selbst an ihnen teilzuhaben oder sich einzumischen. Sein alt-französisches Temperament ist noch weit entfernt von ruhiger kontemplativer Betrachtung und objektiven Beurteilung. Indessen ist dieses Aufgehen des Erzählers in seinen Helden im Altfranzösischen nicht nur das Ergebnis seiner freien Wahl, sondern auch der Notwendigkeit: logische und syntaktische Formen für eine gegenseitige deutliche Abgrenzung existierten damals nicht. Und so entsteht auf der Grundlage dieses grammatischen Mangels und nicht als freies stilistisches Verfahren, zum ersten Mal in der altfranzösischen Sprache die uneigentlich direkte Rede. Hier ist sie das Ergebnis des einfachen grammatischen Unvermögens, den eigenen Standpunkt und seine Position von denen der Helden zu trennen.
Hier ist ein interessanter Ausschnitt aus der Eulaliasequenz (2. Hälfte des IX. Jh.):
Ellent adunet lo suon element:
melz sostendreiet 1er empedementz
qu‘elle perdesse sei Virginitet.

Poros furer morte a grand honestet.
(Sie nimmt ihre Energie zusammen: eher will sie Leiden erdul-

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den als ihre Jungfräulichkeit verlieren. Deswegen ist sie in großen Ehren gestorben.)
Hier, sagt Lerch, klingt der feste, unerschütterliche Entschluß der Heiligen mit dem heftigen Eintreten des Autors für sie zusammen.
In der mittelfranzösischen Sprache des späten Mittelalters findet dieses Hineinversenken in die fremden Seelen nicht mehr statt. Bei den Historikern dieser Zeit findet man sehr oft das praesens historicum, während der Standpunkt des Erzählers sich scharf von dem der dargestellten Personen löst. Das Gefühl macht der Vernunft Platz. Die Wiedergabe der fremden Rede wird unpersönlich und blaß, und man hört in ihr mehr den Erzähler als den Sprechenden.
Nach dieser entpersönlichenden Periode kommt der ausgeprägte Individualismus der Renaissance auf. Die Wiedergabe der fremden Rede strebt danach, wieder intuitiver zu werden. Der Erzähler versucht erneut, seinem Helden näherzukommen und mit ihm in eine intimere Beziehung zu treten. Charakteristisch für diesen Stil ist die unbeständige und freie, psychologisch gefärbte und launische Folge der Tempora und Modi.
Im XVII. Jh. beginnen - als Gegengewicht zum sprachlichen Irrationalismus der Renaissance - die strengen Regeln der indirekten Rede nach Tempora und Modi Gestalt anzunehmen (besonders dank Oudin, 1632). Es formt sich das harmonische Gleichgewicht zwischen der objektiven und der subjektiven Seite des Denkens, zwischen der gegenständlichen Analyse und dem Ausdruck der persönlichen Stimmung. Dies alles nicht ohne Druck von Seiten der Akademie.
Als freies stilistisches Verfahren konnte die uneigentlich direkte Rede bewußt erst in Erscheinung treten, nachdem durch die Festsetzung der consecutio temporum der Hintergrund geschaffen worden war, vor dem sie sich deutlich abheben konnte. Zum ersten Mal erscheint sie bei La Fontaine und bewahrt in dieser Form das für die Epoche des Neoklassizismus charakteristische Gleichgewicht zwischen dem Subjektiven und dem Objektiven.
Der Wegfall des die Rede einführenden Verbs weist auf eine Identifizierung des Erzählers mit dem Helden hin, während der Gebrauch des Imperfekts (im Gegensatz zum Präsens der direkten Rede) und die Wahl der Pronomina, welche der indirekten Rede

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entsprechen, zeigen, daß der Erzähler seine eigenständige Position bewahrt und sich nicht restlos in den Erlebnissen seines Helden auflöst.
Dem Fabeldichter La Fontaine kam dieses Verfahren der uneigentlich direkten Rede sehr gelegen, das den Dualismus zwischen abstrakter Analyse und unmittelbarem Eindruck so glücklich überwand und zu einem harmonischen Einklang brachte. Die direkte Rede war zu analytisch und tot. Die indirekte Rede jedoch war, obgleich sie die fremde Äußerung dramatisch wiedergibt, nicht imstande, gleichzeitig auch die Szene dafür zu schaffen oder das seelische emotionale Milieu zu ihrer Wahrnehmung.
Dient dieses Verfahren bei La Fontaine der sympathischen Einfühlung, so gewinnt La Bruyère aus ihm scharfe satirische Effekte. Er stellt seine Figuren nicht in einem Märchenland dar und nicht mit feinem Humor, - in die uneigentlich direkte Rede kleidet er seinen inneren Widerstand gegen sie und ihre Überwindung durch ihn. Er distanziert sich voller Verachtung von den Wesen, die er darstellt. Alle Gestalten La Bruyères treten ironisch gebrochen durch das Medium seiner täuschenden Objektivität auf.
Einen noch komplizierteren Charakter offenbart dieses Verfahren bei Flaubert. Unvermeidlich richtet Flaubert seinen Blick gerade auf das, was ihm abstoßend und widerwärtig erscheint, doch auch hier ist er imstande, sich einzufühlen, sich mit diesem Abstoßenden und Widerwärtigen zu identifizieren. Die uneigentlich direkte Rede wird bei ihm ebenso unruhig wie seine eigene Einstellung zu sich selbst und seinen Geschöpfen. Er schwankt innerlich zwischen Bewunderung und Abscheu. Die uneigentlich direkte Rede, die es erlaubt, sich mit seinen Geschöpfen zu identifizieren und gleichzeitig seine selbständige Position und seine Distanz ihnen gegenüber zu bewahren, ist im höchsten Grade geeignet, die Haßliebe zu seinen Helden zu verkörpern.
Das waren die interessanten Überlegungen Gertraud Lerchs. Fügen wir zu ihrem historischen Abriß über die Entwicklung der uneigentlichen direkten Rede in der französischen Sprache noch die bei Eugen Lerch entlehnten Daten über die Zeit hinzu, in der dieser Kunstgriff in der deutschen Sprache auftauchte. Hier ist die uneigentlich direkte Rede sehr spät in Erscheinung getreten: als bewußtes und ausgearbeitetes Verfahren zum ersten Mal in Thomas

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Manns »Buddenbrooks« (1901), offensichtlich unter dem unmittelbaren Einfluß Zolas. Dieses »Familienepos« wird vom Autor in emotionalen Tönen wie von einem der einfachen Mitglieder der Buddenbrooks erzählt, der sich erinnert und in der Erinnerung die ganze Geschichte dieser Familie nacherlebt. Fügen wir noch selbst hinzu, daß Thomas Mann in seinem letzten Roman »Der Zauberberg« (1924) dieses Verfahren noch mehr vertiefte und verfeinerte.
Soweit uns bekannt ist, gibt es über die von uns untersuchte Frage keine wichtigen oder neuen Arbeiten mehr. Gehen wir also zur kritischen Analyse der Anschauungen Lorcks und Lerchs über.
Dem überhöhten Objektivismus Ballys stellen Lorck und Lerch in ihren Arbeiten einen konsequenten und scharf ausgeprägten individualistischen Subjektivismus entgegen. Auf dem Seelengrunde der Sprache liegt die individuelle subjektive Kritik der Sprechenden. Die Sprache wird in allen ihren Manifestationen zum Ausdruck individuell-psychischer Kräfte und individueller Sinnintentionen. Das Werden der Sprache ist somit das Werden der Gedanken und der Seele der sprechenden Individuen.
Dieser individualistische Subjektivismus der Vosslerianer ist für die Erklärung unserer konkreten Erscheinung ebenso unannehmbar wie der abstrakte Objektivismus Ballys. Denn die sprechende Persönlichkeit, ihre Erlebnisse, ihre subjektiven Pläne, Intentionen und bewußten stilistischen Ansichten werden nicht in ihrer materiellen Objektivierung in der Sprache gegeben. Ohne ein sprachliches Zutagetreten - und sei es in der inneren Rede - existiert die Persönlichkeit weder für sich selbst noch für andere; sie kann in ihrer Seele nur das beleuchten und erkennen, wofür es ein objektives, erhellendes Material gibt, ein materialisiertes Licht des Bewußtseins in Form von gestalteten Worten, Werten und Akzenten. Die subjektive innere Persönlichkeit mit ihrem eigenen Selbstbewußtsein existiert nicht als materielle Tatsache, die als Stütze für eine kausale Erklärung dienen könnte, sondern als Ideologem. Die innere Persönlichkeit mit ihren ganzen subjektiven Intentionen und allen ihren inneren Tiefen ist nur ein Ideologem, und dazu noch ein schwankendes und verschwommenes Ideologem, solange es sich nicht in beständigeren und entwickelteren Produkten des ideologischen Schaffens bestimmen kann. Deswegen ist es sinnlos, irgendwelche ideologischen Erscheinungen und Formen mit Hilfe von subjektiv-psychischen Faktoren und Intentionen erklären zu

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wollen: das würde bedeuten, daß man ein klares und deutliches Ideologem mit einem anderen Ideologem erklärt, allerdings mit einem unklaren und verworrenen. Die Sprache beleuchtet die innere Persönlichkeit und ihr Bewußtsein, schafft, differenziert und vertieft sie und nicht umgekehrt. Die Persönlichkeit selbst entsteht in der Sprache, freilich weniger in ihren abstrakten Formen als in ihren ideologischen Themen. Die Persönlichkeit ist vom Standpunkt ihres inneren subjektiven Inhalts ein Thema der Sprache, und dieses Thema entwickelt sich auf der Linie von beständigeren Sprachkonstruktionen und findet dort seine Variationen. Folglich ist nicht das Wort der Ausdruck der inneren Persönlichkeit, sondern die innere Persönlichkeit ist das ausgedrückte oder nach innen gekehrte Wort. Das Wort ist der Ausdruck der sozialen Kommunikation, der gesellschaftlichen Interaktion materieller Persönlichkeiten, der Produzenten. Und die Bedingungen dieser durch und durch materiellen Kommunikation bedingen und bestimmen, welche thematische Bestimmung die innere Persönlichkeit in der jeweiligen Epoche und dem jeweiligen Milieu bekommt, wie sie sich selbst bewußt erkennt, wie reich und sicher dieses Selbstbewußtsein sein wird und wie sie ihre Handlungen motivieren und bewerten wird. Das Werden des individuellen Bewußtseins wird vom Werden der Sprache - in ihrer grammatischen und konkret-ideologischen Struktur natürlich - abhängen. Die innere Persönlichkeit wird zusammen mit der Sprache, die allseitig und konkret als eine ihrer wichtigsten und wesentlichsten Themen verstanden werden muß. Das Werden der Sprache ist ein Moment des Werdens der Kommunikation; es ist von dieser Kommunikation und ihrer materiellen Basis nicht zu trennen. Die materielle Basis bestimmt die Differenzierung der Gesellschaft und ihre soziopolitische Struktur; sie ordnet die wechselseitig agierenden Menschen hierarchisch ein und weist jedem seinen Platz zu. Dadurch werden Ort, Zeit, Bedingungen, sowie die Formen und die Art und Weise der sprachlichen Kommunikation bestimmt, und dadurch wiederum auch das Schicksal der individuellen Äußerung in der gegebenen Etappe der Sprachentwicklung, der Grad ihrer Undurchdringlichkeit, der Grad der Differenzierung der Empfindungen für ihre verschiedenen Seiten und der Charakter ihrer sinngemäßen und sprachlichen Individualisierung. Auch dies findet vor allem seinen Ausdruck in den beständigen Sprachkonstruktionen, in den Mustern und seinen Modifikationen. Hier existiert die sprechende

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Persönlichkeit nicht als schwankendes Thema, sondern als beständigere Konstruktion (wobei diese Konstruktion freilich untrennbar mit einem bestimmten und ihr entsprechenden Inhalt verbunden ist). Hier, in den Formen der Wiedergabe der fremden Rede reagiert die Sprache selbst auf die Persönlichkeit als die Trägerin des Wortes.
Und was machen die Vosslerianer? Mit ihren Erklärungen geben sie lediglich eine verschwommene Thematisierung der beständigeren strukturellen Widerspiegelung der sprechenden Persönlichkeit und verlegen das Ereignis des sozialen Werdens sowie das historische Geschehen in eine Sprache individueller, wenn auch differenzierter und aufrichtiger Motivationen. Sie erfüllen die Ideologie mit Ideologie. Doch die objektiven materiellen Faktoren dieser Ideologien - sowohl der Sprachformen als auch der subjektiven Motivierungen ihrer Anwendung - bleiben außerhalb ihres Untersuchungsfeldes. Wir behaupten nicht, daß diese Arbeit über die Ideologisierung der Ideologie völlig nutzlos wäre. Im Gegenteil, manchmal ist es sehr wichtig, eine formale Konstruktion zu thematisieren, damit man leichter bis zu ihren objektiven Wurzeln dringen kann, denn die Wurzeln sind allgemein. Jene ideologische Belebung und Zuspitzung, welche die idealistischen Vosslerianer in die Linguistik hineintragen, trägt dazu bei, einige Seiten der Sprache zu klären, die in den Händen des abstrakten Objektivismus gestorben und erstarrt waren. Dafür müssen wir ihnen dankbar sein. Sie reizten und erregten die ideologische Seele der Sprache, die in den Händen mancher Linguisten zu einem toten Ding geworden war. Doch eine wirkliche objektive Erklärung der Sprache brachten sie nicht zustande. Sie näherten sich dem Leben der Geschichte, jedoch nicht ihrer Erklärung; sie näherten sich ihrer immer erregten und immer bewegten Oberfläche, jedoch nicht ihren tiefen, bewegenden Kräften. Es ist kennzeichnend, daß Lorck in seinem Brief an Lerch, den er seinem Buch beilegte, folgende, ziemlich unerwartete Behauptung aufstellt. Nachdem er die Starrheit und nur vom Verstand geleitete Verknöchertheit der französischen Sprache dargestellt hatte, fügte er hinzu: »Für sie gibt es nur eine Möglichkeit der Verjüngung: anstelle des Bourgeois muß der Proletarier zu Worte kommen.«
Wie soll man das mit der ausschließlichen schöpferischen Rolle der Phantasie in der Sprache verbinden? Ist denn der Proletarier ein solcher Phantast?

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Natürlich meint Lorck etwas anderes. Wahrscheinlich meint er, daß das Proletariat neue Formen der sozialsprachlichen Kommunikation, der sprachlichen Interaktion der Sprechenden und eine ganze neue Welt von sozialen Intonationen und Akzenten mit sich bringt. Auch eine neue sprachliche Konzeption der sprechenden Persönlichkeit bringt es mit sich, eine neue Konzeption des Wortes selbst und der sprachlichen Wahrheit. An so etwas Ähnliches muß Lorck gedacht haben, als er seine Behauptung aufstellte. Doch in seiner Theorie hat dies keinen Widerhall gefunden. Phantasieren kann der Bourgeois nicht schlechter als ein Proletarier. Dazu hat er ja auch mehr Muße.
Lorcks individualistischer Subjektivismus zeigte sich bei der Anwendung auf unsere konkrete Frage darin, daß die Dynamik der Interaktion von Autorenrede und fremder Rede sich in seiner Konzeption nicht widerspiegelt. Die uneigentlich direkte Rede drückt keinesfalls nur den passiven Eindruck einer fremden Äußerung aus; sie ist eine aktive Orientierung, die nicht nur die Verwandlung der ersten Person in die dritte bedeutet, sondern ihre Akzente in die fremde Äußerung hineinträgt, welche mit den Akzenten des fremden Wortes zusammenprallen und interferieren. Man kann mit Lorck auch darin nicht übereinstimmen, daß die Form der uneigentlich direkten Rede der unmittelbaren Wahrnehmung und dem Erleben der fremden Rede näher wäre. Jede Form der Wiedergabe der fremden Rede nimmt das fremde Wort auf ihre Weise wahr und verarbeitet es aktiv. Gertraud Lerch gelingt es scheinbar, die Dynamik einzufangen, doch sie drückt sie in einer subjektiv-psychologischen Sprache aus. Beide Autoren versuchen also, eine dreidimensionale Erscheinung auf einer Fläche zu entwickeln. In dem objektiven sprachlichen Phänomen der uneigentlich direkten Rede kommen nicht Einfühlung und Wahrung der Distanz in der Seele des Individuums zusammen, sondern die Akzente des Helden (Einfühlung) und die Akzente des Autors (Distanz) in ein und derselben sprachlichen Konstruktion.
Weder Lorck noch Lerch berücksichtigen einen für das Verstehen unserer Erscheinung außerordentlich wichtigen Faktor: die Wertung, die in jedem lebendigen Wort eingeschlossen ist und die durch die Akzentuierung und expressive Intonation der Äußerung ausgedrückt wird. Der Sinn der Rede liegt nicht außerhalb seiner lebendigen und konkreten Akzentuierung und Intonation. In der uneigentlich direkten Rede erkennen wir ihn nicht so sehr nach

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seiner abstrakt genommenen Bedeutung, sondern vor allem nach der Akzentuierung und Intonierung des Helden, nach der wertmäßigen Richtung der Rede.
Wir sehen, wie diese fremden Wertungen den Akzenten und Intonationen des Autors ins Wort fallen. Dadurch unterscheidet sich auch, wie wir wissen, die uneigentlich direkte Rede von der vertretenen Rede, in der keine neuen Akzente sich auf den sie umgebenden Kontext des Autors beziehen.
Kehren wir zu den russischen Beispielen der uneigentlich direkten Rede zurück.
Hier ist ein in dieser Beziehung bezeichnendes Musterbeispiel aus »Poltawa«:
»Mazepa, v goresti pritvornoj, k carju voznosit glas nokornyj. 'I znaet bog, i vidit svet: on bednyj getman dvadcat‘ let carju sluzil dusoju vernoj; ego scedrotoju bezmernoj osypan, divno voznesen... 0, kak slepa, bezumna zloba! Emu 1‘ teper' u dveri groba nacat' ucenie izmen i potemnjat‘ blaguju slavu? Ne on li pomosc Stanislavu s negodovan‘em otkazal, stydjas' otverg Venec Ukrainy i dogovor i nis‘ma tajny k carju, po dolgu otoslal? Ne on li nauscen‘jam chana i caregradskogo sultana byl gluch? Userdiem gorja, s vragami belogo carja umom i sablej rad byl sporit‘, trudom i zizni ne zalel, i nyne zlobnyj nedrug smel ego sediny upozont‘! 1 kto ze? Iskra, Kocubej! Tak dolgo byv ego druz‘jami!... 'I, s krovozadnymi slezami, vo cholodnoj derzasti svoej ich kazni trebuet zlodej... C‘ej kazni? Starec nepreklonnyj! C‘ja doc‘ v ob‘jatijach ego? No chladno serdce svoego on zakljucaet ropot sonyj...»
[Mazepa, in geheucheltem Kummer, spricht den Zaren mit demütiger Stimme an. 'Gott weiß es und die Welt sieht es: er, der arme Hetman, hat dem Zaren zwanzig Jahre lang treu gedient; er ist von ihm mit Wohltaten überschüttet und wunderbar erhoben worden ... Doch wie blind, wie wahnsinnig ist die Bosheit! Soll er jetzt am Rande des Grabes, Verrat lernen und seinen wohlbegründeten Ruhm verdunkeln? War er es nicht, der es voller Abscheu abgelehnt hatte, Stanislav zu helfen, hatte er nicht, weil er sich schämte, die Krone der Ukraine verschmäht und den Vertrag und die geheimen Briefe pflichtgemäß an den Zaren geschickt? Blieb er nicht taub für die Einflüsterungen des Khans und des Sultans von Carigrad? - Brennend vor Eifer war er bereit, mit den Feinden des weißen Königs mit Schwert und Verstand zu kämp-

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fen, er hat weder Mühen gescheut, noch sein Leben geschont, und jetzt wagte es der bösartige Feind, Schande über sein graues Haar zu bringen! Und wer? Iskra und Kocubej! Die so lange seine Freunde waren...!' Und mit blutrünstigen Tränen fordert der Bösewicht mit kalter Frechheit ihre Strafe ... Wessen Strafe? Unbeugsamer Greis! Wessen Tochter ist in seinen Armen? Und kalt unterdrückt er das schläfrige Gemurmel seines Herzens...]
In diesem Ausschnitt werden Syntax und Stil einerseits von den Wertakzenten der Demut, der tränenreichen Klage Mazepas bestimmt, andererseits ist diese »tränenreiche Bittschrift« der Bewertungsrichtung des Autorenkontextes und seinen Erzählakzenten untergeordnet, die in diesem Fall von Empörung getragen sind, die sich auch in der rhetorischen Frage »Wessen Strafe? Unbeugsamer Greis! Wessen Tochter ist in seinen Armen?...«
Man kann beim Lesen dieses Abschnitts die doppelte Intonation eines jeden Wortes wiedergeben, d. h. durch das Lesen selbst der Klage Mazepas empört ihre Heuchelei entlarven. Wir haben hier einen simplen Fall vor uns, mit rhetorischen, ziemlich primitiven und deutlichen Intonationen. In den meisten Fällen aber, und besonders dort, wo die uneigentlich direkte Rede zu einer Massenerscheinung wird, in der neuen künstlerischen Prosa nämlich, ist die lautliche Wiedergabe der wertmäßigen Interferenz unmöglich. Darüber hinaus ist selbst die Entwicklung der uneigentlich direkten Rede mit der Verwandlung der großen Prosagenres in ein stummes Register verknüpft. Nur dieses Verstummen der Prosa konnte jene Vielschichtigkeit ermöglichen, jene Komplexität der Intonationsstrukturen, die die Stimme überfordern und die für die neue Literatur so charakteristisch sind.
Ein Beispiel einer solchen mit der Stinune adäquat nicht wiederzugebenden Interferenz zweier Reden aus dem »Idiot« von Dostojevskij:
»Warum aber ging er, der Fürst, nicht zu ihm, warum drehte er sich um, als habe er ihn nicht gesehen, obwohl ihre Blicke einander begegnet waren? (Jawohl, ihre Blicke begegneten einander, und sie sahen sich an!) Hatte er ihn nicht vor ganz kurzer Zeit erst bei der Hand fassen und mit ihm zusammen dorthin gehen wollen? Wollte er ihn am nächsten Tag nicht sogar verständigen, daß er bei ihr gewesen war? War es nicht auf dem Wege dahin, als auf einmal Helle und Freude in seine Seele einzogen, und der böse Geist ihn verließ? Oder war vielleicht tatsächlich in Rogosins

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Wesen, in der ganzen heutigen Erscheinung dieses Menschen, in seiner Haltung, seinen Reden, Taten und Blicken irgend etwas verborgen? Etwas, das die schrecklichen Wahnideen des Fürsten und die niederträchtigen Vorstellungen seines bösen Geistes zu begründen vermochte? Irgend ein Etwas, das keinem entgeht, das man aber nicht packen, zergliedern, und für das man vor allem keine Ursache angeben kann, das aber trotzdem so tiefe Impressionen hervorruft, die bleibend sind und zur Überzeugung werden? Aber was für eine Überzeugung? (Oh, wie quälte den Fürsten die Ungeheuerlichkeit, die »Demütigung«, dieser Überzeugung, diese »niedrige Vorahnung«, und wie schuldig fühlte er sich selbst!...)*233.*
Berühren wir hier mit wenigen Worten noch das sehr wichtige und interessante Problem der lautlichen Verkörperung der fremden Rede, die von dem Kontext des Autors offen gelegt wird.
Die Schwierigkeit der expressiven Wertintonierung besteht hier in den Übergängen aus dem Werthorizont des Autors in den des Helden und umgekehrt.
In welchen Fällen und innerhalb welcher Grenzen kann der Held sich ausspielen? Unter dem absoluten Ausspielen verstehen wir nicht nur den Wechsel der expressiven Intonation - einen Wechsel, der auch innerhalb einer Stimme und eines Bewußtseins möglich wäre -‚ sondern auch einen Stimmwechsel im Sinne der Veränderung aller seiner Züge, der Veränderung seines Gesichts (d. h. der Maske) und alles dessen, was seine Mimik und Gestik individualisiert und schließlich das völlige Verschließen dieser Stimme und dieses Gesichts in sich im Verlaufe der auszuspielenden Rolle. Denn in diese verschlossene Welt des Individuums können die Intonationen des Autors nicht mehr übergreifen oder eindringen. Als Folge der Verschlossenheit der fremden Stimme und des fremden Gesichts sind keine allmählichen Übergänge vom Kontext des Autors zur fremden Rede oder umgekehrt mehr möglich. Die fremde Rede klingt wie im Drama, wo es keinen umschließenden Kontext gibt und wo den Repliken des Helden die

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von ihm grammatisch isolierten Repliken eines anderen Helden gegenüberstehen. Auf diese Weise stellen sich mit Hilfe des absoluten Ausspielens zwischen der fremden Rede und dem Konten des Autors Beziehungen her, die den Beziehungen der Repliken in einem Dialog analog sind. Der Autor stellt sich so neben den Helden und tritt mit ihm in eine dialogische Beziehung. Aus all diesem folgt mit Notwendigkeit, daß das absolute Ausspielen der fremden Rede beim lauten Vorlesen künstlerischer Prosa nur in den seltensten Fällen möglich ist. Anders ist ein Konflikt mit den wesentlichen künstlerischen Aufgaben des Kontextes unvermeidlich. Es versteht sich von selbst, daß es sich bei diesen seltenen Fällen nur um lineare und gemäßigt malerische Modifikationen der direkten Konstruktion handeln kann. Doch wird die direkte Rede durch replizierende Bemerkungen des Autors unterbrochen oder legen sich die Schatten des bewertenden Kontextes zu dicht auf sie, dann ist ein absolutes Ausspielen unmöglich.
Möglich hingegen ist ein partielles Ausspielen (ohne Übergang in eine andere Person), das allmähliche Intonationsübergänge zwischen dem Autorenkontext und der fremden Rede möglich macht, während in anderen Fällen bei zweideutigen Modifikationen alle Intonationen sich einfach in einer Stimme vereinigen. Freilich ist dies nur in Fällen möglich, die den von uns angeführten ähnlich sind. Rhetorische Fragen und Ausrufe haben oft die Funktion des Umschaltens von einem Ton in den anderen.
Uns bleibt jetzt nur, die Schlußfolgerungen aus unserer Analyse der uneigentlich direkten Rede und damit auch die Schlußfolgerungen des ganzen dritten Teils unserer Arbeit zu ziehen. Wir werden uns kurzfassen: alles Wesentliche ist im Text selbst enthalten, und wir werden versuchen, Wiederholungen zu vermeiden.
Wir haben die wichtigsten Formen der Wiedergabe der fremden Rede verfolgt. Wir gaben keine abstrakt grammatischen Beschreibungen, wir versuchten, in diesen Formen ein Dokument dafür zu finden, wie die Sprache selbst in der einen oder anderen Epoche ihrer Entwicklung das fremde Wort und die sprechende Persönlichkeit empfindet. Dabei hatten wir die ganze Zeit im Auge, daß das Schicksal der Äußerung und der sprechenden Persönlichkeit in der Sprache das soziale Schicksal der sprachlichen Interaktion und der sprachideologischen Kommunikation in ihren wesentlichsten Tendenzen widerspiegelt.
Das Wort als das ideologische Phänomen par excellence exi-

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stiert im ununterbrochenen Prozeß des Werdens und Veränderns, es spiegelt hellhörig alle sozialen Verschiebungen und Veränderungen wider. Im Schicksal des Wortes liegt das Schicksal der sprechenden Gesellschaft. Doch das dialektische Werden des Wortes kann man auf verschiedenen Wegen verfolgen. Man kann das Werden der Bedeutung studieren, d. h. die Geschichte der Ideologie im wahrsten Sinne des Wortes; die Geschichte der Erkenntnis als die Geschichte des Werdens der Wahrheit, denn die Wahrheit ist nur ewig als ewiges Werden der Wahrheit; oder die Geschichte der Literatur als das Werden der künstlerischen Wahrheit. Dies wäre ein Weg. In enger und beständiger Verbindung mit ihm verläuft der andere Weg: das Studium des Werdens der Sprache selbst als einer ideologischen Materie, als des Milieus, in dem das Sein ideologisch gebrochen wird, denn die Widerspiegelung der Brechung des Seins im menschlichen Bewußtsein vollzieht sich nur im Wort und durch das Wort. Das Werden der Sprache zu studieren und das in ihr gebrochene soziale Sein sowie die brechenden Kräfte der sozio-ökonomischen Bedingungen zu verleugnen, ist natürlich unmöglich. Man kann das Werden des Wortes nicht erforschen, wenn man das Werden der Wahrheit und der künstlerischen Wahrheit im Wort und die menschliche Gesellschaft, für die diese Wahrheiten existieren, ignoriert.. Diese beiden Wege erforschen auf diese Weise unter ständiger Wechselwirkung die Widerspiegelung und Brechung der Natur und Geschichte im Werden des Wortes.
Doch es gibt noch einen Weg: die Widerspiegelung des sozialen Werdens des Wortes im Wort selbst sowie zwei Abzweigungen dieses Weges: die Geschichte der Philosophie des Wortes und die Geschichte des Wortes im Wort. In dieser letzten Richtung liegt auch unsere Arbeit. Wir sind uns über ihre Mängel völlig im klaren und hoffen nur darauf, daß die Problemstellung selbst, das Wort im Wort, wesentliche Bedeutung erlangt. Die Geschichte der Wahrheit, die Geschichte der künstlerischen Wahrheit und die Geschichte der Sprache können aus der Erforschung der Brechungen ihres wesentlichsten Phänomens, der konkreten Äußerung, in den Konstruktionen der Sprache selbst viel gewinnen.
Jetzt noch einige abschließende Worte über die uneigentlich direkte Rede und die durch sie ausgedrückte soziale Tendenz.
Die Entstehung und Entwicklung der uneigentlich direkten Rede muß in engem Zusammenhang mit der Entwicklung der an-

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deren malerischen Modifikationen der direkten und indirekten Rede untersucht werden. Wir werden uns dann davon überzeugen können, daß sie auf dem großen Weg der Entwicklung der gegenwärtigen europäischen Sprachen liegt, und daß sie von einer wesentlichen Wende im sozialen Schicksal der Äußerung zeugt. Der Sieg der extremen Formen des malerischen Stils in der Wiedergabe der fremden Rede erklärt sich natürlich weder aus den psychologischen Faktoren, noch aus den individuellen stilistischen Aufgaben des Künstlers, sondern aus der allgemeinen umfassenden Subjektivierung der ideologischen Wortäußerung. Sie ist keinesfalls ein Monument und nicht einmal ein Dokument einer sinnvollen Position, sie wird lediglich als Ausdruck eines zufälligen subjektiven Zustandes empfunden. Im sprachlichen Bewußtsein wurden die typisierenden und individualisierenden Hüllen der Äußerung so sehr differenziert, daß sie die in ihr enthaltenen Bedeutungskerne und die darin verwirklichte verantwortliche soziale Position überschatteten und relativierten. Die Äußerung hörte gleichsam auf, Gegenstand einer ernsthaften sinngemäßen Registrierung zu sein. Das kategorische Wort, das Wort »aus sich selbst«, das behauptende Wort, lebt nur noch in wissenschaftlichem Kontext. In allen anderen Bereichen des verbalen Schaffens herrscht nicht das »ausgesprochene«, sondern das »geschriebene« Wort vor. Die ganze sprachliche Tätigkeit basiert hier auf der Verteilung »fremder Worte« und »quasi fremder Worte«. Sogar in den Humanwissenschaften zeigt sich die Tendenz, die verantwortliche Äußerung zum Problem durch die Darstellung des gegenwärtigen Standes dieses Problems in der Wissenschaft zu ersetzen, versehen mit einer Aufzählung und einer induktiven Herausstellung des »gegenwärtig vorherrschenden Standpunkts«, was auch manchmal für die solideste »Lösung« des Problems gehalten wird. Bei alledem kommt eine erstaunliche Verschwommenheit und Unsicherheit des ideologischen Wortes zutage. Die künstlerisch-rhetorische, philosophische und humanwissenschaftliche Sprache wird zu einem Tummelplatz für »Meinungen«, allgemeinbekannte Meinungen, und sogar in diesen Meinungen schiebt sich nicht das, was in ihnen eigentlich »gemeint« wird, in den Vordergrund, sondern wie es - individuell oder typisch - gemeint ist. Diese Veränderung des Schicksals des Wortes im heutigen bourgeoisen Europa und bei uns (fast bis in die jüngste Zeit) kann man als die Verdinglichung des Wortes, als die Herabsetzung der Thematik des Wortes definie-

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ren. Die Ideologen dieses Prozesses sind sowohl bei uns, als auch in Westeuropa die formalistischen Richtungen in der Poetik, der Linguistik und der Sprachphilosophie. Wir müssen hier wohl kaum erwähnen, mit welchen Klassenvorurteilen dieser Prozeß erklärt wird, und auch die richtigen Worte Lorcks braucht man hier nicht zu wiederholen, auf welchen Wegen eine Erneuerung des ideologischen Wortes nur möglich ist. Eines Wortes, dessen Thema intakt ist; eines Wortes, das von einem überzeugten und kategorischen sozialen Werturteil durchdrungen ist; eines Wortes, das wirklich das meint, was es sagt, und auch bereit ist, sich dafür zu verantworten.


Anmerkungen:
(Die Original-Seiten-Fußnoten, Ullstein Verlag 1975, sind in dieser HTML-Version als End-Fußnoten gesetzt und mit der Seitenzahl indiziert):

*52.1
Wie bekannt, lenken eben diese Erscheinungen gegenwärtig die Aufmerksamkeit der Literaturwissenschafter auf sich. Natürlich müssen zum völligen Verständnis aller dieser aufgezählten Erscheinungen auch noch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Jedoch ist hier ohne eine Analyse der Formen der Wiedergabe der fremden Rede keine produktive Arbeit möglich.

*173.1
Diese verdeckte Tendenz, die syntaktische Form zu morphologisieren, hat zur Folge, daß in der Syntax, wie sonst nirgends in der Sprachwissenschaft, das scholastische Denken vorherrscht.

*173.2
Hierzu gesellen sich noch die besonderen Ziele der vergleichenden Sprachwissenschaft: die Feststellung von Sprachverwandtschaften, ihrer genetischen Reihe und der Ursprache. Diese Ziele bekräftigen noch stärker das Primat der Phonetik im linguistischen Denken. Das Problem der vergleichenden Sprachwissenschaft, die in der zeitgenössischen Sprachphilosophie wegen des bedeutenden Platzes, den sie in der neueren Zeit einnimmt, sehr wichtig ist, wurde in den Grenzen dieser Arbeit leider überhaupt nicht berührt. Dieses Problem ist sehr kompliziert, und sogar für eine sehr oberflächliche Analyse wäre eine bedeutende Erweiterung dieses Buches notwendig.

*176.1
Hier können wir das Problem des Absatzes nur skizzieren. Unsere Behauptungen klingen dogmatisch, da wir sie nicht beweisen oder am entsprechenden Material erhärten. Außerdem vereinfachen wir das Problem. In schriftlicher Form werden durch neue Zeilen (Absätze) ganz verschiedene Aufgliederungstypen der monologischen Rede wiedergegeben. Wir berühren hier nur einen der wichtigsten Typen einer solchen Aufgliederung, die bedingt ist durch die Einbeziehung des Hörers und seines aktiven Verstehens.

*177.1
In der Syntax von Peskovskij z. B. sind dieser Erscheinung nur vier Seiten gewidmet. Vgl. A. M. Peskovskij »Russkij sintaksis v naucnom osvescenii«, [Die russische Syntax in wissenschaftlicher Beleuchtung]. Aufl. Moskau 1920, S. 465-468 (3. Aufl. 1928, S. 552-555).

*180.1
In der russischen Literatur ist dem Problem des Dialogs vom linguistischen Standpunkt her nur eine Arbeit gewidmet: L. P. Jakubinskij, »O dialogiceskoj reci« [Über die dialogische Rede] im Sammelband »Russkaja rec« [Russische Sprache], Petrograd 1923. Interessante Bemerkungen über den Dialog halblinguistischen Charakters finden sich im Rudi V. Vinogradovs »Poezija Anny Achmmatovy« [Die Poesie Anna Achmatovas], Leningrad 1925 in dem Kapitel »Grimasy dialoga« [Die Grimassen des Dialogs]. In der deutschen Literatur werden die Probleme des Dialogs gegenwärtig verstärkt in der Schule Vosslers bearbeitet. Vgl. die bereits zitierte Arbeit »Die uneigentlich direkte Rede« in »Festschrift für Karl Vossler« (1922).

*183.1
Der Terminus ist von L. P.Jakubinskij entlehnt; vgl. den genannten Aufsatz.

*184.1
Über einige Besonderheiten der altfranzösischen Sprache in dieser Beziehung s. unten. Über die Wiedergabe fremder Rede im Mittelfranzösischen vgl. Gertraud Lerch, »Die uneigentlich direkte Rede« in »Festschrift für Karl Vossler« (1922), S. 112ff. Ebenso Karl Vossler, »Frankreichs Kultur im Spiegel seiner Sprachentwicklung« (1913).

*184.2
Z. B. gibt es im »Slovo o polku Igoreve«; [Igor1ied] keinen einzigen Fall von indirekter Rede, ungeachtet des Überflusses an »fremder Rede«. In den Chroniken trifft man sie sehr selten. Die fremde Rede wird überall in Form einer kompakten, undurchdringlichen und sehr wenig oder gar nicht individualisierten Masse eingesetzt.

*185.1
Im russischen Klassizismus fehlt die indirekte Rede nahezu völlig.

*187.1
Über die Rolle des Erzählers gibt es derzeit eine ziemlich umfangreiche Literatur. Nennen wir die bis zum heutigen Tage grundlegende Arbeit von K. Friedemann, »Die Rolle des Erzählers in der Epik« (1910). Bei uns wurde das Interesse am Erzähler von den Formalisten geweckt. Der Redestil des Erzählers bei Gogol wird von V. Vinogradov definiert als ein Stil, der sich »im Zickzack vom Autor zu den Helden« bewegt (vgl. Vinogradov »Gogol'i natural'naja skola« [Gogol' und die natürliche Schule]). In einem analogen Verhältnis steht, nach Vinogradov, der Stil des Erzählers des »Doppelgängers« zum Stil Goljadkins (vgl. seinen »Stil peterburgskoj poemy 'Dvojnik' [Der Doppelgänger] im Sammelband »Dostojevskij« unter der Redaktion von Dolinin, Bd. 1, 1923, S. 239 und 241; die Ähnlichkeit zwischen der Sprache des Erzählers und der Sprache des Helden wurde bereits von Belinskij bemerkt). In seiner Arbeit über Dostojevskij weist B. M. Engel'gardt ganz richtig darauf hin, daß man bei Dostoievskij »keine sogenannte objektive Beschreibung der Außenwelt finden kann ... Dank dieser Tatsache entsteht diese Vieldeutigkeit der Wirklichkeit im künstlerischen Werk, die bei den Nachfolgern Dostojevskijs zu einem eigentümlichen Zerfall des Seins führt...« Diesen »Zerfall des Seins« beobachtet B. M. Engel'gardt in Sologubs »Melkij bec« [Der kleine Teufel] und in »Peterburg« von A. Belyj (vgl. B. M. Engel'gardt, »Ideologiceskij roman Dostojevskogoo [der ideologische Roman Dostojevskijs] im II. Sammelband »Dostojevskij«, Red. Dolinin, 1025, S. 94). So definiert Bally den Stil Zolas: »Personne plus que Zola n'a usé et abusé du procédé qui consiste à faire passer tout les évenements par le cerveau de ses personnages, à ne décrir les paysages que par leurs yeux, á n'énoncer des idées personelles que par leur bouche. Dans ses derniers romans, ce n‘est plus une manièr: c‘est un tic, c‘est une obsession. Dans Rome, pas un coin dc la ville éternelle, pas une scène qu'il ne voie par les yeux de son abbé, pas une idée sur la rélgion qu‘il ne formulare par son intermédiaire« GRM. VI, S. 417. (Das Zitat ist aus E. Lorcks »Die erlebte Rede«, S. 64. entlehnt). Dem Problem des Erzählers ist der interessante Aufsatz von Ilja Gruzdev »0 priemov chudozestvennogo povestvovanija« [Über die Verfahren des künstlerischen Erzählens] gewidmet (»Zapiski peredviznogo teatra« [Aufzeichnungen des mobilen Theaters] Petrograd, 1922, Nr. 40, 41, 42). Indessen wird das linguistische Problem der Wiedergabe der fremden Rede in keiner dieser Arbeiten gestellt.

*191.1
Sehr oft kann man den gegenüber Vossler und den Vosslerianern gemachten Vorwurf hören, daß sie sich mehr mit Stilistik als mit Linguistik im strengen Sinne befassen. In Wirklichkeit interessiert sich die Vossler-Schule für Grenzfragen, deren methodologische und heuristische Bedeutung sie erkannt hat, und darin sehen wir auch den enormen Vorzug dieser Schule. Das Schlimme ist nur, daß die Vosslerianer, wie wir wissen, bei der Erklärung dieser Erscheinungen die subjektiv-psychologischen Faktoren und die individuell-stilistischen Aufgaben in den Vordergrund rücken. Dadurch wird die Sprache zu einem Spielball des individuellen Geschmacks.

*191.2
In vielen anderen Sprachen ist die indirekte Rede syntaktisch scharf von der direkten getrennt (besonderer Gebrauch der Zeiten, Modi, Konjunktionen, Personalpronomina), so daß es in ihnen ein spezielles und sehr kompliziertes Muster der indirekten Redewiedergabe gibt ... In unserer Sprache werden oft sogar die einzigen Merkmale der indirekten Rede, von denen wir gerade gesprochen haben, nicht eingehalten, so daß die indirekte Rede mit der direkten vermischt wird. Z. B. sagt Osip im »Revisor«: »Traktirscik skazal, cto ne dam vam jest', poka ne zaplatite za staroe«. [»Der Wirt sagte, ich geb euch nichts zu essen, solange ihr das Alte nicht bezahlt habt] (Peskovskij, »Russkij sintaksis« (Russische Syntax], 3. Aufl. S. 553. Hervorhebungen vom Autor.)

*192.1
Vgl. Peskovskij »Russkij sintaksis v naucnom osvecnii«, 3. Aufl., S. 554 [Die russische Syntax in wissenschaftlicher Beleuchtung]. Hervorhebungen von Peskovskij.

*192.*
[». . . Der Esel, gleichsam jovial, verbeugt sich leicht und spricht: ‚Nicht übel, ohne Frage, das hört man ganz gewiß nicht alle Tage. Du mußt auf jeden Fall für kurze Zeit einmal, um dein Talent zu heben, beim Meister Hahn dich in die Lehre geben«] aus: I. A. Krylov »Fabeln«, Nachdichtungen aus dem Russischen von Martin Remané, Berlin 1948.

*193.*
Im russischen Beispiel genügt es, die einzelnen Teilsätze der direkten Rede mit »cto« [daß] einzuleiten; im Deutschen müßte die ganze Konstruktion geändert werden. (Anm. d. Obers.)

*194.1
Der von uns untersuchte Fehler Peskovskijs zeugt ein weiteres Mal von dem methodologischen Unheil einer Trennung von Grammatik und Stilistik.

*198.1
Dostojevskij, »Die Brüder der Karamazov«. Hervorhebungen von uns.

*198.*
[gemeint sind seine Kinder]

*198.2
Dostojevskij, »Der Idiot«. Hervorhebungen von uns.

*199.*
[pluralis majestatis auch in der dritten Person aus Respekt des Niedriggestellten für den Herrn.]

*199.1
»Die Brüder Karamazov«. Hervorhebungen von uns.

*201.1
Hervorhebungen von uns.

*202.1
Nicht behandeln werden wir die primitiven Arten des Replizierens und Kommentierens der fremden Rede durch den Autor wie: Hervorhebungen des Autors (d. h. Umverlagerung des Akzents); ihre Unterbrechung durch verschiedene Bemerkungen, Klammern oder einfach Ausrufezeichen, Fragezeichen oder Ausdrücke des Befremdens (»sick« usw.). Von großer Bedeutung für die Überwindung der Trägheit der direkten Rede ist die Position des sie einführenden Verbs zusammen mit den kommentierenden und replizierenden Bemerkungen an den entsprechenden Stellen.

*204.1*
1 Hervorhebungen von V. V.
* Wortgetreue Übertragung des Übersetzers. Die gängigen künstlerischen Übersetzungen versuchen, den Stil zu glätten, indem sie Wiederholungen der Adjektive vermeiden, auf die es V. V. ja gerade ankommt. Das zweite »komfortabel« wäre im Deutschen besser mit »behaglich« wiedergegeben.

*205.1*
1 Hervorhebungen von V. V.
* Übertragungen des Übers. vgl. Fußnote S. 204.

*207.1
Puskin, »Kavkasskij plennik«. [Der Gefangene vom Kaukasus].

*207.2
ibid.

*208
ibid.

*209
ibid.

*210
ibid.

*215.1
»Zeitschrift für romanische Philologie«, XIII. 1899, S. 491-513.

*216.1
G. R. M. IV, S. 549ff., 597ff.

*216.2
G. R. M. IV, 1914, S.405ff., 456ff.

*216.3
Die mittlere Übergangsform hat natürlich nur linguistische Funktion.

*218.1
Über die unmittelbaren und vermittelten Formen der sprachlichen Interaktion vgl. den obenerwähnten Aufsatz von L. P. Jakubinskij.

*218.2
Kalepky hat auf diesen Fehler Ballys hingewiesen. In seiner zweiten Arbeit korrigiert Bally ihn teilweise.

*219.1
Thomas Mann, »Buddenbrooks«.

*220.1
ibid.

*220.2
G. R. M. IV, S. 470.

*221.1
Passé Defini, Imparfait, Passé Indéfini. Eine grammatisch-psychologische Studie von E. Lorck

*222.1
Revue de deux Mondes, 1900, Mai, S. 159.

*233.*
Übertragung vom Übersetzer in vager Anlehnung an die von Rose Herzog (Gutenberg Verlag, Wien, Hamburg, Zürich, o. J., S. 277 f.), in der allerdings weder Klammern noch Fragezeichen vorkommen, wichtige Merkmale der von V. V. beschriebenen Interferenz.


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last update : Wed Feb 02 13:52:55 CET 2005 Valentin N. Volosinov
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