Warum in Afghanistan der Weg für neue Pipelines freigebombt werden muß
Steuerprobleme mit Rußland und Kasachstan behindern die Erdölförderung westlicher Konzerne in Kasachstan

Boston - Ein Steuerproblem, das die Erdöl- und Erdgasproduktion in Kasachstan zu schließen drohte, ist, wie berichtet wurde, gelöst worden, nachdem Rußland sich einverstanden erklärte, seine Exportsteuer auszusetzen. Der Streit über Doppelbesteuerung war das neueste Problem für westliche Firmen in Kasachstan. Westliche Firmen haben, wie berichtet wurde, eine längere Schließung eines der Welt größten Erdöl- und Erdgasfeldes vermieden, nachdem in letzter Minute ein Abkommen zur Vermeidung einer Steuerpression zwischen Rußland und Kasachstan erzielt wurde.
Die Zeitschrift "Kasachstan Heute" berichtete am 29. Oktober, daß der Stellvertretende russische Ministerpräsident Aleksei Kudrin einverstanden war, keine Mehrwertsteuer (VAT) auf Exporte von Gaskondensaten aus Kasachstans riesigem Kara-Chaganak-Feld nahe der russischen Grenze zu erheben. Vertreter der in den USA ansässigen Firma Chevron Texaco sagten kürzlich, daß die Aktivitäten auf dem Feld angehalten würden, weil beide, sowohl Kasachstan als auch Rußland, Mehrwertsteuer auf die Exporte erhöben. Die Nachrichtenagentur Reuters sagte, daß das Feld seit Mitte September wegen Wartungsarbeiten geschlossen sei. Aber es steht des Steuerstreites wegen noch an, es wieder zu eröffnen. Nach "Kasachstan Heute" wird die Wiederaufnahme der Produktion bald erwartet. Das riesige Lager in Westkasachstan ist über die letzten acht Jahre eine Quelle von Streitigkeiten gewesen.
Der Ärger in Kara-Chaganak ist der neueste für ausländische Firmen gewesen, die schon Monate von Verzögerungen bei der Eröffnung einer neuen Export-Pipeline und dem Druck der Gesetzgebung ausgesetzt gewesen sind, was ihre Investitionen gefährden könnte. Die Doppelbesteuerung wurde als ein Schlag gegen die britische BG, die frühere British Gas, angesehen, die 32,5 Prozent der Kara-Chaganak Integrated Organization (KIO) hält. Italiens ENI besitzt ebenfalls 32,5 Prozent, während Chevron Texaco 20 Prozent und Rußlands LUKOIL 15 Prozent halten.
Die Aufmerksamkeit hat sich für die Firma BG auf das Problem konzentriert, da sie auf Kara-Chaganak für ein Fünftel ihrer weltweiten Produktion angewiesen ist. Aber die Unterbrechung mag für die Firma ENI ihrer Auswirkung sowohl in Kasachstan als auch in Rußland wegen noch bemerkbarer gewesen sein. Ihre Tochterfirma AGIP ist die Betreiberin des riesigen küstennahen Projektes Kasachstans im Kaspischen Meer. Dieses ist als der Welt größte Erdölentdeckung der letzten zwanzig Jahre bezeichnet worden. Die Firma ENI ist auch Rußlands Partnerin in dem kritischen Blue Stream Projekt, mittels der tiefsten Unterwasser-Pipeline der Welt Erdgas durchs Schwarze Meer in die Türkei zu pumpen. Die Doppelbesteuerungsfalle könnte ein Zeichen dafür sein, daß, wenn Ärger sich für einen derartig großen Investor in Kasachstan ereignen kann, er überall auftreten könnte. Kara-Chaganak ist des Landes drittkolossalstes Feld nach Kashagan und Tengiz, die ebenfalls von Chevron Texaco entwickelt werden.
Kara-Chaganak exportiert seine Produkte durch Rußland, entweder mittels Pipeline oder zur Weiterverarbeitung in der russischen Raffinerie, in Orenburg. Anfang des Jahres bewilligte die KIO ein Budget von 4,2 Milliarden Dollar für seine laufende Entwicklungsphase, sagte die Interfax News Agency. Das Feld produzierte 4,5 Millionen Tonnen Erdöl, im Jahre 2000. "Kasachstan Heute" sagte, daß die Kontroverse das Ergebnis kürzlich erfolgter technischer Veränderungen in Kasachstans Steuergesetzgebung waren, die Güter gemäß dem Bestimmungsland und nicht gemäß dem Herkunftsland bewerte. Keine Entscheidung wurde darüber getroffen, wie Gaskondensate oder Flüssigkeiten zu behandeln wären, was offensichtlich zur Doppelbesteuerung und unannehmbaren Kosten führt.
Wie viele der Großprojekte in der Region hat auch Kara-Chaganak eine lange qualvolle Geschichte. Das Feld wurde zu Sowjetzeiten ausgebeutet, aber nach 1991 fiel der Ausstoß scharf ab. Rußlands Gasmonopol GAZPROM versuchte, aber scheiterte, einen Anteil in dem westlichen Projekt zur Wiederherstellung der Produktionshöhe zu erlangen. Unklar ist, ob der Streit Bezug hatte zu irgendwelchen nachklingenden Wünschen nach Kontrolle. BG und ENI gewannen im Jahre 1992 eine Ausschreibung zu Verhandlungen mit Kasachstan über das Projekt, aber ein endgültiges Abkommen zur Aufteilung der Produktion benötigte für seinen Abschluß sechs Jahre. Seitdem sind die Kostenschätzungen in die Höhe geschnellt. Das KIO-Konsortium begann erst im letzten Mai mit der Bohrung seines ersten neuen Brunnens. Die Steuerbedrohung folgte einer Reihe von anderen Frustrationen, in diesem Jahr, für Investoren in Kasachstan.
Ausländische Erdölfirmen erlitten, zum größten Teil der Feilschereien mit dem russischen Pipeline-Monopolisten Transneft wegen, eine viermonatige Verzögerung bei der Eröffnung der Caspian-Pipeline-Consortium-Verbindung zwischen Tengiz und Rußlands Schwarzmeerhafen Noworossisk. Der erste Tanker wurde am 15. Oktober beladen, obgleich die offizielle Zeremonie noch nicht stattgefunden hat. Trotz Kasachstans leuchtender Aussichten als Erdölproduzent haben ausländische Firmen auch ein neues Investitionsgesetz bekämpft, das dazu dienen soll, präferentielle Steuerlücken zu schließen und ihre Fähigkeit zu verringern, internationale Schlichtung in Streitfällen zu suchen. Nach Monaten der Verhandlung sicherte Außenminister Yerlan Idrisov den ausländischen Investoren am 10. Oktober zu, daß die Regierung die Bedingungen ihrer bestehenden Verträge anerkennen würde. Im September befahl Präsident Nursultan Nazarbaev die Überprüfung aller Abkommen. Aber eine Kopie des letzten Gesetzentwurfes, den RFE/RL erhielt, zeigt wenige Änderungen gegenüber einer umstrittenen Fassung, die im letzten April zirkulierte. Anders als Kasachstans Investitionsgesetz von 1994 scheint die im Januar wirksam werdende Gesetzgebung noch immer das Einverständnis der Regierung zur Überstellung von Streitfällen an internationale Schlichtung zu erfordern. Idrisov nannte gemäß "Kasachstan Heute" die Gesetzgebung "zurückhaltender und geschmeidiger als das jetzige Gesetz".
http://www.middleeastwire.com/atlarge/business/stories/20011030_3_meno.shtml
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Autor: Michael Lelyveld
Übersetzung: Dr. Gudrun Eussner, Berlin 01.11.2001
Foto: AK Foto
Quelle: © Kasachstan: Westliche Firmen verhindern die Schließung der Erdölproduktion, Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) 30. Oktober 2001
Philosophischer Salon, Berlin
www.kalaschnikow.de
Update: Berlin Fr., 02.11.2001
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