Zum marxschen Kapitalbegriff II b Weilar/2001

0. ziel des vortrages


Wir versuchen das Klären wichtiger Begriffe, die im ersten Vortrag nicht ausgeführt werden konnten. Wichtige Bestimmungen werden gegeben und eine Motivation nachgeholt. Ferner wird der Zusammenhang zwischen den Kategorien versucht darzustellen, insbesondere unter Verweis auf die dialektische Methode der marxschen Darstellung, also die Darstellung von und in Widersprüchen.



1. gang der darstellung


-Vorbereitung mit Darstellung der wichtigsten Grundbegriffe, ohne dort zu sehr in die Tiefe zu gehen

-GW, TW, W, Fetischcharakter der Ware

-kurzer Verweis auf das Geld



2. Begriffe


2.1 Gebrauchswert


Kommen wir zum ersten Begriff, der als solcher im ersten Vortrag nur angerissen wurde, dem GW.


Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein

Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Be-

dürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser

Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phanta-

sie entspringen, ändert nichts an der Sache.7 Es han-

delt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das

menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als

Lebensmittel, d.h. als Gegenstand des Genusses, oder

auf einem Umweg, als Produktionsmittel.

[Marx: Das Kapital, S. 55. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3364 (vgl. MEW Bd. 23, S. 49)]


Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Ge-

brauchswert.9 Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht

in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkör-

pers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der

Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant

usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser

sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneig-

nung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen

viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der

Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Be-

stimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle

Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der

Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der

Warenkunde.10 Der Gebrauchswert verwirklicht sich

nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchs-

werte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums,

welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In

der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bil-

den sie zugleich die stofflichen Träger des - Tausch-

werts.

[Marx: Das Kapital, S. 56. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3365 (vgl. MEW Bd. 23, S. 50)]



Nun werden wir im folgenden einige wichtige Aspekte beleuchten und ausführen:


[Überhistorischer Charakter]

So, wie Marx den Gebrauchswert bestimmt, ist er von großer Allgemeinheit, also als Begriff sehr abstrakt. Betrachten wir den kapitalistischen Produktionsprozeß, erkennen wir die beiden Seiten, die aus dem Doppelcharakter der Arbeit erwachsen. Betrachten wir zuerst die eine Seite. Wir haben auf der einen den Produktionsprozeß als solchen, der Produkte hervorbringt. Dies ist allen Gesellschaftsordnungen gemein, hat somit überhistorischen Charakter. Der Produktionsprozeß macht den grundsätzlichen Stoffwechsel des Menschen mit der Natur aus und bildet so, als materielle Produktion, die Grundlage der Existenz der Gesellschaft. Diese Seite ist also abstrakt gesehen überhistorisch. Der Gebrauchswert ist somit immer der Inhalt des gesellschaftlichen Reichtums. Was sind wohl die verschiedenen Formen ?


[Objektive Eigenschaften]

Die Produkte wiederum haben eine Summe von objektiven Eigenschaften, die sie zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse befähigen, sind also hiermit Gebrauchswerte. Ein Ding kann dabei viele verschiedene Bedürfnisse befriedigen, also verschiedene Gebrauchswerte in sich tragen, zB ein Auto (Status, Wohnen, Transport von Menschen und Dingen, oder feinerer Art,...). Diese Abstraktion ist eine bestimmte Abstraktion 'Gebrauchswert', die nur noch die Nützlichkeit des Dinges übrig läßt. Im übrigen ist hier nicht nur Ding als Gegenstand gemeint, sondern auch Prozesse, wie zB Transport, Haarschneiden, was man heute gerne als Dienstleistung faßt.


Hier haben wir eine wichtige Bestimmung des Gebrauchswertes bloßgelegt, das dieser Begriff keine Wertung, Moralität oder sonstiges soziologisches oder anderes Beiwerk beinhaltet. Es geht nicht um die Unmenschlichkeit (Waffen), die Amoralität (Prostitution) oder den Sinngehalt (Talk Shows) des Gebrauchswertes, sondern nur abstrakt darum, das er ein Bedürfnis befriedigt, um ihn erst einmal als reine ökonomische Bestimmung einzuführen.


[Kritik]

Hier setzt Kritik zb der Krisis an, die ironisch von einer Unschuld des Gebrauchswertes spricht, weil eben keine Wertung in diesem Begriffe steckt. Das ist hier aber auch eben extra nicht gewollt und der Zielpunkt dieser Kritik ist wohl auch eher das überhistorische Moment der Bestimmung.


[Verhältnisbegriff]

Das, was also nach unserer Abstraktion übrig bleibt, diese Nützlichkeit und Zielgerichtetheit, Teleologie, ist das, was die menschliche Arbeit ausmacht. Das bedeutet aber auch, das sich Gebrauchswert immer auf Menschen bezieht. Außerhalb der menschlichen Gesellschaft macht dieser Begriff gar keinen Sinn. Der Mensch verändert die materiellen, objektiv realen Eigenschaften der Dinge, daß sie ihm als Gebrauchswert dienen können, in dem er als Naturkraft auf Naturkräfte wirkt. (vielleicht genauer ausführen)


Beispiel:

Ein Außerirdischer, der auf dem Mond eine Bratpfanne findet, wird vielleicht im Vergleich zu anderen Körpern auf der Oberfläche sehen, daß dieser Gegenstand künstlichen Ursprunges ist. Aber ohne das spezielle, konkrete Verhältnis dieses Gegenstandes zum Menschen und dessen Art sich zu ernähren, ab einem bestimmten historischen Zustand, wird dieser Gegenstand nicht als Gebrauchswert, auch nicht einer fremden Spezies erkannt. Die auf dem Mond wehende US-amerikanische Flagge ist da noch weit schwerer zu verstehen.


[Bedürfnisse]

Das bedeute, das Gebrauchswert ein Beziehungsbegriff ist. Er stellt eine Ding-Mensch/Bedürfnis-Relation dar. Er existiert also nur in diesem Zusammenhang als objektive Gedankenrepräsentation. Hier sieht man die Relativität der Dialektik aufscheinen, bei der Begriffsbestimmung auch immer Begriffseinschränkung und Einbettung in seine Voraussetzungen bedeutet. Er stellt das Verhältnis des Menschen zu einem Ding dar. Im Wechselverhältnis des Menschen zur Natur (auch seiner eigenen) oder der Menschen untereinander werden Bedürfnisse hervorgebracht und entsprechende Gebrauchswerte notwendig.


Also Bedürfnisse sind auch ständig in der Entwicklung und verändern sich, bringen neue hervor oder lösen andere ab.


Beispiele:

Aus der Natur des menschlichen Körpers selbst, kommt mit dem Hunger die Notwendigkeit, Arbeit darauf zu verwenden, Nahrung zu produzieren. Das geschieht auf dem jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungsstand, als Beerenpflücken, oder industrieller Fertigsuppenproduktion.


Andererseits besteht für eine Manager die Notwendigkeit für eine Menge von Gebrauchswerten auf Grund alleine der Erhaltung seiner gesellschaftlichen Stellung (Auto, Haus, Kleidung,..).


[Konkretion]

Weiterhin, in Wirklichkeit ist Gebrauchswert immer an konkrete Bedürfnisse gebunden. Diese befinden sich im Fluß, in ständiger Entwicklung und Veränderung. Damit ist aber auch ein Gebrauchswert hier, immer ein konkreter. Es gibt in der materialistischen Dialektik, derer sich Marx hier bedient, keinen Gebrauchswert als solchen, existierenden reinen Gebrauchswert. Das ist nur eine Wesensbestimmung menschlicher Produkte, die nur in ihren Erscheinungen, zB einem Computer, konkret existiert obwohl sie hier abstrakt als Gattung 'Computer' benannt ist - wie auch sonst. Damit ist Gebrauchswert in seiner konkreten Existenz auch historisch. Also Gebrauchswert ist gleichzeitig historisch und ahistorisch.


Also analog zu den Bedürfnissen ändern sich auch die Gebrauchswerte und befinden sich gerade in Bezug auf die Entwicklung der Produktivkräfte, verändert sich mit den Technologien seiner Erzeugung.


Der Gebrauchsfähigkeit liegt auch immer eine bestimmte Qualität (Beschaffenheit) und Quantität (Anzahl) zu Grunde.


Beispiel:

Kohle macht nur in einer bestimmten Menge für den Winter Sinn, um zu heizen. Auch, schränkt der Feuchtigkeitsgehalt ihre Benutzung ein. Hat man eine Ölheizung, so macht Kohle in keinem Maß für diese Funktion einen Sinn, ist so kein Gebrauchswert.


[Konktrete Arbeit]

Kommen wir wieder zum Bezug auf den Doppelcharakter der Arbeit. So ist der Gebrauchswert, der in seiner Existenz als Computer, Schuh oder Sack Kohle konkret ist, auch immer Ergebnis einer konkreten ihn erzeugenden Arbeit. (Es gibt keine Arbeit, die alle Produkte erzeugen kann.) So kann man im Bergbau wohl Kohle gewinnen, aber keinen Computer herstellen. Ganz klar. Ebenso ist das Ziel des Gebrauchswert sein Gebrauch. Also:

Der Gebrauchswert realisiert sich im Gebrauch.


2.2 Tauschwert oder die Wertform (Erscheinungsebene)


Wie wir gesehen haben, werden allgemein und konkret nützliche Dinge produziert. Geht man nun auf die Marxsche Intention ein, das Kapital in seinem Wesen, inneren Zusammenhängen und Triebkräften zu erschließen im Das Kapital, dann verweist aber Gebrauchswert als ökonomische Kategorie schon auf sein Gegenteil, den Tauschwert. Eine Ware ist ja gerade (1. Vortrag) die Einheit des Gegensatzes von Gebrauchswert und Tauschwert (Dialektik). Damit verweist diese Kategorie schon auf ihre historische Bedingtheit.


Aus dem Grundwiderspruch in der kapitalistischen Produktion zwischen unabhängigen Privatarbeiten und ihrer Gesellschaftlichkeit, als Teile der gesamtgesellschaftlichen Produktion, folgt die Notwendigkeit, diese Produkte zu tauschen.


[Grundwiderspruch]

Ein Produkt kann aber nur Tauschwert werden, wenn es für mich kein Gebrauchswert ist, sonst würde ich es nicht weggeben können. Andererseits muß es Gebrauchswert für andere sein, sonst würde er es nicht eintauschen wollen. Hier ist wieder zu sehen, das das Produkt als eines für andere ein gesellschaftliches Produkt ist und hier Ware wird.


[GW => TW, Umkehrung gilt nicht allgemein ]

Dies bedeutet Gebrauchswert ist notwendige Voraussetzung, damit ein Ding Tauschwert sein kann. In sofern nennt man den Gebrauchswert auch Träger des Tauschwertes. Verliert ein Ding seine Nützlichkeit (allgemein), so auch für den potentiellen Tauschpartner und ist somit kein Tauschwert mehr. Andersherum sind Dinge, die Notwendig sind für unser Leben, also Gebrauchswerte sind, allgemein keine Tauschwerte. So zb die Luft zum Atmen.


Realisierung(TW) => Realisierung(GW)


[Dialektik]

Aber der Gebrauchswert einer Ware, der sich im Gebrauch realisiert, muß im allgemeinen zuvor getauscht werden, dh, seinen Tauschwert realisieren. Hier verschwindet also erst der Gebrauchswert hinter dem Tauschwert. Dann im Austauschprozeß löst sich der Tauschwert auf und schlägt in sein Gegenteil um. den Gebrauchswert. Hier haben wir also die Einheit und den Kamf der Gegensätze hautnah. Kommen wir nun zum Tauschwert selbst.


Der Tauschwert erscheint zunächst als das

quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich

Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte an-

derer Art austauschen11, ein Verhältnis, das bestän-

dig mit Zeit und Ort wechselt. Der Tauschwert scheint

daher etwas Zufälliges und rein Relatives, ein der

Ware innerlicher, immanenter Tauschwert (valeur in-

trinsèque) also eine contradictio in adjecto.12 Be-

trachten wir die Sache näher.

[Marx: Das Kapital, S. 57. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3366 (vgl. MEW Bd. 23, S. 50-51)]


Von vornherein ist also klar, Tauschwert ist ein Beziehungsbegriff, stellt ein Verhältnis dar. Er erscheint zuerst als eine Ding-Ding-Relation quantitativer Art. Eine Ware kann ihren Tauschwert nur in Bezug zu einer anderen Ware messen.


Aber auch Tauschwert einer Ware birgt einen Widerspruch, daß sie viele verschiedene Tauschwerte hat.


Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte

derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens

aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Aus-

drucksweise, die »Erscheinungsform« eines von ihm

unterscheidbaren Gehalts sein.

[Marx: Das Kapital, S. 57. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3366 (vgl. MEW Bd. 23, S. 51)]


[Motivation]

Tauschgleichheit -> Wertding -> abstrakten Arbeit -> abstrakten Zeit = Wert


x Ware A = y Ware B


Im Tausch nun stehen sich zwei Waren gegenüber. In Wirklichkeit sind das immer zwei verschiedene Waren, dh solche von verschiedener Qualität. Niemand tauscht gleiches gegeneinander. Dies bedeutet aber auch, das es etwas gleiches geben muß, eine gleiche Qualität, die sich da vergleicht. Wieder haben wir einen Widerspruch der nach lösung schreit und uns vorantreibt.


[Das gleiche Dritte]

Was kann nun dieses Gleiche sein, was in vielen verschiedenen Tauschwerten erscheint ? Vollziehen wir wie Marx eine bestimmte Abstraktion, die alles ungleiche unbeachtet läßt. Suchen wir also das Wesentliche, entkleiden die Ware aller Qualitäten, also vom Gebrauchswert selbst. So bleibt an den Waren nur eine gemeinsame Eigenschaft, Produkt menschlicher Arbeit zu sein. An den erzeugenden Arbeiten lassen wir nun analog auch alle Qualitäten weg, entkleiden die konkreten Arbeiten, abstrahieren von ihnen. So bleibt nichts als abstrakte Arbeit, menschliche Arbeit. Also sind auf beiden Seiten gleiche Wertdinge, als Produkte dieser abstrakter Arbeit.


[Das Maß]

Wie aber mißt man diese nun, schließlich will man gleiches tauschen. Es bleibt nur eines an der abstrakten Arbeit übrig, was sich vergleichen läßt, das ist ihre Quantität. Diese nun mißt sich aber in der Zeit. Aber auch das nicht in den konkreten Zeiten die nun gerade in der Produktion für dieses Stück Ware ausgegeben wurden, sondern in der abstrakten, also hier Durchschnittszeit über alle diese Ware produzierenden Privatproduzenten.


[Widerspruch der Ware]

Also Gleichheit als Wertding und Ungleichheit als Gebrauchswert ist notwendige gleichzeitige Bedingung für den Tausch, also genau der Warencharakter der Produkte.


Weiterhin haben wir der Widerspruch verschiedener Tauschwerte aber einer ihnen gemeinsamen abstrakten Arbeitszeit.


2.3 Wert (Wesensebene)


Die Wertgegenständlichkeit der Waren unterschei-

det sich dadurch von der Wittib Hurtig, daß man nicht

weiß, wo sie zu haben ist. Im graden Gegenteil zur

sinnlich groben Gegenständlichkeit der Warenkörper

geht kein Atom Naturstoff in ihre Wertgegenständ-

lichkeit ein. Man mag daher eine einzelne Ware dre-

hen und wenden, wie man will, sie bleibt unfaßbar als

Wertding.

[Marx: Das Kapital, S. 75. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3384 (vgl. MEW Bd. 23, S. 62)]


Diesen Gehalt, das Wesentliche finden wir im Wert. Des bedeutet aber auch in der Dialektik, das wir den Wert an der Ware als solches nicht finden ist. Er ist nur in seiner Erscheinung, dem Tauschwert, greifbar ! Wir haben hier einen kategorialen und einen wirklichen Unterschied. Auf der anderen Seite muß der Wert als solches erscheinen. So realisiert sich der Wert im Tauschwert.


Der Wert einer Ware ist also die zu seiner Produktion verausgabte gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Die Wertgrößen sind hierbei die Quanta abstrakter Zeit. So stehen sich also im Wertausdruck zwei abstrakte Arbeitszeiten in Form von Warenquanta gegenüber. Wert repräsentiert somit ein gesellschaftliches Verhältnis. Dies formuliert das Wertgesetz:


Der Wert einer Ware verhaelt sich zu dem einer anderen wie die gesell notw Arbeitszeiten zu deren Produktion.

[Kapital BdI S.43,44]


[Dynamik]

Der Wert verändert sich wie der Tauschwert. Doch während der Tauschwert in Angebot und Nachfrage sich bewegt und in der Verschiedenheit der Äquivalente, an der Oberfläche der Zirkulationssphäre ständige Bewegung eine seiner Eigenschaften darstellt (Sonderangebot, SSV, Kampfpreise). So ändert sich der Wert nur mit der Entwicklung der Produktivkräfte, mit der Produktivität der menschlichen Arbeit. Wird zB eine verbesserte Technologie eingeführt, so ändert sich im Laufe der Zeit tendenziell die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit und damit der Wert der betroffenen Waren. Der Tauschwert nun wieder folgt tendenziell dieser Bewegung.



2.4 Fetischcharakter der Ware


Die seltsamen Eigenheiten der Ware entspringen nicht ihrem Gebrauchswert, denn als solches ist sie nur ein ordinäres materielles Ding mit nützlichen Eigenschaften. Ebenso wenig kommen sie aus der Wertbestimmung, da hier einfach Arbeit in einer bestimmten Zeit verausgabt wird. Das passiert in allen Gesellschaftsordnungen, also nicht nur, wenn Produkte Waren sind. Müssen wir es also in der Form selbst suchen.


Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also

einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaft-

lichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständ-

liche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als ge-

sellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zu-

rückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Ver-

hältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein

außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhält-

nis von Gegenständen.

[Marx: Das Kapital, S. 117. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3426 (vgl. MEW Bd. 23, S. 86)]


Den handgreiflichen Ausdruck hat dieser Umstand in der Notwendigkeit des Preisschildes. Hier wird offensichtlich, das die Eigenschaft 'Tauschwert zu sein' und so und soviel zu kosten, keine unmittelbare Eigenschaft eines Warenkörpers ist, ändert sich doch auch die Höhe des Tauschwertes ständig oder geht auf Null bei Unverkäuflichkeit.


Die Ware hat also diese Eigenschaft, hat sie aber auch nicht.


Woher entspringt also der rätselhafte Charakter des

Arbeitsprodukts, sobald es Warenform annimmt? Of-

fenbar aus dieser Form selbst. Die Gleichheit der

menschlichen Arbeiten erhält die sachliche Form der

gleichen Wertgegenständlichkeit der Arbeitsprodukte,

das Maß der Verausgabung menschlicher Arbeitskraft

durch ihre Zeitdauer erhält die Form der Wertgröße

der Arbeitsprodukte, endlich die Verhältnisse der Pro-

duzenten, worin jene gesellschaftlichen

Bestimmungen ihrer Arbeiten betätigt werden, erhal-

ten die Form eines gesellschaftlichen Verhältnisses

der Arbeitsprodukte.

Das Geheimnisvolle der Warenform besteht also

einfach darin, daß sie den Menschen die gesellschaft-

lichen Charaktere ihrer eignen Arbeit als gegenständ-

liche Charaktere der Arbeitsprodukte selbst, als ge-

sellschaftliche Natureigenschaften dieser Dinge zu-

rückspiegelt, daher auch das gesellschaftliche Ver-

hältnis der Produzenten zur Gesamtarbeit als ein

außer ihnen existierendes gesellschaftliches Verhält-

nis von Gegenständen.

[Marx: Das Kapital, S. 117. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3426 (vgl. MEW Bd. 23, S. 86)]


Wir haben also eine Eigenschaft, die materieller Natur ist, aber keine Eigenschaft des Dinges selbst als Ding ist. Will sagen, es ist weder im Stoff zu finden, also nicht im anorganischen oder organischen Sein. Sie steckt im gesellschaftlichen Sein, ist Ausdruck eines gesellschaftlichen Verhältnisses und damit materiell. Das Verhältnis der Menschen als Privatproduzenten als Teil der gesellschaftlichen Gesamtproduktion wird zu einem Verhältnis zwischen Dingen, eine Eigenschaft von ihnen.


Im übrigen entsteht dieser Schein notwendig, diese Verkehrung, das Verhältnisse zwischen Menschen zu solchen unter Dingen werden. Er entsteht nämlich aus dem speziellen Widerspruch, das privat produziert aber für die Gesellschaft, also für andere, wird. Dieser Widerspruch muß in der Wirklichkeit vermittelt werden, nämlich über den Tausch, über die Zirkulation. Damit wird das Produkt notwendig Ware, so es in den Tausch eintritt als Einheit von Tausch und Gebrauchswert, nimmt es diesen Widerspruch in sich selbst mit in die Zirkulation und wurde aber auch schon in ihm produziert, nämlich für den Markt als potentielle Ware.


Das ist die „Übersinnlichkeit“ der Ware, die als Metapher den 'Fetisch' rechtfertigt, die Eigenschaften Dingen zu eigen machen, die ihnen als Dingen selbst nicht zukommen, sondern nur das Verhältnisse von Menschen dazu ausdrücken. Siehe die US-amerikanische Fahne.


Nachsatz


Eigentlich müßte nun die notwendige Genese des Geldes aus der Ware entfaltet werden und dann die allgemeine Form des Kapitals bis hin zu seinen Kreisläufen, um dann schließlich irgendwann mit der Analyse und Darstellung der Oberflächenkategorien zu kommen. Da aber zB die Genese des Geldes schon selbst ein eigener Vortrag wäre, schließen wir erst einmal in der Hoffnung, das gröbste Fundament gelegt zu haben und geben nur noch die wichtigsten Funktionen des Geldes und ihrer Widersprüche an.


Wie wir gesehen haben, ist die Ware die widersprüchliche Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert. Mit Marx Darstellung müßte man nun in den Austauschprozeß gehen bzw die Wertformanalyse nachvollziehen. Dies fassen wir abschließend in folgende Weise zusammen.


Die Gesetze der Warennatur betätigten sich im Naturinstinkt

der Warenbesitzer. Sie können ihre Waren nur als

Werte und darum nur als Waren aufeinander beziehn,

indem sie dieselben gegensätzlich auf irgendeine

andre Ware als allgemeines Äquivalent beziehn. Das

ergab die Analyse der Ware. Aber nur die gesell-

schaftliche Tat kann eine bestimmte Ware zum allge-

meinen Äquivalent machen. Die gesellschaftliche Ak-

tion aller andren Waren schließt daher eine bestimmte

Ware aus, worin sie allseitig ihre Werte darstellen.

Dadurch wird die Naturalform dieser Ware gesell-

schaftlich gültige Äquivalentform. Allgemeines Äqui-

valent zu sein wird durch den gesellschaftlichen Pro-

zeß zur spezifisch gesellschaftlichen Funktion der

ausgeschlossenen Ware. So wird sie - Geld.

»Illi unum consilium habent et virtutem et potesta-

tem suam bestiae tradunt. Et ne quis possit emere aut

vendere, nisi qui habet characterem aut nomen

bestiae, aut numerum nominis ejus.« (Apokalypse.)

Der Geldkristall ist ein notwendiges Produkt des

Austauschprozesses, worin verschiedenartige Arbeits-

produkte einander tatsächlich gleichgesetzt und daher

tatsächlich in Waren verwandelt werden.

[Marx: Das Kapital, S. 137. Digitale Bibliothek Band 11: Marx/Engels, S. 3446 (vgl. MEW Bd. 23, S. 101-102)]