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Team Horst Meixner, Manfred Turban (Herausgeber)
Thema Etappen bürgerlicher Marxkritik - Anmerkungen zur Marx—Kritik der Österreichischen Schule der Nationalökonomie - (EI1) ( original )
Status 1974 - Verlag Andreas Achenbach Giessen
Letzte Bearbeitung 07/2006
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- I. Von der objektiven zur subjektiven Wertlehre
- II. Kritik der Marxschen Arbeitswertlehre bis hin zum sogenannten Transformationsproblem
- III. Zur Marx-Kritik der Vertreter der Grenznutzentheorie - kurzer historischer Abriß sowie Basis-Axiome dieser Theorie
- IV. Zur Marx-Kritik des Eugen von Böhm Ritter von Bawerk und der Antikritik Rudolf Hilferdings
- V. Zur Widerlegung der Arbeitswerttheorie überhaupt des Johann von Komorzynski
- VI. Zur Stellung der Marx-Kritik von Emil Lederer

- I. Von der objektiven zur subjektiven Wertlehre

Bereits aus dem Untertitel von Marxens Hauptwerk ("Kritik der politischen Ökonomie") geht hervor, daß sein theoretisches Wirken und seine intensive Beschäftigung mit der Ökonomie nicht darauf abzielte, dem auch zur damaligen Zeit durchaus breit gefächerten Spektrum der bürgerlichen Ökonomie eine neue ‘Schule‘ hinzuzufügen, sondern daß seine Intentionen vielmehr darauf gerichtet waren, eine radikale Kritik der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft mitsamt ihren Entsprechungen im Bereich der Theorie - besonders im Bereich der ökonomischen Wissenschaft - zu leisten. Die Nationalökonomie sah sich demzufolge - genau wie ihre Schwesterdisziplinen - nicht mit einer in dem Sinne konstruktiven Kritik konfrontiert, daß dieser die Absicht zugrunde lag, ihre Inhalte und Ergebnisse im Hinblick auf eine Erhöhung ihres Erklärungsgehaltes zu problematisieren, sondern von der Marxschen Kritik wurden ihre sämtlichen Basissätze mitsamt deren Wahrheits- und Relevanzansprüchen, die Gesamtheit dessen, was sich als ökonomische Wissenschaft vorstellte, zur Disposition gestellt. Während der Nationalökonomie ihre Kategorien - in Entsprechung ihres Verständnisses von bürgerlicher Gesellschaft als ewiger und natürlicher Form des menschlichen Zusammenlebens - als ewige Gesetze, "ewige Formeln, die weder Ursprung noch Fortschritt kennen"*I.1 , erschienen, kam Marx zu dem Ergebnis, daß "die ökonomischen Kategorien nur die theoretischen Ausdrücke, die Abstraktionen der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse"*I.2 sind. Sie wurden also nicht nur einfach als dem zugrundeliegenden Erkenntnisgegenstand gegenüber inadäquat im Sinne von im Widerspruch zur erfahrbaren, Wirklichkeit stehend, denunziert, sondern sie erfuhren in der Weise ihre Verarbeitung, als ihnen die Relevanz als "gesellschaftlich gültige, also objektive Gedankenformen für die Produktionsverhältnlsse dieser historisch bestimmten gesellschaftlichen Produktionsweise, der Warenproduktion"*I.3 zugesprochen und damit ihre historische und gesellschaftliche Beschränktheit aufgedeckt wurde. Diese fundamentale Kritik traf die nationalökonomische Wissenschaft zu einer Zeit, als sie sich selbst in einem Stadium des Umbruchs befand. Die mit

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dem Kampf des Bürgertums gegen die feudalen Massen zusammen fallende Vollendung der klassischen ökonomischen Theorie in den weitgehend auf der Arbeltswertiehre basierenden Systemen von A. Smith und D. Ricardo lag bereits eine geraume Zeit zurück. Verschiedene sozialistische und prosozialistische ökonomische Theoretiker wie z.B. Thomas Hodgskin waren dazu übergegangen, in Weiterentwicklung der ricardianischen Arbeitswertlehre die von den Klassikern aus dem bürgerlichen Begriff der produktiven Arbeit heraus gegen die ‘schmarotzenden‘ Feudalklassen gerichtete Gesellschaftskritik nunmehr auch gegen das Bürgertum zu wenden, da dieses sich in durchaus vergleichbarer Weise aus dem von der Arbeiterklasse geschaffenen Mehrprodukt reproduzierte, ohne an der Wertproduktion direkt zu partizipieren*I.4 . Dies geschah zunächst unter dem Vorzeichen utopisch-sozialistischer Vorstellungen.

Die Konfrontation der ökonomischen Wissenschaft des Bürgertums mit einer Reihe von Dissidenten, die aus der Konsequenz der ricardianischen Arbeitswertlehre die ersten Schritte auf dem Weg zum wissenschaftlichen Sozialismus zurücklegten, konnte für die herrschenden ökonomischen Theorien nicht ohne weitreichende Konsequenzen bleiben. Was eintrat, war eine grundlegende Umgestaltung der Fundamentalaxiome der nationalökonomischen Lehrsysteme. Bereits zu Lebzeiten Marxens vollzog sich die Hinwendung der offiziellen wissenschaftlichen Ökonomie zur subjektiven Wertlehre, die zwar ansatzweise auch auf A. Smith rekurrieren konnte, jedoch erst in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts durch Menger, Jevons und Walras die Konsistenz eines umfassenden und geschlossenen Lehrsystems erhielt*I.5 . Die subjektive Wertlehre nahm davon Abstand, den Wert aus einer objektiven gesellschaftlichen Bestimmung heraus zu erklären; die Ableitung des Wertes, der einem Gut beizumessen ist, erfolgte nunmehr über die subjektive Nutzenschätzung eines "Wirtschaltssubjekts" gegenüber diesem Gut auf der Grundlage gegebener Vorräte. Das auf diesen Axiomen basierende theoretische Gebäude der Grenznutzentheorie stellte sich im Selbstverständnis seiner Vertreter als völliger Neubeginn in der ökonom-

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schen Wissenschaft dar*I.6 . Die Nationalökonomie hatte einen radikalen Bruch mit ihren klassischen Vorläufern vollzogen und sie hatte die Grundlagen eines theoretischen Systems entwickelt, das in der Lage schien, als theoretischer Damm gegenüber der sozialistischen Kritik zu bestehen. Wie von R. Hilferding *I.7 und N. Bucharin*I.8 schon frühzeitig erkannt worden war, trat mit der subjektiven Wertlehre ein Theoriesystem auf den Plan, das ‘die ökonomischen Erscheinungen von einem einheitlichen Gesichtspunkt aus zu begreifen*I.9 suchte, dem weiterhin eine logische Geschlossenheit zukan, und das demzufolge auch zu einer ‘wissenschaftlichen Waffe ... gegen die immer drohendere Arbeiterbewegung‘*I.10 wurde. Als eine der wichtigsten Richtungen innerhalb der Grenznutzenlehre kristalllsierte sich schon bald die "Österreichische Schule" der Nationalökonomie mit ihrem, nach Menger wichtigsten Vertreter Eugen von Böhm-Bawerk heraus. Besonders von ihr ging im Vollgefühl ihres lehrgeschichtlichen Triumphes ein erster systematischer Versuch zur "Widerlegung" der Marxschen Theorie aus, an der sich dann die "klassische Kontroverse" zwischen Eugen von Böhm-Bawerk und Rudolf Hilferding entzündete. Bei dieser Gelegenheit wurde zum ersten Mal - und wie bisher nicht wieder - eine offene Polemik über Ansatz und Erklärungsgehalt der konfrontierten Theoriesysteme geführt.

Mit der Darstellung dieser Kontroverse im vorliegenden Band soll eine Reihe "Etappen bürgerlicher Marx-Kritik" eröffnet werden. Diese Reihe stellt sich zur Aufgabe, die von der Nationalökonomie formulierte Kritik an der Marxschen Theorie in ihrem Entwicklungsablauf zu systematisieren und zu dokumentieren. Die Auswahl der Texte, die in die jeweiligen Bände aufgenommen werden sollen, orientiert sich an der Repräsentanz der Beiträge für bestimmte Entwicklungsphasen der Nationalökonomie - wie der vorliegende Band, der die Marx-Kritik der Österreichischen Schule im Anschluß an die Publikation des III. Bandes des "Kapitals" durch F. Engels zum Gegenstand hat.

Die Relevanz der Aufarbeitung der Marx-Kritik der Nationalökonomie ergibt sich u. E. unter verschiedenen Gesichtspunkten. Einmal lassen sich aus der Entwicklung der ökonomischen Marx-Kritik zweifellos wichtige Hinweise gewinnen, die Schlüsse auf die Entwicklung der Nationalökonomie selbst zulassen. Die heute stattfin-

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dende Rekonstruktion der Kritik der Politischen Ökonomie hat sich nicht zuletzt auch die Entwicklung der Nationalökonomie seit Marx zum Gegenstand der Analyse zu machen*I.11 , als ihren Kategorien eben der Charakter von Abstraktionen der sich entwickelnden gesellschaftlichen Verhältnisse des Kapitalismus zukommt. Andererseits finden an zahlreichen westdeutschen Hochschulen - u. a. auch in wirtschaftswissenschaftlichen Fachbereichen - heute wieder Auseinandersetzungen zwischen Vertretern der bürgerlichen Ökonomie und Marxisten statt - Auseinandersetzungen, die vor allem auch im Zusammenhang mit von sozialistischen Hochschulgruppen erhobenen Forderungen geführt werden, Lehreinheiten zur Kritik der politischen Ökonomie einzurichten. Die Lehrstuhlinhaber der Nationalökonomie sehen sich daher bisweilen veranlaßt, nach Jahrzehnten des - weitgehend auch unwidersprochen hingenommenen - Todschweigens der marxistischen Theorie kritisch auf deren Ansatz einzugehen. Je nach Kapazität der Vertreter der bürgerlichen Wissenschaften geschieht das mehr oder weniger qualifiziert. Allgemein kann man jedoch wohl eine Tendenz feststellen, nach der auch die traditionellen Argumente bürgerlicher Marx-Kritik - vor allem im Rekurs auf Böhm-Bawerk - von den nationalökonomischen Fachvertretern mit größer werdendem Nachdruck aufgearbeitet werden. Die simple Kenntnis der Argumentationsketten der Marx-Kritik der subjektiven Wertlehre ist Voraussetzung, um darauf antikritisch eingehen zu können.

- II. Kritik der Marxschen Arbeitswertlehre bis hin zum sogenannten Transformationsproblem

Als Eugen von Böhm-Bawerk 1896 - also zwei Jahre nach der Herausgabe des dritten Bandes des ‘Kapital‘ durch Friedrich Engels und fast dreißig Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes seine Marx-Kritik veröffentlichte*II.1 , meinte er feststellen zu können, daß Marx als Schriftsteller "ein beneidenswert glücklicher Mann gewesen" sei. Obwohl mit dem "Ballast von schwieriger Dialektik" befrachtet und voll "von ermüdenden, mit mathematischem Rüstzeug arbeitenden Deduktionen" habe sein Werk ihn doch zu einem "Apostel für weiteste Kreise und gerade für solche Kreise" werden lassen, "deren Sache sonst die Lektüre schwieriger Bücher nicht ist"*II.2

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Böhm-Bawerks Verwunderung erscheint umso verständlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die akademische Nationalökonomie - bis auf Ausnahmen, wie z.B. damals noch Sombart - ihr Teil dazu beitrug, ein solch gefährliches, weil trotz seiner Abstraktheit höchst praktisches Werk wie das ‘Kapital‘ von potentiellen Lesern fernzuhalten*II.3 . Die offiziellen Reaktionen der nationalökonomischen Autoritäten nach dem Erscheinen des ersten Bandes waren spärlich und, wenn überhaupt vorhanden, wie etwa die mit Rr. gezeichnete Rezension, die in diesen Band aufgenommen wurde, so sprach daraus nur Ablehnung. Die geistigen Vertreter des Bürgertums hatten erkannt, daß der von Marx kritisch aufgenommene Ansatz der klassischen Ökonomie in der Gestalt der Arbeitswertlehre sozialen Sprengstoff barg; oder - um es mit dem Autor der erwähnten Rezension zu formulieren: nicht nur sei "die ganze Grundanschauung des Verfassers eine verfehlte und widerspruchsvolle", die "unmöglich zu befriedigenden Resultaten führen"*II.4 könne, sondern dieses Buch müsse "auch dem Widerstrebendsten die Augen darüber öffnen, daß die Begriffe des Smithianismus die eigentlichen Waffen des Sozialismus sind"*II.5 . An diesem Tenor änderte sich auch In der folgenden Zeit wenig. Wenn man es nicht vorzog, Marx völlig totzuschweigen, so bescheinigten die "Ökonomen vom Fach" seiner Theorie Unhaltbarkeit oder zumindestens Einseitikeit*II.6 .

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Die Rezeption und Kritik mußte sich in dieser Phase notwendigerweise auf das im ersten Band des ‘Kapital‘ Dargelegte beschränken. Im Zentrum der Polemik stand dabei stets die als Angelpunkt der Marxschen Theorie identifizierte Wert- und Mehrwertlehre*II.7 . Auch das Erscheinen des zweiten Bandes, zwei Jahre nach dem Tode des Verfassers im Jahre 1885, änderte daran zunächst wenig. Die Bedeutung der darin zur Darstellung gelangten Reproduktionstheorie wurde von den bürgerlichen Kritikern kaum erkannt*II.8 , so daß der Schwerpunkt der Auseinandersetzung sich nicht verschob. Allerdings hatte sich Engels als Herausgeber des zweiten Bandes genötigt gesehen, in einem Vorwort dem Vorwurf des Plagiats, das Marx an Rodbertus begangen haben sollte, entgegenzutreten*II.9 . In diesem Zusammenhang richtete er an "die Ökonomen (...)‚ die in Rodbertus die geheime Quelle und einen überlegenen Vorgänger von Marx entdecken wollen", die Aufforderung, auf der Basis der Rodbertusschen Ökonomie den Nachweis zu erbringen, "wie nicht nur ohne Verletzung des Wertgesetzes, sondern vielmehr auf der Grundlage desselben eine gleiche Durchschnittsprofitrate sich bilden kann und muß"*II.10 . Im Anschluß an diese Aufforderung entwickelte sich eine Auseinandersetzung um das "Rätsel der Durchschnittsprofitrate bei Marx", die bis zum Erscheinen des dritten Bandes des ‘Kapital´ im Jahre 1894 andauerte. An der Debatte beteiligten sich eine ganze Reihe von Ökonomen*II.11 , wobei einige Autoren meinten, Lösungen

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anbieten zu können, die die Basis der Werttheorie des ersten Bandes des ‘Kapital‘ nicht verletzten - so insbesonders Conrad Schmidt und P. Fireman -‚ während andere auf die angebliche prinzipielle Unvereinbarkeit von gleicher Durchschnittsprofitrate und Wertgesetz abstellten, und damit bereits den für die nationalökonomische Marx-Kritik der Folgezeit zentralen Vorwurf ansatzweise formulierten. Es kündigt sich hier der Wendepunkt an, der sich für die akademische Marx-Kritik mit der Publikation des dritten Bandes des ökonomischen Hauptwerks von Marx im Jahre 1894 ergibt. Obwohl gerade dieser Text den Charakter eines Torsos nicht verleugnen kann, so lag nun doch wesentliches Material vor, an dem sich die Kritik erneut entzünden konnte*II.12 . Als wichtigstes Moment für die Beurtei-

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lung des Gesamtwerks kam nun die Theorie der Produktionspreise und damit die Marx‘sche Lösung des Problems der Durchschnittsprofitrate in die Diskussion. Diese Lösung wurde nicht nur als völig unzulänglich und logisch inkonsistent abgetan, sondern auch als Indiz dafür gewertet, daß bei der Formulierung der Wert- und Mehrwertlehre bei Marx der Wunsch der Vater des Gedankens gewesen sei.

Denn - ergibt sich der Wert der Waren nicht aus der durchschnittlich notwendigen, gesellschaftlichen Arbeitszeit, sondern verdankt er seine Entstehung irgendwelchen anderen Faktoren, so muß notwendigerweise auch der Begriff von Ausbeutung fallen. Und ist dieser von Marx denunziatorisch verwandte Begriff erst einmal beseitigt, so kann sich die kapitalistische Produktionsweise - wenigstens in ihrem theoretischen Selbstverständnis - wieder strahlender Makellosigeit erfreuen. Die "schlechte Realität" der kapitalistischen Produktionsweise erscheint in den theoretischen Kategorien dann nicht mehr gekennzeichnet von systematischen Widersprüchen, die nach Auflösung in Krisen streben, sondern als prinzipiell zum Gleichgewicht tendierend; die strukturellen Brüche des Systems nur noch als marginale Schwächen, die im äußersten Falle milder, korrigierender Maßnahmen bedürfen*II.13 .

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Hieran wird deutlich, daß jenes Moment der Marxschen Theorie, das von sozialistischen Theoretikern bis heute unter dem Titel der "Transformationsproblematik" verhandelt wird, für die Kritiker aus den Reihen der bürgerlichen Ökonomen einen ganz anderen Stellenwert besaß und besitzt: Mit dem angeblichen - bis heute viel zitierten - Widerspruch zwischen erstem und drittem Band ist für sie augenscheinlich der Ansatzpunkt gegeben, von dem aus sich das ganze monumentale Theoriegebäude aus den Angeln heben läßt, oder - wie Böhm-Bawerk es formuliert, "das äußerst kunstreich erdachte, mit fabelhafter Kombinationskraft in zahllosen Gedanken-Etagen aufgebaute, mit bewundernswerter Geisteskraft zusammengehaltene Kartenhaus"*II.14 stürzt an diesem Punkt in sich zusammen.

- III. Zur Marx-Kritik der Vertreter der Grenznutzentheorie - kurzer historischer Abriß sowie Basis-Axiome dieser Theorie

Es ist in diesem Zusammenhang sicher kein Zufall, wenn die Kritik nach dem Erscheinen des Dritten Bandes ganz wesentlich von Vertretern der Grenznutzentheorie - und hier wieder insbesondere von Theoretikern der "österreichischen Schule" der Nationalökonomie vorgetragen wurde. Hier lag ein geschlossenes theoretisches System vor, für das der Anspruch bestand, es könne das "Wesen des sozialen Wirtschaftsprozesses" von einem analytischen Ansatz her in den Griff bekommen. Insofern erscheint es durchaus berechtigt, mit Schumpeter von einem "Parallelismus des wissenschaftlichen Wollens"*III.1 bezüglich der Marxschen Theorie zu sprechen. Während die historische Schule in Deutschland sich den Vorwurf gefallen lassen mußte, sie verschiebe den Entwurf einer systematischen Theorie zugunsten der Sammlung von historischen Fakten und begnüge sich mit einer bunten Vielzahl von Werttheorien, die ihren Eklektizismus kaum noch verleugnen könnten, nahm die österreichische Schule für sich in Anspruch. ein in sich konsistentes Theoriesystem geschaffen und ausgebaut zu haben, das sie für geraume Zeit zum

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"stärksten Gegner des Marxismus"*III.2 werden ließ. Dogmengeschichtlich kann festgehalten werden. daß sich die Grenznutzentheorie in ihren wesentlichen Grundgedanken gegenüber der Historischen Schule hat durchsetzen können, so daß sich die Nationalökonomie bis heute in ihren zentralen Theoremen - besonders in der Mikrotheorie - noch auf diese Ansätze bezieht; denn wenn die Entwicklung auch dahin führte, daß sich der ursprünglich werttheoretische Inhalt mehr und mehr zugunsten der Betonung des Marginalgedankens an sich und einer inhaltsleeren Praxeologie verflüchtigte, so kommt die moderne bürgerliche Ökonomie doch nicht ohne werttheoretischen Hintergrund aus, wenn sie z. B. in der Haushaltstheorie mit Hilfe der Indifferenzkurvenanalyse Nachfragekurven konstruiert.

Die Grenznutzentheorie - als "letzte große Werttheorie in der bürgerlichen Ökonomie"*III.3 - wurde in ihren wichtigsten Bestandteilen durch drei Theoretiker zu Beginn der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts formuliert, die unabhängig voneinander zu ähnlichen Auffassungen gelangt waren: von Carl Menger, William Stanley Jevons und Leon Walras*III.4 . Obwoh1 ihren Ausführungen der Gedanke des Grenznutzens in impliziter Form gemeinsam ist (der Begriff selbst wurde in dieser Form erst durch Wieser 1884 eingeführt), enthalten ihre Theoriesysteme doch auch eine Reihe von Unterschieden: "Carl Menger entwickelt ein umfassendes allgemeines Lehrgebäude, in dem die neuen Marginalgedanken zunächst nicht sonderlich hervorstechen. William Stanley Jevons‘ System ist am unvollständigsten; es reduziert die ökonomischen Vorstellungen im wesentlichen auf eine einfache Tauschkonzeption. Leon Walras entwickelt dagegen bereits eine funktionelle Preistheorie, von der die beiden anderen Begründer noch weit entfernt sind"*III.5 . Theoriegeschichtlich konnte die neue Grenznutzenlehre aber doch auf eine ganze Reihe von Vorläufern zurückblicken: So enthalten die Arbeiten von Condillac, Say, McCulloch, A. A. Walras (dem Vater von Leon Walras), Knies, Schäffle, v. Hermann u. a. zumindestens Elemente einer subjektiven Wertlehre *III.6 . Der "Grenznutzengedanke" war sogar von Hermann Heinrich Gossen in den fünfziger Jahren recht genau ausgeführt worden (Gossen‘ sche Gesetze), ohne daß der Autor und sein Werk auch

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nur einen minimalen Bekanntheitsgrad erreicht hatten*III.7 . Gossen mußte als Theoretiker nachträglich durch Jevons und Walras wiederentdeckt werden, als die Grenznutzenlehre hereits an Einfluß gewonnen hatte.

Daß sich im Anschluß an die drei Begründer verschiedene Schulen entwickelt haben*III.8 , weist darauf hin, daß man von einer einheitlichen Grenznutzentheorie nur in dem Sinn einer Gemeinsamkeit in der Grundauffassung bei gleichzeitigen Differenzen in Einzelfragen sprechen kann. Die "Österreichische Schule" kann dabei als diejenige angesehen werden, die "die hauptsächlichen Aussagen am vollständigsten und geschlossensten zum Ausdruck" *III.9 bringt. Lehmann rechnet zu dieser auch "psychologische Schule" genannten Gruppe außer den beiden bedeutendsten Schülern von C. Menger, Böhm-Bawerk und Wieser, noch neun weitere Ökonomen, darunter auch Johann von Komorzynski, dessen Marx-Kritik in diesem Band neu abgedruckt ist*III.10 .

Wenn im folgenden der Versuch gemacht wird, die Basis-Axiome der Grenznutzentheorie zum besseren Verständnis des theoretischen Hintergrunds der in diesem Band versammelten Kritiken zusammenfassend zu referieren, so beziehen wir uns dabei vorwiegend auf das Theoriesystem, wie es von Menger, Böhm-Bawerk und Wieser

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argumentativ vorgeführt wurde*III.11

Den Ausgangspunkt bildet eine "Lehre von den Bedürfnissen" und eine "allgemeine Lehre vom Gute" (Menger). Danach sind Güter "zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse als tauglich erkannte und für diesen Zweck verfügbare Dinge"*III.12 . Damit nun Güter "Wert" haben, müssen sie über ihre Eigenschaft Nutzen stiften zu können hinaus noch selten (knapp) sein. Damit ist eine Relation zwischen Bedarf und vorhandener Menge bezeichnet; Seltenheit und Nützlichkeit sind somit nicht Eigenschaften von Gütergattungen, sondern können nur mit Bezug auf das bedürfende und bewertende Wirtschaftssubjekt gesehen werden. "Der Wert ist demnach nichts den Gütern Anhaftendes, keine Eigenschaft derselben, ebensowenig aber auch ein selbständiges, für sich bestehendes Ding. Derselbe ist die Bedeutung, welche konkrete Güter für die wirtschaftenden Menschen dadurch erlangen, daß die letzteren in der Befriedigung ihrer Bedürfnisse von der Verfügung über die betreffenden Güter abhängig zu sein sich bewußt sind, und demnach außerhalb des Bewußtseins der Menschen nicht vorhanden"*III.13 .

Die Größe des Werts, der einem Gut zukommt, bestimmt sich aus der "Rangordnung der konkreten Bedürfnisse" (Böhm-Bawerk) und dem verfügbaren Gesamtvorrat an Gütern, die dieses Bedürfnis zu befriedigen imstande sind. Dabei ist die Größe des verfügbaren Gütervorrats insoweit entscheidend, als durch sie bestimmt wird, welches am wenigsten wichtige (Teil)-bedürfnis durch die "letzte" Einheit des Vorrats gerade noch befriedigt wird. In der Formulierung von Böhm-Bawerk: "Die Größe des Wertes eines Gutes bemißt sich nach der Wichtigkeit desjenigen konkreten Bedürfnisses oder Teilbedürfnisses, welches unter den durch den verfügbaren Gesamtvorrat an Gütern solcher Art gedeckten Bedürfnissen das mindest wichtige ist. Nicht der größte Nutzen also, den das Gut stiften könnte, ist für seinen Wert maßgebend, auch nicht der Durchschnitts-

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nutzen, den ein Gut seiner Art stiften kann, sondern der kleinste Nutzen, zu dessen Herbeiführung es oder seinesgleichen in der konkreten wirtschaftlichen Sachlage rationellerweise noch verwendet werden durfte. Nennen wir, - uns in Zukunft die langatmige Beschreibung zu ersparen - die, um ganz korrekt zu sein, sogar noch etwas langatmiger sein müßte, - diesen an der Grenze des ökonomisch Zulässigen stehenden kleinsten Nutzen nach dem Vorgange Wiesers kurz den wirtschaftlichen Grenznutzen des Gutes, so drückt sich das Gesetz der Größe des Güterwertes in folgender einfachster Formel aus: Der Wert eines Gutes bestimmt sich nach der Größe seines Grenznutzens"
*III.14 . Durch diese einfache Konstruktion war nach Ansicht der Grenznutzentheoretiker das klassische "Wertparadoxon" - Güter mit einem hohen Gebrauchswert weisen oft einen geringen Tauschwert auf et vice versa -‚ das schon Adam Smith angesprochen hatte und das von Proudhon zur "contradiction economique" erhoben worden war, erst einer endgültigen Lösung zugeführt: ausgesprochen nützliche Güter, wie Atemluft und Trinkwasser, haben deshalb keinen oder einen relativ niedrigen Tauschwert resp. Preis, weil sie in Bezug auf die darauf gerichteten Bedürfnisse in einer solchen Menge vorhanden sind, daß die letzte Einheit des Vorrats nur einem sehr kleinen Grenznutzen entspricht. Den Gesamtwert eines Gütervorrats meint Böhm-Bawerk durch Addition der unterschiedlichen Einzelnutzen der Teileinhelten ermitteln zu können, während Wieser ihn durch die Multiplikation von Grenznutzen mit der jeweiligen Stückzahl des Gesamtvorrats festgelegt sehen will. Auf der Basis dieser Werttheorie, die ihre zentralen Aussagen zunächst an Hand von Voraussetzungen wie gegebenen Vorräten und isolierten Individuen entwickelt, wird nun eine Theorie der Preisbildung entworfen, wonach sich bei beiderseitigem Wettbewerb der Marktpreis innerhalb eines Spielraums feststellt, "der nach oben begrenzt wird durch die Wertschätzung des letzten noch zum Tausch kommenden Käufers und des tauschfähigsten ausgeschlossenen Verkaufsbewerbers, nach unten durch die Wertschätzungen des mindest tauschfähigen noch zum Tausch gelangenden Verkäufers und des tauschfähigsten vom Tausch ausgeschlossenen Tauschbewerbers"*III.15 . Oder: "Die Höhe des Marktpreises wird begrenzt und bestimmt durch die Höhe der subjektiven Wertschätzungen der beiden Grenzpaare"*III.16 . Somit ergibt sich nach dieser Theorie der Preis resp. Tauschwert der Güter als Produkt subjektiver Wertschätzungen der Marktteilnehmer. Die Preise von Produktionsmitteln als "Güter höherer Ordnung" sind abgeleitet aus den Preisen von Gütern mit

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größerer Konsumreife ("Güter niederer Ordnung") und somit am Ende wiederum aus den subjektiven Wertschätzungen. Der Kostenbegriff wird ebenfalls subjektiviert und als entgangener Nutzen interpretiert. (Ein Ansatz, der in veränderter Form als "Opportunitätskosten-Prinzip" auch heute noch eine gewichtige Rolle in der bürgerlichen Ökonomie spielt.) In Bezug auf Verteilungsfragen entwickelt Wieser den Begriff des "produktiven Beitrags", den Produktivgüter zu leisten vermögen. Deren Wert leitet sich wiederum aus den Werten der mit ihrer Hilfe erstellbaren Genußgüter ab. Das Ergebnis ist eine "Zurechnungstheorie" (Wieser), die es ermöglichen soll, jedem Produktionsmittel einen bestimmten, aus seinen produktiven Verwendungsmöglichkeiten abgeleiteten Grenznutzen zuzuordnen. (Der Gedankengang ist zur "Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung" (J. B. Clark) ausgebaut worden.) Konsequenterweise entwickelt Böhm-Bawerk auch seine "Kapital- und Kapitalzinstheorie" (sein eigentliches theoretisches Hauptwerk)*III.17 auf der Grundlage der subjektivistischen Wert- und Zurechnungstheorie: Der Kapitalzins wird darin als das Ergebnis der unterschiedlichen Wertschätzung interpretiert, die die Wirtschaftssubjekte Gegenwarts- und Zukunftsgütern entgegenbringen (Agiotheorie des Zinses). Der Zins erscheint ihm deshalb als eine rein ökonomische und d. h. als eine allen Gesellschaftsformationen angehörige Kategorie.

Wie schon angemerkt, ist hier nicht der Ort, die Grenznutzentheorie geschlossen zur Darstellung zu bringen und sie einer Kritik zu unterziehen. Doch muß man sich darüber im Klaren sein, daß die in diesem Band neu publizierten Kritiken der Marxschen Theorie letztendlich nur zu verstehen sind, wenn man deren eigenen theoretischen Hintergrund miteinbezieht; d. h. die Antikritik schließt Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der subjektivistischen Wertlehre bereits ein, wenn sie nicht in bloßes Räsonieren verfallen will. Das heißt auch, daß sich die Kritik nicht auf den Entstehungszusammenhang der subjektiven Wertlehre als in irgend einer Form spezifisch "kapitalistischer" Theorie beschränken darf, um nicht in einer Entlarvungspose zu verharren, sondern fortschreiten muß zur inhaltlichen Seite, zur Konfrontation von Begriff und Sache.

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- IV. Zur Marx-Kritik des Eugen von Böhm Ritter von Bawerk und der Antikritik Rudolf Hilferdings

Nicht von ungefähr geht Böhm-Bawerks Kritik des Marxschen Systems bereits seit geraumer Zeit der Ruf voraus, als "klassisch" innerhalb solcher ökonomisch orientierter Versuche gelten zu können. P. Sweezy hat 1942 darauf hingewiesen, daß es kaum übertrieben sein dürfte, "wenn man behauptet, daß die folgenden Kritiken der Marxschen Theorie lediglich Wiederholungen der Böhm-Bawerkschen Argumente gewesen sind"*IV.1 . Wenngleich diese Aussage als für die damalige Zeit übertrieben und für die heutige Zeit als überholt gewertet werden muß, wird darin jedoch bereits deutlich, daß der Marx-Kritik Böhm-Bawerks eine herausragende Bedeutung insofern zukommt, als sie in systematischer Form wie kein anderer zeitgenössischer Beitrag der Nationalökonomie die wichtigsten von seiten der subjektiven Wertlehre gegen die Marxsche Theorie gerichteten Argumentationsketten enthält.

Wenn man nun den Versuch unternimmt, die von Böhm-Bawerk zusammengestellten "Widerlegungsversuche" und die Hilferdingsche Antikritik aus heutiger Sicht aufzuarbeiten, so drängt sich selbst bei oberflächlichem Durchgehen von Böhm-Bawerks Schrift der zwingende Eindruck auf, daß der Autor zumindest in einem Punkt seiner geradezu prophetischen Schlußfolgerungen aus seinen Untersuchungen einem gravierenden Irrtum unterlegen ist; und diese Tatsache ist auch deshalb von Bedeutung, als ihr von Böhm-Bawerk wohl ein gewisses Gewicht zugemessen wird. Nachdem er die logische Widerlegung Marxens glaubt abgeschlossen zu haben, geht er auf das zu erwartende Schicksal der Marxschen Theorie ein und er schreibt:
"Wie die Welt darüber schließlich entscheiden wird? Das Marxsche System hat eine Vergangenheit und eine Gegenwart, aber keine dauernde Zukunft. Von allen Arten der wirtschaftlichen Systeme glaube ich, sind diejenigen am sichersten dem Untergange geweiht, die wie das Marxsche auf einer hohlen dialektischen Grundlage ruhen ..." (Böhm-Bawerk)*IV.2
Die Geschichte hat diese Ausführungen des großen Vertreters der österreichischen Grenznutzenschule eindrucksvoll widerlegt; und diese Tatsache wirkt umso gewichtiger, als die marxistischen Theoretiker Westeuropas seither im Gegensatz zu ihren "Kollegen" von der akademischen Ökonomie kaum Gelegenheit hatten, ihre Gedankengänge von der beschaulichen Warte universitärer Lehrstühle herab zu überprüfen, sondern viele von ihnen Jahre und Jahrzehnte in den Zuchthäusern und KZs faschistischer Regimes oder in der Emigration zubringen mußten, was eine kontinuierliche

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Forschungsarbeit verständlicherweise nahezu unmöglich machte*IV.3 . All jene Versuche von gestern und heute, entweder die marxistische Theorie als Theorie zu destruieren, oder sie durch Liquidierung ihrer Vertreter zu vernichten*IV.4 , sind trotz der mit großem Aufwand in dieser Richtung durchgefuhrten Unternehmungen fehlgeschlagen. Und nicht nur das: wohl zu keiner Zeit dürfte die Zahl derer, die in einer Vielzahl kapitalistischer Länder unter unterschiedlichsten Bedingungen und in verschiedenster Form auf der Grundlage des Marxschen Ansatzes ihre theoretische Arbeit vorantreiben, so groß gewesen sein wie heute. Dies ist wohl als der deutlichste Hinweis für den Umstand zu werten, daß diese erstaunliche Lebenskraft der Marxschen Theorie gewiß nicht in erster Linie aus den "Wünschen und Begierden" ihrer "Anhänger" zu schöpfen ist, sondern daß in den Gesellschaften kapitalistischer Produktionsweise selbst Tendenzen angelegt sind, die einen bestimmten Teil derer, die den Produktionsverhältnissen dieser Gesellschaften auf den Grund zu gehen trachten, immer wieder auf die Marxsche Theorie verweisen. (so auch heute - Anmerkung mxks august 2006)

All jene Gesichtspunkte, die Böhm-Bawerk dazu veranlassen könnten, eine solche Fragestellung auch nur eines kurzen Bedenkens zu würdigen, läßt er mit der gesunden Vorsicht eines nationalökonomischen Fachvertreters wohlweislich außer acht. Die einzige Ebene, auf der er seine Auseinandersetzung mit der Marxschen Theorie anlegt, ist darin zu sehen, daß er ihr in einigen, von seiner Warte her entscheidenden Stellen, immanente logische Widersprüchlichkeit nachzuweisen sucht und glaubt, sie damit als Theorie erledigen zu können. (Generationenweise Widerkehr neukantianischen Wortgeklappers unter Ausblendung des Begreifens des Sachverhaltes selber - Anmerkung mxks august 2006). Theoretische Diskurse wie der seinige mit der Marxschen Theorie werden von ihm als "edler Wettstreit" geführt und die Weise, wie er seine Argumentation anzulegen pflegt, entbehrt gewiß nicht einer spielerischen Eleganz. Der soziale Gegensatz von Lohnarbett und Kapital, der zentrale Gegenstand der Theorie dessen, dem seine Kritik zuteil wird, scheint bei der Lektüre seiner Ausfuhrungen in weite Ferne gerückt. Böhm-Bawerks Bezugspunkt ist - zumindest zum Zeitpunkt des Entwurfs seines Artikels - der bekannte akademische Elfenbeinturm.

Die Kritik Böhm-Bawerks hat aber nichtsdestoweniger gegenüber "Widerlegungsversuchen" anderer Nationalökonomen den Vorzug, nicht in eklektischer Manier an einzelnen herausgegriffenen Punkten mit einer zusammenhangslosen Kritik anzusetzen, sondern den Versuch zu unternehmen, die Grundlagen des Marxschen Systems prinzipiell in Frage zu stellen.

Böhm-Bawerk sieht in der Marxschen Theorie einen fundamentalen

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"Seltstwiderspruch" angelegt. Marx habe bei der Entwicklung des Wertgesetzes die Voraussetzung formuliert, daß sich die Waren entsprechend der in ihnen verkörperten, gesellschaftlich notwendigen Arbeit vertauschten. Auf diesen Prämissen, die in Widerspruch zu den wirtschaftlichen Tatsachen stünden, basieren seine Ausführungen in den ersten beiden Bänden des "Kapital". Da Marx jedoch an der ökonomischen Wirklichkeit nicht achtlos habe vorbeigehen können, habe er sich auch theoretisch auf die tatsächlichen Verhältnisse verwiesen gesehen, nach denen der Kapitalgewinn eines Einzelkapitals zum gesamten investierten Kapital ins Verhältnis gesetzt wird. Dem habe Marx im dritten Band durch eine neue, in unüberbrückbarem Gegensatz zum Wertgesetz stehende Theorie des Durchschnittsprofits und der Produktionspreise Rechnung getragen, nach der die Kapitalisten eine Profitmasse entsprechend des individuellen Anteils des gesamten Einzelkapitals (c + v) am gesellschaftlichen Gesamtkapital erlösen. Diese beiden Theorien stellt Böhm-Bawerk in Entweder-oder-Manier einander gegenüber, wobei seine Affinität gegenüber der letzteren, vorgeblich in Einklang mit den Tatsachen stehenden, natürlich vorauszusetzen ist. Er macht sich jedoch nicht nur zur Aufgabe, auf den "Selbstwiderspruch" im Marxschen System hinzuweisen bzw. ihn aufzudecken, sondern seine Ambitionen richten sich vielmehr dahin "haarscharf den Punkt nachzuweisen, an welchem der Irrtum in das System eindrang, und die Bahnen, auf denen er sich darin verbreitete und verzweigte"*IV.5 . Diesen Punkt meint Böhm-Bawerk dort ausmachen zu können, wo Marx seine "Fundamentalthese", nach der der Tauschwert der Waren Grund und Maß in den in den Waren verkörperten Arbeitsmengen findet, formuliert. Daher widmet er seine Aufmerksamkeit zunächst der Frage, welcher Beweisgang von Marx zur Begründung seines Arguments eingeschlagen worden ist. Böhm-Bawerk meint dann feststellen zu können, daß Marx weder auf einen empirischen noch auf einen psychologischen, nach den Motiven der Wirtschaftssubjekte forschenden Beweisweg zurückgreife, sondern zum Mittel des logischen Beweises aus dem Wesen des Tausches Zuflucht nehme. Aus dem Austausch der Waren ziehe er den Schluß, daß in den gleichgestellten Dingen ein Gemeinsames von derselben Größe verkörpert sein müsse. Abgesehen davon, daß Böhm-Bawerk die Äquivalenz des in den Waren verkörperten Gehalts in Frage stellt, da sich im Tausch ja eine Veränderung der Ruhelage vollziehe, und nur im Ruhezustand Gleichheit und Gleichgewicht vorliege*IV.6 , verfallen seiner besonderen Kritik Marxens "Operationen", mit deren Hilfe er die Arbeit als das gesuchte Gemeinsame herausdestilliert. Neben der Abstraktion von den "Naturgaben", die Marx zum Vorwurf zu machen sei, geht er insbesondere darauf ein, daß in der Beweisführung Marxens die Austauschverhältnlsse durch Ausschließung der Gebrauchswerteigenschaft der Waren charakterisiert worden seien.

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Marx habe hier den argen Fehler begangen, die Abstraktion von den spezifischen Modalitäten, unter denen der Gebrauchswert erscheint, mit der Abstraktion vom Gebrauchswert überhaupt zu verwechseln. Er insistiert auf der Kategorie des allgemeinen Gebrauchswertes auch unter Verweis auf die Marxsche Kategorie der abstrakt allgemeinen Arbeit, und das umso mehr, als Marx schließlich seine eigene Beweisführungen nur mit Hilfe negativer Ausschließung angelegt habe.

An diesem zentralen und entscheidenden Punkt der Böhm-Bawerkschen Marx-Kritik setzt die Antikritik R. Hilferdings an. Das Absehen vom konkreten Gebrauchswert impliziere immer schon die Abstraktion vom Gebrauchswert überhaupt, da er nicht unabhängig von seiner Konkretheit existiere*IV.7 . Daß der konkrete Gebrauchswert durch den Austausch der Waren zum Gebrauchswert für andere werde, ändere nichts daran, daß der konkrete Gebrauchswert in seiner ursprünglichen Form untergeht. In der entwickelten Warenproduktion produziere der einzelne eine Ware allein, die nie in der Masse Gebrauchswert für ihn habe. Da die Warenproduktion immer schon erfolge für andere, sie die Austauschbarkeit zur Voraussetzung habe, ist der Gebrauchswert auch kein Maßstab der individuellen Wertschätzung des Produzenten. Sobald die Warenproduktion erfolge zum Zwecke des Austausches, die "Nützlichkeit zum Austausch"*IV.8 zum Produktionsmotiv der Waren werde, wird die Größe des "Gebrauchswertes" durch die Größe des "Tauschwertes" gegeben. Der Gebrauchswert als Träger des Tauschwerts bleibt dadurch natürlich unberührt.

Daß Böhm-Bawerk den Versuch unternimmt, das Marxsche Ausschließungsverdikt gegen den Gebrauchswert ebenso gegen die Arbeit in Anwendung zu bringen, veranlaßt Hilferding, grundsätzlicher auf die Analyse der Ware bei Marx einzugehen, um die Grundlagen von Böhm-Bawerks Interpretation der Marxschen Theorie bloß zu legen. Denn diesem wirft Hilferding bereits von der Fragestellung her vor, das in der Marxschen Werttheorie thematisierte Problem zu verfehlen. Während Böhm-Bawerks Intention darin bestehe, die Verwendungsmöglichkeit der Werttheorie als Mittel zur Feststellung der Einzelpreisbildung zu untersuchen*IV.9 , und dabei von der Betrachtung der einzelnen Arbeit in ihrer Konkretheit auszugehen, sind Marxens Bemühungen darauf gerichtet, die Bewegungsgesetze der kapitalisti-

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schen Gesellschaft zu finden*IV.10 . Das Wertgesetz sei daher nicht unter dem Aspekt der Quantifizierung zu betrachten, sondern das Wertgesetz gebe nur dadurch, daß es konstatiere, daß die Entwicklung der Produktivkraft in letzter Instanz die Bewegung der Preise beherrsche, die Möglichkeit, die Gesetze der ökonomischen Erscheinungen der kapitalistischen Gesellschaft aufzudecken. Dadurch ist für Marx die Warenanalyse, soweit er die Frage der Wertgröße einer Betrachtung unterzieht (unter der Voraussetzung, daß sich die Waren zu ihren Werten vertauschen) theoretisches Prius gegenüber der Untersuchung der "Konkurrenz der Kapitale". Insofern wäre auch die Frage nach der der Arbeit allgemein zukommenden wertbildenden Kraft verfehlt, als der Arbeit nicht die Wertbildungseigenschaft an sich inhärent ist, sondern sie dies nur unter einer spezifischen Form der Organisation der gesellschaftlichen Produktion zu leisten imstande sei. Die Ware, die von Böhm-Bawerk wie in der Nationalökonomie üblich nur unter der gebrauchswertspezifischen Mensch-Ding-Beziehung betrachtet wird, ist aber als Gebrauchswert und Wert gegensätzlich bestimmt. Die Tauschwertbeziehung der Waren auf andere Waren ist nur Ausdruck der persönlichen Beziehungen ihrer Inhaber und damit von bestimmten Produktionsverhältnissen, die ihre Besitzer eingegangen sind. Im Tausch treten sich daher Produzenten von Privatarbeiten einander gegenüber, die von vornherein für den Austausch, für den Markt erstellt worden waren. Daher ist - wie Hilferding feststellt -‚ "die Ware . .. ökonomischer Ausdruck, d.h. Ausdruck gesellschaftlicher Beziehungen der voneinander unabhängigen Produzenten, sofern diese durch Güter vermittelt werden. Die gegensätzliche Bestimmung der Ware als Gebrauchswert und Wert, ihr Gegensatz, soweit sie als Naturalform oder als Wertform erscheint, erscheint uns jetzt als Gegensatz der Ware, soweit sie auf der einen Seite als natürliches Ding, auf der anderen Seite als gesellschaftliches Ding auftritt"*IV.11 . Insofern die Ware als gesellschaftliches Ding betrachtet wird, "ist die Ware nichts als Arbeitsprodukt"*IV.12 . "Das Gesamtarbeitsprodukt stellt sich dar als Gesamtwert"*IV.13 , wovon auf die einzelne Ware ein bestimmter Teil entfällt, der zu ihrer Herstellung gesellschaftlich notwendig verausgabt werden muß. Nur insoweit ist die einzelne Ware durch die in ihr verkörperte Arbeitszeit bestimmt.

Andererseits bestimmt die Größe des verfügbaren Gesamtarbeitsprodukts in der entwickelten Warenproduktion auch die Masse der Waren, die gesellschaftlich produziert werden können bei gleichbleibender Produktivkraft der Arbeit. Erst eine Erweiterung entweder im Gesamtarbeitsprodukt oder in der Produktivkraft der Arbeit

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ermöglicht die Ausdehnung des produzierten Warenkörpers. Somit beherrscht das Wertgesetz "in letzter Instanz Qualität und Quantität - Organisation und Produktivkraft - des gesellschaftlichen Lebens kausal"*IV.14 Daß das Wertgesetz dies nur in "letzter Instanz" vollzieht, ist der Tatsache geschuldet, daß die gesellschaftliche Arbeit den Gesellschaftsmitgliedern nur als unabhängige Privatarbeit gegenübertritt, und sich erst im gesellschaftlichen Prozeß entscheidet, ob das verausgabte Arbeitsquantum auch gesellschaftlich notwendig verausgabt worden ist. Indem alle Waren zu Produkten des Kapitals werden, wirkt die Kategorie des Wertes "nur mehr als abstrakte Bestimmung, die nur eine - obzwar grundlegende - Seite der kapitalistischen Gesellschaft ausdrückt: die Tatsache, daß darin alle Wirtschaitssubjekte (das wechselseitige Verhältnis von Arbeiter und Kapitalist mit eingeschloßen) aufeinander als Warentauscher sich beziehen müssen. Abstrakte Bestimmungen können aber nicht direkt auf ´weiter entwickelte konkrete Verhältnisse‘ angewandt werden; sie müssen erst vermittelt werden. Und eben diese Vermittlung wird durch die Kategorie der Produktionspreise hergestellt"*IV.15 . Hilferding bringt daher den Gegensatz zu Böhm-Bawerk wie folgt auf den Begriff: "Weil also die Arbeit das gesellschaftliche Band ist, das die in ihre Atome zerlegte Gesellschaft verbindet, und nicht weil sie die technisch relevanteste Tatsache ist, ist sie Prinzip des Wertes und besitzt das Wertgesetz Realität"*IV.16 . Hierin besteht im Kern die zur Debatte stehende Differenz, gegenüber der die anderen kontroversen Fragen in den Hintergrund treten bzw. abgeleiteter Natur sind. Und es ist eben diese - gesellschaftliche - Unvereinbarkeit der Fragestellungen, die die Marx-Kritik Böhm-Bawerks trotz ihrer mit unvergleichlicher Akribie und Logik angelegten Beweisführung im Kern scheitern läßt.

Zur weiteren Anlage der Kontroverse bleibt, festzustellen, daß sowohl bei Böhm-Bawerk als auch in der Replik Hilferdings die einfache Warenproduktion primär als realhistorische Kategorie verstanden wird und die beiderseitige Argumentation daran orientiert wird. Demgegenüber ergibt sich der Stellenwert der einfachen Warenzirkulation bei Marx neben ihrer marginalen Restexistenz "an der Grenze naturwüchsiger Gemeinwesen" in erster Linie daraus, daß sich auf dieser Ebene die Individuen als Besitzer von Äquivalenten, Verkäufer und Käufer von Waren, im Austausch also gegenübertreten, was die reale Basis der bürgerlichen Theorie als "Dreieinigkeit von Eigentum, Freiheit und Gleichheit" darstellt. Insofern ist die einfache Warenzirkulation von immanenter kategorialer Bedeutung für die Marxsche Theorie, als sie als vom Produktionsprozeß abgehobener Sphäre des Austausches logisch der Untersuchung der Wertbildung, der Differenz von Tauschwert und Gebrauchswert der

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Ware Arbeitskraft, vorgeordnet ist.

Einer der weiteren Schwerpunkte der Böhm-Bawerkschen Marx-Kritik zentriert sich um die Frage nach der Marxschen Lösung des Problems der Reduktion der qualifizierten Arbeit auf einfache menschliche Durchschnittsarbeit. Marx sei außerstande, den Reduktionsmaßstab, der für Böhm-Bawerk im Mittelpunkt steht, anzugeben und müsse daher zu dem Zirkel Zuflucht nehmen, als er diesem Problem unter Verweis auf die "Erfahrung" aus dem Wege gehe. Damit begründe er das Wertgesetz letztlich mit dem Wertgesetz selbst. Hilferding weist demgegenüber darauf hin, daß in der Marxschen Werttheorie die Prinzipien angelegt seien, nach denen der "gesellschaftliche Prozeß der Reduktion" sich vollzieht. Marx‘s Ausführungen hätten darauf abgezielt, das Reduktionsproblem und die Frage nach der Werthöhe der durch Verausgabung komplizierter Arbeit hergestellten Ware theoretisch zu lösen, wohingegen Böhm-Bawerk praktische Meßbarkeit verlangt. Zur Ergänzung der Hilferdingschen Antikritik wurde in den vorliegenden Band auch eine Replik von R. Rosdolsky aufgenommen, die sich mit ebendiesem "Problem der qualifizierten Arbeit"*IV.17 auseinandersetzt. Ein bleibendes Verdienst kommt der Böhm-Bawerkschen Marx-Kritik sicherlich insofern zu, als sie das Problem der Transformation der Wertgrößen in Produktionspreise bei Marx in aller Eindringlichkeit zur Diskussion gestellt hat. Zwar wurde diese Frage in ihrer Bedeutung schon bald nach Erscheinen des I. Bandes des "Kapitals" erkannt und man begannt nach Lösungswegen zu suchen, jedoch erst durch die apodiktische Schärfe der Behauptung der Selbstwidersprüchlichkeit der Marxschen Theorie von Seiten Böhm-Bawerks erhielt sie ein solches Gewicht, daß heute niemand, der sich eingehend mit dem kategorialen System der Kritik der politischen Ökonomie beschäftigt, an ihr noch vorbeigehen kann. Die mangelnde Systematik des III. Bandes des "Kapital" auf Grund der nur fragmentarischen Fertigstellung durch Marx selbst erwies sich dabei als gravierendes Hindernis. Zahlreiche "Lösungsversuche" verschiedenster Art*IV.18 sind seitdem publiziert worden, kaum ein Autor, der zur Marxschen Theorie Stellung bezogen hat, ist nicht auf das Transformationsproblem eingegangen. Hilferding nimmt an zahlreichen Stellen, vor allem in Erwiderung von Böhm-Bawerks Kritik bezüglich Marxens "viertem Argument" zur "Rettung" des Wert-

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gesetzes auf den Problemkreis Bezug. Dabei steht für ihn die Frage der "historischen Transformation" (d.h. des realhistorischen Übergangs von der unmittelbaren Wirksamkeit des Wertgesetzes in der einfachen Warenproduktion hin zu seiner über die Produktionspreise vermittelten Wirksamkeit in der entwickelten Warenproduktion) gegenüber der "logischen Transformation" - entsprechend seinem bereits vorher angedeuteten Verständnis von einfacher zur entwickelten Warenproduktion - im Vordergrund*IV.19 . Obwohl die von ihm in der Polemik gegen Böhm-Bawerk dargelegten Ausführungen dazu sicherlich nicht gering zu achten sind, wird darin jedoch bereits wiederum deutlich, daß der Marx-Dikussion zu Beginn des 20. Jahrhunderts vor allem ein Makel anhaftet: Die Marxsche Methode wurde entweder völlig übersehen oder befand sich in einem antediluvianischen Stadium der Aufarbeitung. Dies ist unter anderem wohl der Tatsache zuzuschreiben, daß zum einen die für die Aufarbeitung der Marxschen Methode entscheidend wichtigen "Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" noch nicht publiziert waren, und daß zum anderen die zur damaligen Zeit innerhalb der Sozialdemokratie vorherrschende, von Kautsky geprägte, "Marx-Orthodoxie" der Methodendiskussion völlig verständnislos gegenüberstehen mußte. Erst die auf der Basis der Kenntnis der "Grundrisse" in Gang gekommene Problematisierung der Indifferenz gegenüber der Marxschen Methode eröffnet auch die Möglichkeit, nach einer ca. 80 jährigen - allerdings oftmals unterbrochenen - Diskussion des Transformationsproblems zu einer neuen Aufarbeitung und abschließenden Klärung zu kommen.

Abschließend sei noch auf einen ergänzenden Aspekt zu Böhm-Bawerks Marx-Kritik verwiesen. Bei einer so breit angelegten Antikritik wie dem Beitrag R. Hilferdings ist es gewöhnlich üblich, - und bei einem Theoretiker vom Range Böhm-Bawerks ganz besonders - daß der so Angesprochene eine Gelegenheit zur ausführlichen Erwiderung wahrnimmt. Und dies umso mehr als die im vorliegenden Band aufgenommenen Beiträge - wie vorher ausgeführt - einen grundsätzlichen und exemplarischen Charakter in Bezug auf die Auseinandersetzung zwischen marxistischer Theorie und Nationalökonomie tragen. Nicht so Böhm-Bawerk. Er sieht sich lediglich veranlaßt, in zwei kurzen Sätzen in einer Fußnote im Rahmen seiner "Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien"*IV.20 der Antikritik Erwähnung zu geben: "Hilferdings seither erschienene apologetische Gegenkritik in Bd. I der Marx-Studien (1904) hat mir in keiner Hinsicht einen Anlaß zur Änderung meiner Ansichten geboten. Insbesondere sind ... auch meine a. a. 0., S. 53+ (S. 59/80 d. .A.)

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vorgeführten Tabellen vollkommen korrekt und sachgemaß, dagegen Hulferdings ‘Korrektur‘ derselben ebenso willkürlich als vom Thema ablenkend"
*IV.21 .

- V. Zur Widerlegung der Arbeitswerttheorie überhaupt des Johann von Komorzynski

Der Beitrag Johann von Komorzynskis, der nur ein Jahr nach dem in diesem Band aufgenommenen Beitrag Böhm-Bawerks "Zum Abschluß des Marxschen Systems" erschienen ist, schließt sich in wichtigen Teilen explizit oder implizit an die bei verschiedenen Gelegenheiten schon vorher von Böhm-Bawerk dargelegten Kritiken der Marxschen Theorie an. Jedoch sind einige gewichtige Unterschiede feststellbar. Komorzynskis Intention richtet sich primär auf eine Widerlegung der Arbeitswerttheorie überhaupt - ungeachtet des breiten Spektrums ihrer Vertreter - und erwählt sich die Marxsche Theorie nur insofern zum Gegenstand ihrer Polemik, als es zum einen "unleugbar das Verdienst der sozialistischen Autoren" sei, in der "Ausbeutungstheorie" (damit ist wohl gemeint: Mehrwerttheorie) die "Konsequenz" der Arbeitswertlehre gezogen zu haben*V.1 , andererseits der Auseinandersetzung mit dem Marxismus von Seiten der österreichischen Bourgeoisie wohl gerade zum damaligen Zeitpunkt verstärkte Bedeutung zugemessen wurde, als die österreichische Arbeiterbewegung sich in Gestalt der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei eine einheitliche organisatorische Form gegeben hatte und schnell an Boden gewann*V.2 .

Obwohl Komorzynski ebenso wie Böhm-Bawerk von der Konstatierung des Widerspruchs in der Marxschen Theorie zwischen der Lehre des ersten und der des dritten Bandes seinen Ausgang nimmt, richtet sich seine Kritik jedoch erst in zweiter Linie auf diese behauptete immanente Widersprüchlichkeit, als vor allem darauf, was er den "Grundgedanken" der Marxschen Lehre wie den der klassischen Nationalökonomie nennt. Dieser bestehe im arbeitswerttheoretischen Diktum, nach der die Ursache aller Wertschaffung in der menschlichen Arbeit zu erblicken sei*V.3 . Neben den qua verarbeiteten Roh- und Hilfsstoffen und vernutzten Produktionsmitteln übertragenen Wert sei in den produzierten Waren darüber hinaus Neuwert inkorporiert, der auf die Arbeitsmenge rekurriert, "welche bei Verfertigung des

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Produkts unmittelbar (bei Komorzynski hervorgehoben, d. Hrsg.) aufgewendet wird"
*V.4 .

Bereits hier wird in nuce deutlich, daß Komorzynski der Marxschen Wertlehre eine quasi-mikrotheoretische Interpretation zukommen läßt, die zwar dem zeitgenössischen Entwicklungsstand der nationalökonomischen Theorie entspricht, jedoch der Marxschen Theorie insofern nicht gerecht wird, als es dieser fern lag, die Einzelpreisbildung erklären zu wollen oder sich eine individuelle und ahistorisch interpretierte "Wert"-bildung zum Erklärungsgegenstand zu erwählen. Ihr Erkenntnisziel ist - wie bereits vorher ausgeführt - im Kern vielmehr darauf gerichtet, das im Wertprinzip angelegte "Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft" zu enthüllen. Die expliziten Marxschen Verweise auf das gesellschaftliche Gesamtkapital in anderem Zusammenhang werden entsprechend von Komorzynski lediglich als geschickte Verschleierung der seiner Theorie immanenten Widersprüchlichkeiten gedeutet*V.5 .

Ein in solcher Weise zurechtinterpretierter Marx öffnet sich natürlich bequem gegenüber "Widerlegungsversuchen", die behaupten, daß die Werttheorie bei der Erklärung der Einzelpreisbildung versage, nachdem zunächst einmal genau dieses Erklärungsziel der Marxschen Theorie unterstellt wurde.

Jedoch gehen Komorzynskis Intentionen darüber hinaus. Er möchte offensichtlich bei der sich bietenden Gelegenheit gleich alle anderen Formen der Arbeitswerttheorie mit erledigen. Zu diesem Zweck führt er aus, daß Marx weder, als er die Arbeit zum Prinzip des Wertes erklärte, noch als er die Größenbestimmung des Wertes darlegte, das mindeste Novum entwickelt habe. "Diese ganze Lehre hat Marx in der volkswirtschaftlichen Literatur schon vorgefunden, zumal bei Smith und Ricardo"*V.6 . Die Übereinstimniung der Marxschen Wertlehre mit der klassischen gehe bis in die kleinste Einzelheit. Unterschiede beträfen lediglich die Ausdrucksweise oder seien, soweit sie die Inhalte betreffen, nebensächlicher Art*V.7 . Damit aber ist dann auch im Beitrag Komorzynskis die Widerlegung einer Werttheorie verbunden, die mit der Marxschen kaum noch etwas, jedoch mit der klassischen Arbeitswerttheorie und ihren Widersprüchen, die gerade Marx unbarmherzig aufdeckte, viel zu tun hat. Denn was soll man sonst von seinem folgenden Argument halten, mit Hilfe dessen er die These zu widerlegen sucht, nach der reinen Naturgaben kein Wert beizumessen sei: "Auch in einer tauschverkehrslosen Gemeinwirtschaft würde diesen natürlichen Dingen Wert beigelegt werden müssen, weil das Maß erreichbaren menschlichen Wohlergehens von der Verfügung über jede Teilmenge dieser Güter abhängig ist"*V.8 .

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Eine solche Aussage ist doch nur ausgehend von einer Vorstellung gegen die Marxsche Arbeitswerttheorie zu wenden, daß in dieser ein allgemeines, natürliches Prinzip zu sehen sei, dem unabhängig von der spezifischen Gesellschaftsformation Geltung zukommt - und daher auch im Sozialismus -‚ eine Vorstellung, wie sie vielleicht der Arbeitswerttheorie der Klassiker, gewiß aber nicht der Marxschen Theorie adäquat wäre. Denn diese thematisiert keineswegs das Scheinproblem, wie ein irgendwie gearteter überhistorischer Wertbegriff zu begründen wäre, sondern untersucht die Frage, wie die Arbeit in der warenproduzierenden Gesellschaft Maß der Werte und regulierendes Prinzip wird, das sich nicht bewußt, sondern hinter dem Rücken der Produzenten durchsetzt, insofern Privatarbeit gesellschaftlich vermittelt wird. Analog dazu ist der gegen die Arbeitswerttheorie erhobene Vorwurf zu sehen, daß diese unfähig sei, "den größenmäßigen Ausdruck für den nützlichen Kostenaufwand zu finden"*V.9 . Dabei bewege sich die Arbeitswerttheorie insofern im Zirkel, als sie den ungleichen Wert verschiedenartiger Arbeiten (Wert der Arbeit!) letztlich aus dem Wert des Produkts ableite. Zwar würde die Nützlichkeit des Produkts Berücksichtigung finden, weil die Arbeitsverausgabung damit verknüpft werde, aber indem der Tauschwert wiederum zum Maßstab erhoben würde, werde das erst zu erklärende wieder zur eigenen Erklärung herangezogen. Im Anschluß daran findet sich auch die später in der Nationalökonomie häufig gebrauchte These, daß eine Kostenwertrechnung deshalb fehl gehen müsse, weil sie die einzig korrekten Nutzendifferenzen nicht in Kostendifferenzen transformieren könne, zum einen würden die im Seltenheitsverhältnisse stehenden Güter bei der Berechnung des Produktionsaufwandes nicht adäquat einbezogen, zum anderen werde die Nutzung der geschaffenen Produktionsmittel nicht berücksichtigt, sondern nur der zu ihrer Schaffung benötigte Arbeitsaufwand *V.10 .

Dabei wird wiederum der Arbeitswerttheorie die Intention einer Kostenwertrechnung unterstellt, deren Operationalität für diverse Gesellschaftssysteme untersucht wird, so auch für den "erträumten Sozialistenstaat". Da verschiedene, von höchster Relevanz gekennzeichnete Aufwände in dieser Kostenwertrechnung keine Berücksichtigung fänden, werde diese praktisch widerlegt. Die Arbeit wird dabei nur unter der Dimension ihres technischen Beitrages bei der Güterproduktion untersucht und die Arbeitswerttheorie auf eine Ebene reduziert, die der Marxschen Theorie völlig fern liegt. Die Unterstellung, die Marxsche Arbeitswerttheorie sei in der Intention konzipiert, als System der Wirtschaftsrechung in einer Sozialistischen Wirtschaft zu dienen, scheint hier zum ersten Mal, zumindest im Ansatz formuliert worden zu sein. Daran entzündeten sich später in der Nationalökonomie lange Diskussionen über die Funktionsmöglichkeit einer solchen Wirtschaftsrechnung und damit auch des entsprechenden gesellschaftlichen Systems, dem eine solche

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Rechnung mit Notwendigkeit zukomme, wobei zur Entlastung der Nationalökonomen höchstens angeführt werden kann, daß diesem Phantom einer arbeitswerttheoretischen Wirtschaftsrechnung auch eine nicht unbeträchtliche Zahl von Sowjetökonomen nachjagte.

- VI. Zur Stellung der Marx-Kritik von Emil Lederer

Die Marx-Kritik von Lederer ist weniger systematisch angelegt als die Arbeiten von Komorzynski und Böhm-Bawerk. Doch da er die Teile des Marxschen Systems, welche er in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt, als zu den Grundlagen desselben gehörig anspricht*VI.1 , geht sein Anspruch über den von marginalen Korrekturen durchaus hinaus. Die vier Abschnitte seiner Kritik repräsentieren zugleich seine Ansatzpunkte:
  1. Das Gesetz des Wertes,
  2. Die Stellung der Konkurrenz im Kapital,
  3. Die Bildung der einheitlichen Profitrate
  4. Das Verhältnis von Kaufmanskapital zu industriellem Kapital*VI.2 .
Der Zusammenhang zwischen diesen zunächst unverbunden erscheinenden Momenten ist, wie Lederer richtig bemerkt, dadurch gegeben, "daß sie durchwegs das Gesetz der Wert- und Preisbildung berühren"*VI.3 . Schon daran erweist sich, daß die Kritik Lederers keinen von den anderen, in diesem Band zusammengestellten Arbeiten, verschiedenen Charakter trägt. Er thematisiert ebenso wie die anderen Autoren das Verhältnis von erstem und drittem Band des ‘Kapitals‘. Allerdings geht seine Argumentation in einigen Punkten über das von Böhm-Bawerk und Komorzynski angeführte hinaus. So besonders dort, wo er das Problem des Gebrauchswerts in der Politischen Ökonomie anspricht, indem er auf die Bedeutung eingeht, die Marx dem "gesellschaftlichen Bedürfnis" als "Gebrauchswert auf gesellschaftlicher Potenz" bei der Verteilung der Gesamtarbeitszeit auf die verschiedenen Produktionszweige zuweist*VI.4 .

Hatte schon Böhm-Bawerk in der Lehre von den Produktionspreisen eine Revision der Werttheorie gesehen, so meint Lederer hierin "eine noch weiter gehende Einschränkung des Arbeitswertgesetzes"*VI.5 im dritten Band des ‘Kapitals‘ konstatieren zu können. Lederers Anspruch geht nun darauf, an Marx selbst zu zeigen, daß es nicht

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die Arbeit sei, welche allein Wert zu produzieren vermag. Um die das Wertgesetz "zurückdrängende" Produktionskostentheorie zu halten, sei es für Marx notwendig gewesen, eine "sehr ausführliche und komplizierte Bedingung" einzuschalten, die "in nuce die ganze Grenznutzentheorie" enthalte*VI.6 .

Zusammengefaßt stellt sich diese Kritik Lederers folgendermaßen dar: Marx habe die Wertgröße der Ware im ersten Band des ´Kapitals‘ als allein bestimmt durch die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit dargestellt. Dabei habe er sich auf eine Bestimmung der Wertgröße durch technische Momente (Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit) eingelassen, die er dann im dritten Band habe dahingehend korrigieren müssen, daß nun die Nachfrage nach Gütern eines bestimmten Zweiges der Volkswirtschaft und damit die sich darin manifestierenden Nutzenvorstellungen der Konsumenten als tauschwertbestimmender Grund auftreten.

Einer solchen Argumentation muß entgegengehalten werden, daß sie die Rolle des Gebrauchswerts in der Marxschen Theorie grundsatzlich mißversteht. Marx geht davon aus, daß der Gebrauchswert als Kategorie der Politischen Ökonomie zu fassen ist, "sobald er durch die modernen Produktionsverhältnisse modifiziert wird oder seinerseits modifizierend in sie eingreift" *VI.7 . Wenn Marx in den Ausführungen des dritten Bandes über das "gesellschaftliche Bedürfnis" als "Gebrauchswert auf gesellschaftlicher Potenz" spricht, so knüpft er damit nur an die dazu bereits im ersten Band vorgeführte Argumentation an und verhandelt den Begriff der "gesellschaftlich notwendigen Arbeit" und den des "Gebrauchswertes" auf einer anderen Ebene der Abstraktion: "Daß die Ware Gebrauchswert hat, heißt nur, daß sie irgend ein gesellschaftliches Bedürfnis befriedigt. Solange wir nur von den einzelnen Waren handelten, konnten wir unterstellen, daß das Bedürfnis für diese bestimmte Ware - in den Preis schon ihr Quantum eingeschlossen - vorhanden sei, ohne uns auf das Quantum des zu befriedigenden Bedürfnisses weiter einzulassen. Dies Quantum wird aber ein wesentliches Moment, sobald das Produkt eines ganzen Produktionszweigs auf der einen Seite und das gesellschaftliche Bedürfnis auf der andern Seite steht. Es wird jetzt notwendig, das Maß, d.h. das Quantum dieses gesellschaftlichen Bedürfnisses zu betrachten"*VI.8 . Genauso wie bei der Entwicklung der Werttheorie im ersten Band die Gebrauchswerteigenschaft der Ware vorausgesetzt wurde, so wird bei der Betrachtung der Verteilung der gesellschaftlichen Gesamtarbeit auf die verschiedenen Produktionszweige von Marx Bezug genommen auf das Quantum von Gebrauchswert einer bestimmten Warenart, wel-

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ches durch die zahlungsfähige Nachfrage bestimmt ist*VI.9 . Das ändert aber nichts daran, daß sich für Marx die Wertgröße aus der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit ergibt, die selbst wiederum abhängig ist vom Stand der Entwicklung der Produktivkräfte (insbesondere der in diesem Zweige der Produktion angewandten). Nachfrageänderungen, die sich allein schon deshalb ergeben müssen, weil diese "quantitative Bestimmtheit" nicht endgültig fixiert ist*VI.10 , wirken aber keineswegs direkt auf die Wertgröße (allenfalls indirekt durch Vergrößerung des Marktes und eine dadurch induzierten Änderung der Produktionsbedingungen, also vermittelt über die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit), sondern führen zu einer Abweichung von Marktpreisen und Marktwerten:
"Damit eine Ware zu ihrem Marktwert verkauft wird, d.h. im Verhältnis zu der in ihr enthaltnen gesellschaftlich notwendigen Arbeit, muß das Gesamtquantum gesellschaftlich notwendiger Arbeit, welches auf die Gesamtmasse dieser Warenart verwandt wird, dem Quantum des gesellschaftlichen Bedürfnisses für sie entsprechen, d. h. des zahlungsfähigen gesellschaftlichen Bedürfnisses. Die Konkurrenz, die Schwankungen der Marktpreise, die den Schwankungen des Verhältnisses von Nachfrage und Zufuhr entsprechen, suchen beständig das Gesamtquamtum der auf jede Warenart verwandten Arbeit auf dieses Maß zu reduzieren." (Marx)*11

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Es soll hier auf eine ausführlichere Wiedergabe und Diskussion der Ableitungszusammenhangs, der bei Marx zu dieser Bestimmung des Verhältnisses von gesellschaftlich notwendiger Arbeit und gesellschaftlichem Bedürfnis bzw. zahlungsfähiger Nachfrage führt, verzichtet werden*VI.12 , auch ist hier nicht der Ort, sich mit den weiteren - ähnlich gelagerten - Kritikansätzen Lederers auseinanderzusetzen, doch ein Hinweis auf die der Kritik zu Grunde liegende Perspektive scheint uns noch angebracht: Worum es ihm grundsätzlich bei der Kritik der Marxschen Theorie zu tun ist, macht Lederer deutlich, wenn er im Anschluß an die Zusammenfassung des ersten Teils seiner Kritik feststellt, die Arbeitswerttheorie sei aus den angesprochenen Gründen hinfällig und "die Beurteilung müßte eine andere werden; man müßte darauf Gewicht legen, daß hier mehrere produktive Faktoren neben der Arbeit mitwirken und daß erst allen zusammen das Endprodukt ökonomisch zuzurechnen ist"*VI.13 . Lederer konfundiert hier die Gebrauchs- und die Tauschwertebene. Marx hat nie bestritten, daß an der Bildung von Gebrauchswerten auch andere "Faktoren" als die Arbeit teilhaben. Nur kann dadurch, wie er in seiner Analyse der Wertform nachzuweisen suchte, nicht die Konstitution von Wert und folglich auch nicht die Wertgröße erklärt werden*VI.14 . Es erweist sich somit, daß sich auch die Arbeit Lederers durch das folgenschwere Unverständnis gegenüber der Marxschen Methode auszeichnet, das den nationalökonomischen Kritikern die an das Verhältnis von Wert und Preis im ‘Kapital‘ anknüpfen, gemeinsam ist:
"Jene Kritiker, die zwischen dem ersten und dem dritten Band des ‘Kapital‘ Widersprüche erblickten, gingen von einer verengten Interpretation der Werttheorie aus, in der sie einzig eine Formel für die quantitativen Proportionen im Warentausch sahen. Unter diesem Blickwinkel stellten die Arbeitswerttheorie und die Theorie des Produktionspreises nicht zwei logische Stufen oder Abstraktionsgrade derselben ökonomischen Erscheinungen dar, sondern zwei verschiedene Theorien oder Aussagen, die einander widersprachen. Die erste behauptet, daß Waren proportional zu dem Arbeitsaufwand getauscht werden, der zu ihrer Erzeugung erforderlich ist. Die zweite dagegen behauptet, daß die Waren nicht proportional zu diesen Aufwendungen getauscht werden. Welch seltsame Abstraktionsmethode, fragte man: zunächst behauptet man etwas, um ihm im nächsten Schritt zu widersprechen. Die so verfahrenden Kritiker übersahen jedoch, daß die quantitative Formel für den Warentausch nur die letzte Schlußfolgerung aus einer äußerst komplexen Theorie ist, die sich mit der gesellschaftlichen Form [36] der Wertphänomene als Reflex eines bestimmten Typus gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse befaßt, sowie mit dem Inhalt dieser Erscheinungen, ihrer Rolle als Regulatoren in der Verteilung gesellschaftlicher Arbeit." (Rubin)*15


ANMERKUNGEN: Die Originalfußnoten sind Seitenweise gesetzt und durchnummeriert je Abschnitt I - VI. Fürs Netz sind sie ebenfalls Abschnittsweise durchnummeriert und als Endnoten gesetzt.

*I.1
Brief von Marx an Annenkow, 28. Dez. 1846, MEW, Bd. 27, Berlin 1965, S. 459; vgl. auch: ebenda. S. 457, zu den Kategorien der bürgerlichen Ökonomie: "Diese Abstraktionen selbst sind Formeln, die seit Anbeginn der Welt im Schoße Gottvaters geschlummert haben."

*I.2
Marx, K., Das Elend der Philosophie, In: MEW, Bd. 4, Berlin 1972, S. 130.

*I.3
Marx, K., Das Kapital, Bd.I, In: MEW, Bd. 23, Berlin 1957, S. 90.

*I.4
Vgl. dazu auch die Ausführungen von F. Engels in seinem Vorwort zum 2. Band des "Kapitals" (1885), wo er, um dem Vorwurf des Plagiats entgegenzutreten, das Marx angeblich an Rodbertus verübt haben sollte, auf die Nachricardianer verweist, die bereits in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts "die Ricardosche Wert- und Mehtwerttheorie im Interesse des Proletariats gegen die kapitalistische Produktion (kehren), die Bourgeoisie mit ihren eigenen Waffen (bekämpfen)". (MEW, Bd. 24, S. 20).

*I.5
Da auf die Entwicklung der bürgerlichen Ökonomie hier nur skizzenhaft eingegangen werden kann, soll auf die Erwähnung bzw. Aufzählung nationaler Besonderheiten in der Entwicklungsgeschichte der ökonomischen Theorie wie der "Historischen Schule" in Deutschland verzichtet werden.

*I.6
Vgl. Godelier, M. ‚ Rationalität und Irrationalität in der Ökonomie, Frankfurt 1972, S. 263.

*I.7
Hilferding, R. ‚ Böhm-Bawerks Marx-Kritik, In: Marx-Studien, Bd. 1, Wien 1904 (wieder abgedruckt in diesem Band).

*I.8
Bucharin, N., Das Elend der subjektiven Wertlehre, (Die Politische Ökonomie des Rentners), Frankfurt 1966, (in deutscher Sprache zuerst erschienen: Berlin 1926).

*I.9
Hilferding, R., ibid. ‚ S. 1 (S. 135 d. A).

*I.10
Bucharin, N. ‚ ibid. ‚ S. 33.

*I.11
Ein wichtiger aktueller Beitrag dazu scheint uns gerade von Winfried Vogt geliefert worden zu sein. Vgl. ders. Zur Kritik der herrschenden Wirtschaftstheorie, In: Mehrwert Nr. 2, Erlangen 1973, S. 1 - 30.

*II.1
Vgl. Eugen von Böhm-Bawerk, "Zum Abschluß des Marxschen Systems", Erstveröffentlichung in: Staatswissenschaftliche Arbeiten, Festgaben für Karl Knies, hrsg. von Otto von Boenigk, Berlin 1896, S. 87 ff; (wieder abgedruckt im vorliegenden Band).

*II.2
Ebenda, S. 87; (S. 48 d. A.)

*II.3
So schrieb Marx am 12. Okt. 1868 an Kugelmann: "Wenn ich vom ‘guten Stand der Dinge‘ spreche, so geschieht es erstens mit Bezug auf die Propaganda, die mein Buch gemacht, und die Anerkennung, die es seitens der deutschen Arbeiter gefunden . . ". In: Briefe über das ‘Kapital‘, Berlin (DDR) 1954, S. 188; am 11. Febr. 1869 aber, ebenfalls an Kugelmann: "Ein Privatdozent der Politischen Ökonomie an einer deutschen Universität schreibt mir, daß ich völlig ihn überzeugt habe, aber seine Stellung gebeut ihm, ‘wie andern Kollegen‘, seine Überzeugung nicht auszusprechen. Diese Feigheit der Fachmandarine einerseits, die Totschweigungskonspiration der bürgerlichen und reaktionären Presse andrerseits tut mir großen Schaden" Ebenda, S. 192 f.

*II4
Rr. ‚ Rezension zu Karl Marx, Das Capital. Kritik der Politischen Ökonomie. Erster Band: Der Productionsprozess des Capitals, Hamburg, Otto Meissner 1867. In: Conrads Jahrbuch (Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik) Bd. 12, 1869, S. 458; (Diese nach unserem Wissen erste größere Rezension in einer renommierten, deutschsprachigen nationalökonomischen Zeitschrift ist in diesen Band als Dokument aufgenommen worden.)

*II.5
Ebenda, S. 464.

*II.6
Daß man dabei auch vor den kleinlichsten Vorwürfen nicht zurückschreckte, um Marx der Unwissenschaftlichkeit zu überführen, vermag eine Polemik zu belegen, die Engels in seinem Vorwort zur vierten Auflage des ersten Bandes (1890) nochmals aufnimmt. Die Anschuldigung, die gegen Marx erhoben worden war, lautete, er habe eine Rede von Gladstone absichtlich falsch zitiert. Vgl. dazu: Das Kapital, Erster Band, MEW Bd. 23, S. 42 ff.

*II.7
Stellvertretend für eine Reihe von weiteren Beiträgen seien hier nur einige genannt, die vor dem Erscheinen des dritten Bandes des ‘Kapital´ publiziert wurden und deren Anspruch es war, die Unhaltbarkeit der Marxschen Theoreme nachzuweisen:
Strasburger, K.: Zur Kritik der Lehre Marx vom Kapital, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Conrads Jahrbuch, Jena. Band 16, 1871, S. 93 ff.
Gärtner, F. W. : Ein Beitrag zur Widerlegung der Marx‘ schen Lehre vom Mehrwert, in: Zeitschrift für die gesamten Staatswissenschaften, Bd. 49, 1893, S. 709 ff.
Schubert-Soldern, von: Nochmals zu Marx‘ Werttheorie, in: Zeitschrift für die gesamten Staatswiesenschaften, Bd. 50, 1894, S. 510 ff.

*II.8
Zwei Rezensionen in nationalökonomischen Zeitschriften erscheinen erwähnenswert:
Lexis, W. : Die Marx‘ sche Kapitaltheorie, In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jena, N. F. 11, 1885, S. 452 ff.
Gross, G.: Besprechung von: Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der Politischen Ökonomie Bd. 2 in: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich. Hrsg. von Gustav Schmoller, Leipzig, Bd. 10, 1886, S. 587 ff.

*II.9
Vgl. Das Kapital. Band 2, in: MEW Bd. 24, S. 13 ff.

*II.10
MEW, Bd. 24, S. 26.

*II.11
Im folgenden sind die wesentlichen Beiträge zu dieser Diskussion in chronologischer Ordnung aufgeführt; (Vgl. auch die Aufzählung, die Böhm-Bawerk von Loria übernimmt; in: Zum Abschluß des Marxschen Systems, a. a. 0. ‚ S. 90 (S. 50 des vorliegenden Bandes) und die Auseinandersetzung von Engels mit einem Teil der Autoren in seinem Vorwort zum dritten Band des Kapitals; MEW, Bd. 25, S. 15 ff. ‚ sowie den Beitrag von Engels: "Ergänzung und Nachtrag zum III. Buche des ‘Kapital‘", MEW, Bd. 25, S. 897 - 919.
Lexis, W. : Die Marx‘ sche Kapitaltheorie, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik (Conrads Jahrbuch), Jena) N. F. 11. 1885, S. 452 ff.
Schmidt, Conrad: Die Durchschnittsprofitrate auf Grundlage des Marx´schen Wertgesetzes, Stuttgart, Dietz, 1889, 112 S.
Loria, A. : Besprechung von Schmidt, C. : Die Durchschnittsprofitrate . . . ‚ in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik N. F. Bd. 20, Jena 1890, S. 272 ff.
Stiebeling, George C. : Das Wertgesetz und die Profitrate, New York 1890.
Wolf, Julius: Das Rätsel der Durchschnittsprofitrate bei Marx, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 3. Folge, Bd. 2, 1891, S. 352 ff.
Schmidt, Conrad: Erwiderung auf Wolf, J. ‚ gleicher Ort, S. 772ff.
Wolf, J. Replik auf Schmidt, C. , gleicher Ort, S. 916.
Lehr, J. : Die Durchschnittsprofitrate auf der Grundlage des Marxschen Wertgesetzes, in: Vierteljahresschrift für Volkswirtschaft, Politik und Kulturgeschichte, 29. Jg., Bd. 1 u. 2, 1892.
Schmidt, C. : in: Die Neue Zeit, 1892/93, Nr. 4 u. 5.
Lande, Hugo: Mehrwert und Profit, in: Die Neue Zeit, 11. Jg. 1. Bd. 1893, S. 588 ff. u. S. 620 ff.
Sworzoff, A. Die Profitrate nach Marx und ihre Beziehung zum Unternehmungszins und Leihzins, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 49, 1893, S. 690 ff.
Nach Lorias Angaben existieren noch Beiträge in der "Critica Sociale" vom Juli bis November 1894 von Lafargue, Soldi, Coletti und Graziadei.

*II.12
Außer den in diesem Band neu abgedruckten Beiträgen von bürgerlichen Kritikern, die ausnahmslos das Verhältnis von Werttheorie des ersten Bandes und Produktionspreistheorie des dritten Bandes thematisieren, können eine Reihe von weiteren Arbeiten benannt werden, die in den Jahren nach der Publikation des dritten Bandes erschienen sind und die den gleichen oder sehr ähnliche Ansatzpunkte aufweisen, wenngleich sie nicht die Bedeutung erlangten wie die Arbeit von Böhm-Bawerk.
Lexis, W. The Concluding Volume of Marx‘s Capital, in: Quarterly Journal of Economics, Bd. 10, 1895, S. 1 - 33.
Mühlpfort: Karl Marx und die Durchschnittsprofitrate, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jena, F. 3, Bd. 10, 1895, S. 92 ff.
Lange, Ernst: Karl Marx als volkswirtschaftlicher Theoretiker, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jena, F. 3, Bd. 14, 1897 S. 540 ff.
Günther, E. : Karl Marx als volkswirtschaftlicher Theoretiker, in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Jena, F. 3 Bd. 14, 1897.
Diehl, Karl: Über das Verhältnis von Wert und Preis im ökonomischen System von Karl Marx, In: Festgabe für J. Conrad, Jena 1898, S. 1 - 44.

*II.13
Das läßt sich an Hand der Einschätzung des Krisenphänomens durch die Grenznutzentheoretiker nachvollziehen: So äußert sich - nach Auskunft von Schumpeter - Böhm-Bawerk nur ein einziges Mal, in einer Besprechung der "Geschichte der nationalökonomischen Krisentheorien" von v. Bergmann, zu der Problematik. Krisen sind danach für Böhm-Bawerk "nicht die Konsequenz einer der Volkswirtschaft oder einer besonderen Organisationsform derselben notwendig eigenen Ursache und vielleicht überhaupt kein in tieferem Sinn einheitliches Phänomen, sondern nur das jeweils anders zu erklärende Resultat irgendwelcher hinreichend großen, prinzipiell aber zufälligen Störung im Wirtschaftsleben. (...) Deshalb gab es dann für die Krisentheorie keinen Platz in seinem Werk". (Schumpeter Joseph: Das wissenschaftliche Lebenswerk Eugen von Böhm-Bawerks, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd. 23, Wien 1914, S. 488.)

*II.14
Böhm-Bawerk, Eugen von: Zum Abschluß . . . ‚ a. a. 0., S. 205 (S. 132 d. A.).

*III.1
Schumpeter, J. : Das wissenschaftliche Lebenswerk Eugen von Böhm-Bawerks, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Bd. 23, Wien 1914, S. 474.

*III.2
Bucharin, N: Das Elend der subjektiven Wertlehre, a. a. O., S. 7.

*III.3
Lehmann, H. : Grenznutzentheorie, Berlin (DDR) 1968, S. 11.

*III.4
Vgl. Menger, C. Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Wien 1887.
Jevons, W. St.: The Theory of Political Economy, London 1871.
Walras, M. E. L.: Elements d‘economie pure, Lausanne - Paris - Basel, 1874/77
und: Theorie mathematique de la richesse sociale, 1876.

*III.5
Lehmann, H., a.a.0., S. 115.

*III.6
Vgl. dazu Lehmann, II. Grenznutzentheorie, a. a. 0. ‚ S. 74 ff. und
Hofmann, W.: Sozialökonomische Studientexte, Bd. 1, Wert- und Preislehre, Berlin 1964, S. 116 ff.

*III.7
Gossen war von seiner Arbeit durchaus überzeugt. In der Vorrede zu seinem Buch: Entwicklung der Gesetze des menschlichen Verkehrs und der daraus fließenden Regeln für menschliches Handeln, Braunschweig 1854, schreibt er "Was einem Kopernikus zur Erklärung des Zusammenseins der Welten im Raum gelang, das glaube ich für die Erklärung des Zusammenseins der Menschen auf der Erdoberfläche zu leisten." (zit. nach Hofmann, W.: Wert- und Preislehre, a. a. 0. ‚ S. 122).

*III.8
Die "eigentliche" Grenznutzenschule oder "Wiener Schule" oder "österreichische Schule" (Menger, Böhm-Bawerk, Wieser u. a.); die sogenannte "Mathematische Schule" (Jevons, Walras, Pareto u. a.), die teilweise identisch ist mit den Vertretern der "Lausanner Schule" (Walras, Pareto) und denen der "Angloamerikanischen Schu1e" (Jevons, Marshall, Clark u. a.); vgl. Lehmann, H., Grenznutzentheorie, a. a. 0., S. 16 f.

*III.9
Lehmann, H.: Grenznutzentheorie, a. a.. 0., S. 17.

*III.10
Vgl. Lehmann, H., ebenda, S. 200 ff.
Emil Lederer kann, gerade wenn man sein Gesamtwerk in Betracht zieht, nicht umstandslos dieser Gruppe zugeordnet werden. Seine späteren Arbeiten weisen ihn weit mehr als Konjunkturtheoretiker aus, der der Grenznutzentheorie nicht verpflichtet ist. Wir sind allerdings der Ansicht, daß seine in diesem Band enthaltene Arbeit, die er relativ früh verfaßte, noch von der Grenznutzentheorie her gegen Marx Position bezieht, wenn in ihr auch bereits Elemente enthalten sind, die über diesen werttheoretischen Ansatz hinausweisen. (Vgl. dazu auch die biographischen Notizen zu Lederer in diesem Band und Abschnitt VI. der Einleitung).

*III.11
Es ist hier nicht der Ort, eine umfassende oder auch nur ausreichende Darstellung und Kritik der Theorie bzw. der Theorien zu bieten, zumal auf eine Reihe von Texten verwiesen werden kann, die sich diese Aufgabe stellen:
Bucharin, N. : Das Elend der subjektiven Wertlehre, 2. Aufl., Frankfurt, 1972 Nachdruck der deutschen Originalausgabe, die 1926 unte dem Titel: "Politische Ökonomie des Rentners" erschien.)

Hofmann, W.: Sozialökonomische Studientexte, Bd. 1, Wert- und Preislehre, Berlin 1964;
Lange, Oskar, Politische Ökonomie, Band 1 (EVA) Frankfurt 1968;
Lehmann, H. Grenznutzentheorie, Berlin (DDR) 1968;
Foerderreuther, U.; Glombowski, J. u. a. : Gesamtwirtschaftliche Grundbegriffe und -beziehungen, 1. Teil, Wert- und Preislehre, Studienmaterialien, In: Mehrwert 1, Erlangen, (Okt. 1972).

*III.12
Menger, C.: Grundsätze der Volkswirtschaftslehre, Wien - Leipzig 1871. S. 10.

*III.13
ebenda, S. 108.

*III.14
Böhm-Bawerk, E. v.: Grundzüge der Theorie des wirtschaftlichen Güterwerts, in: Conrads Jahrbüchern (Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik) Bd. 24; 1886, S. 28/29.

*III.15
Lifschitz, F. : Zur Kritik der Böhm-Bawerkschen Werttheorie, Leipzig 1908, S. 58.

*III.16
Böhm-Bawerk, E. v. : Grundzüge der Theorie des wirtschaftlichen Güterwerts, a. a. O., S. 501.

*III.17
Vgl. Böhm-Bawerk, E. v.: Kapital und Kapitalzins,
Bd. 1: Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien, Innsbruck 1884,
Bd. 2: Positive Theorie des Kapitales, Innsbruck 1889.

*IV.1
Sweezy, P., Theorie der kapitalistischen Entwicklung, o.0., o.J., S. 53 Fußnote.

*IV.2
Böhm-Bawerk, E. v., Zum Abschluß des Marxschen Systems, a.a.0., S. 204 (S. 131 d. A.).

*IV.3
Zu denen, die dem faschistischen Terror zum Opfer fielen, gehört auch Rudolf Hilferding, der 1941 in Paris in Gestapohaft den Tod gefunden hat.

*IV.4
Nicht zuletzt ist dabei auch an die große Zahl marxistischer Theoretiker zu erinnern, die vor allem in der Sowjetunion während des Stalinismus liquidiert oder ihrer Arbeitsmöglichkeit beraubt wurden.

*IV.5
Böhm-Bawerk, E. v., Zum Abschluß ...‚ a. a. 0., S. 147 (S. 90 d. A.)

*IV.6
Vgl. Ebenda, S. 95 (S. 53 d. A.).

*IV.7
Hilferding, R., Böhm-Bawerks Marx-Kritik, a. a. 0., S. 5 (S. 138 d. A.)

*IV.8
Ebenda, S. 6 (S. 138 d.A.).

*IV.9
Böhm-Bawerk äußert sich dazu wie folgt: "Was ist denn überhaupt die Aufgabe des ‘Wertgesetzes‘ ? Doch nichts anderes, als das in der Wirklichkeit beobachtete Austauschverhältnis der Güter aufzuklären... Von einem Austauschverhältnis kann nun offenbar nur zwischen verschiedenen einzelnen Waren untereinander die Rede sein". (Böhm-Bawerk, E.v.: Zum Abschluß ...‚ S. 115/15, S. 68/69 d. A.).

*IV.10
Vgl. Hilferding, R.: Böhm-Bawerks Marx-Kritik, a. a. 0., S. 16/17 (S. 147 d. A.).

*IV.11
Ebenda, S. 8 (S. 140 d. A.).

*IV.12
Ebenda, S. 9 (S. 141 d. A.).

*IV.13
Ebenda, S. 9 (S. 141 d. A.).

*IV.14
Ebenda, S. 11 (S. 143 d. A.).

*IV.15
Rosdolsky, R., Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen ‘Kapital‘, Frankfurt 1968, Bd. 1, S. 210/1.

*IV.16
Hilferding, R., a. a. 0., S. 12 (S. 143 d. A.).

*IV.17
Vgl. S. 185 ff. des vorliegenden Bandes. Der Text ist entnommen dem II. Band der vollständigen Ausgabe von R. Rosdolskys Buch "Zur Entstehungsgeschichte des Marxschen ‘Kapital‘", Frankfurt 1968, 31. Kapitel, S. 597 - 625.

*IV.18
Einer der bekanntesten Lösungsversuche ist sicherlich in den stark mathematisch orientierten Beiträgen von Ladislaus von Bortkiewicz zu sehen. Vgl. dazu ders.: "Wertrechnung und Preisrechnung im Marxschen System" In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Bd. 23 (1906) und Bd. 25, (1907).

*IV.19
Vgl. dazu vor allem den zweiten Teil von Ronald L. Meek‘ in seinem Buch "Ökonomie und Ideologie", Frankfurt 1973, aufgenommenen Beitrag: "Einige Bemerkungen zum ‘Transformationsproblem‘".

*IV.20
Böhm-Bawerk, Eugen von: Geschichte und Kritik der Kapitalzinstheorien, 4. Auflage, Jena 1921.
+ Seite 103 ff. der Originalausgabe in der Festschrift für Karl Knies (Anm. d. Hrsg).

*IV.21
Ebenda, S. 396, Fußnote.

*V.1
Komorzynski, J., Der dritte Band von Karl Marx "Das Kapital", in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Socialpolitlk und Verwaltung, Prag-Wien-Leipzig 1897, S. 244 (S. 205 d. A.).

*V.2
Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs existierte seit der historischen Tagung von Hainfeld an der Jahreswende 1888/89 als festgefügte Organisation und stand unter ihrem Parteiführer Victor Adler viel stärker unter dem Einfluß des Marxismus als ihre deutsche Schwesterpartei.

*V.3
Komorzynski, ibid. ‚ S. 243 (S. 204 d. A.).

*V.4
Ebenda, S. 244 (S. 204 d. A.).

*V.5
Ebenda, S. 282 (S. 245 d. A).

*V.6
Ebenda, S. 254 (S. 215 d. A.).

*V.7
Ebenda

*V.8
Komorzynski, ibid. ‚ S. 258 (S. 219 d. A.).

*V.9
ibid. ‚ S. 258 (S. 219 d. A.).

*V.10
ibid., S. 260 (S. 222 d. A.).

*VI.1
Vgl. Lederer, E. ‚ Beiträge zur Kritik des Marxschen Systems, in: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung, Wien und Leipzig, Bd. 15, 1906, S. 307 (S. 266 d. A.).

*VI.2
Ebenda, S. 308 (S. 267 d. A.).

*VI.3
Ebenda, S. 308 (S. 267 d. A).

*VI.4
Ebenda, S. 309 ff. (S. 288ff d. A.). Von Böhm-Bawerk und Komorzynski unterscheidet er sich auch insoweit, als die Basis seiner Kritik zwar die Grenznutzentheorie ist, er aber zu erkennen gibt, daß er auch dieser Theorie nur eine beschränkte Erklärungskraft zubilligt. Vgl. Lederer, S. 310 u. 316, (S. 269 und S. 275 dieser Ausg.).

*VI.5
Ebenda, S. 309 (S. 268 d. A.).

*VI.6
Ebenda, S. 310 (S. 269 d. A.).

*VI.7
Marx, K.: Grundrisse der Kritik der Politischen Ökonomie, Ffm. o. J., S. 753.

*VI.8
Marx, K. : Kapital, Bd. 3, MEW Bd. 25, S. 194.

*VI.9
Bereits im ersten Band hatte Marx den Zusammenhang, auf den Lederers Kritik abzielt, angesprochen: "Gesetzt endlich, jedes auf dem Markt vorhandne Stück Leinwand enthalte nur gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Trotzdem kann die Gesamtsumme dieser Stücke überflüssig verausgabte Arbeitszeit enthalten. Vermag der Marktmagen das Gesamtquantum Leinwand zum Normalpreis von 2 sh. per Elle nicht zu absorbieren, so beweist das, daß ein zu großer Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeitszeit in der Form der Leinweberei verausgabt wurde. Die Wirkung ist dieselbe, als hätte jeder einzelne Leinweber mehr als die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit auf sein individuelles Produkt verwandt. Hier heißt es: Mitgefangen, mitgehangen. Alle Leinwand auf dem Markt gilt nur als ein Handelsartikel, jedes Stück nur als aliquoter Teil. Und in der Tat ist der Wert jeder individuellen Elle ja auch nur die Materiatur desselben gesellschaftlich bestimmten Quantums gleichartige, menschlicher Arbeit". MEW, Bd. 23, S. 121/122.

*VI.10
"Es scheint also, daß auf Seite der Nachfrage eine gewisse Größe von bestimmtem gesellschaftlichem Bedürfnis steht, das zu seiner Löschung bestimmte Menge eines Artikels auf dem Markt erheischt. Aber die quantitative Bestimmtheit dieses Bedürfnisses ist durchaus elastisch und schwankend. Seine Fixität ist Schein. Wären die Lebensmittel wohlfeiler, so würden die Arbeiter mehr davon kaufen und es würde sich größres ´gesellschaftliches Bedürfnis´ für diese Warensorten zeigen...". MEW, Bd. 25, S. 198.

*VI.11
Kapital, Bd. 3; MEW Bd. 25, S. 202.

*VI.12
Es sei dazu auf das Kapitel 10 des dritten Bandes des ‘Kapital‘ verwiesen (MEW, Bd. 25, S. 182 ff). Eine ausführliche Diskussion der Problematik findet sich bei Rosdolsky, R. : Zur Entstehungsgeschichte . . . ‚ a. a. 0., Bd. 1, 3. Kapitel und vor allem bei Rubin, J. J.: Studien zur Marxschen Werttheorie, Ffm. 1973, S. 138 - 185.

*VI.13
Lederer, E. ‚ a. a. 0., S. 314 (S. 274 d. A.)

*VI.14
Vgl. dazu: Marx, K. Randglossen zu A. Wagners ´Lehrbuch der Politischen Ökonomie‘, MEW, Bd. 19, S. 358 f.

*VI.15
Rubin, J. J. ‚ Studien zur Marxschen Werttheorie, Ffm, 1973, S. 228.


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last update : Wed Sep 13 23:59:31 CEST 2006 Horst Meixner, Manfred Turban (Herausgeber)
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